130 Jahre Katholische Soziallehre
Soziale Ideen im Härtetest
130 Jahre Katholische Soziallehre. Gerade die Probleme in der Corona-Pandemie zeigen, wie wichtig ihre Prinzipien sind, vor allem das der Solidarität.
Die Katholische Soziallehre ist auch nach 130 Jahren noch von hoher Aktualität und ein wichtiger Impulsgeber für die sozialpolitischen Debatten der Gegenwart. Das war der Tenor einer Online-Fachtagung an der Katholischen Privat-Universität Linz, an der neben Experten aus dem Bereich der Sozialethik und der Sozialpolitik auch der Linzer Bischof Manfred Scheuer teilnahm. In seinem Auftaktvortrag zur Tagung „Solidarität trägt!? Katholisch-soziale Ideen im Härtetest“ unterstrich der Theologe und Direktor der Katholischen Sozialakademie Österreichs, Markus Schlagnitweit, dass die „bleibende Stärke“ der Katholischen Soziallehre und ihrer Prinzipien vor allem darin liege, „einen politischen Diskurs über grundlegende Fragen des Zusammenlebens zu initiieren“.
Die Soziallehre der Kirche sei notwendigerweise in ihren Detailausfaltungen „zeitbedingt“ und in ihren Positionen nicht immer konsistent, erläuterte Schlagnitweit. Sie sei daher auch „keine Einbahnstraße, sondern eine Orientierungshilfe im politischen Diskurs“, die sich vor allem nach ihren „Fixsternen“ – den Prinzipien der Solidarität, der Personalität, Subsidiarität und des Gemeinwohls – richte. Insofern gehe es der Soziallehre auch weniger um die konkrete Problemlösung als vielmehr um „korrektivisch-kritische Antworten“. Ihre Prinzipien seien etwa als solche Korrektive zu lesen: das Prinzip der Solidarität gegen jenes des grassierenden Individualismus; das Prinzip der Personalität gegen den Kollektivismus; das Prinzip der Subsidiarität gegen einen Staatszentralismus und das Gemeinwohl gegen einen ungebremsten Liberalismus.
Auf die Notwendigkeit einer Aktualisierung und Konkretisierung der Katholischen Soziallehre angesichts heutiger Herausforderungen verwies die Sozialethikerin Katja Winkler. Gerade der „Tag der Arbeitslosen“ (30. April) und der „Tag der Arbeit“ (1. Mai) könnten als aktueller Anlass genommen werden, das Solidaritätsprinzip wieder verstärkt als Rechtsprinzip auszulegen und einzufordern. Solidarität erweise sich schließlich auch darin, ob es in der wachsenden Zahl a-typischer Beschäftigungsverhältnisse ein belastbares Recht auf soziale und auch rechtliche Absicherung gebe, so Winkler. Hier könne mit der Katholischen Soziallehre darauf hingewiesen werden, dass „sozial destruktive Arbeit oder auch selbstausbeuterische Arbeit den gesellschaftlichen Zusammenhalt und letztlich die Demokratie gefährdet“.
Einen Erweis für die Aktualität der Katholischen Soziallehre machte die Expertin überdies ausgerechnet in den Debatten der aktuellen Corona-Krise und ihrer sozialen Folgen ausfindig: Der politische Diskurs verwende gegenwärtig den Begriff der Solidarität in einer enormen und der Soziallehre entsprechenden Breite, insofern er eine Solidarität meine, die über Interessengruppen, Klassen oder Berufsstände hinwegreiche und den Zusammenhalt der Gesellschaft insgesamt bezeichne. Und ausgerechnet ein solcher, umfassender Solidaritätsbegriff habe sich als tragfähig in der Krise erwiesen, zeigte die Expertin etwa anhand von wirtschaftlichen und sozialen Hilfspaketen und fortbestehender Sozialpartnerschaft in Österreich auf.
Die Veranstaltung stand auch im Zusammenhang mit dem Aktionsjahr „Christlich sein. Perspektiven für eine lebenswerte Welt“ der Katholischen Aktion Österreich. Es stellt die Katholische Soziallehre seit ihrer „Begründung“ vor 130 Jahren in den Mittelpunkt.
Beginn mit Papst Leo XIII.
Vor 130 Jahren, am 15. Mai 1891, veröffentlichte Papst Leo XIII. (1878–1903) das erste päpstliche Rundschreiben zur Arbeiterfrage. Diese Enzyklika „Rerum novarum“ ist der Ausgangspunkt für eine Katholische Soziallehre.
Autor:SONNTAGSBLATT Redaktion aus Steiermark | SONNTAGSBLATT |
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