Vortrag
Ökumene ist auch Frieden
Armenischer Bischof wünscht sich objektive Berichterstattung.
Kennen Sie Radio Erewan?“ wurde der heutige armenische Bischof Tiran Petrosyan, der in Wien studiert hatte, einmal gefragt. Er bejahte und nannte die Frequenz seines Heimatsenders. Dann erfuhr er von den Radio-Erewan-Witzen und bekam eine Kostprobe: Frage an Radio Erewan: Was geschieht, wenn die Wüste Sahara unter kommunistische Herrschaft kommt? Radio Erewan antwortet: Im Prinzip zehn Jahre lang nichts. Und dann geht der Sand aus.
Über das Land Armenien, seine Kirche und die aktuelle Situation informierte am 5. Februar im Grazer Barocksaal Tiran Petrosyan, der armenisch-apostolische Bischof von Mitteleuropa und Skandinavien. Er ist Vorsitzender des Ökumenischen Rates der Kirchen in Österreich.
In Armenien schreibt man das Jahr 4515, weil die Zeitrechnung mit einer frühgeschichtlichen entscheidenden Schlacht beginnt. Der Ararat als heiliger Berg der Armenier wird namentlich schon in der Bibel als Ort genannt, an dem die Arche Noah gestrandet war. Haiastan nennen die Armenier ihr Land. Hai gilt als Urenkel Noahs und als ein Urvater des Volkes.
Die Kirche Armeniens nennt sich die armenische apostolische heilige orthodoxe Kirche, meist kurz als armenisch-apostolische Kirche bezeichnet. Bartholomäus und Thaddäus werden als die Gründer-
apostel verehrt. Schon sehr früh kam der christliche Glaube in dieses Land. Im Jahr 301 wurde unter König Trdat III. das Christentum zur Staatsreligion, wodurch Armenien der älteste christliche Staat der Welt ist. Der große Glaubensbote Gregor der Erleuchter wurde zum ersten Katholikos, wie das Oberhaupt der armenischen Kirche betitelt ist. Heute ist Karekin II. Katholikos an der Kathedrale in Etschmiadsin.
Bischof Petrosyan zeigt auf einem Foto von Waisenkindern in Jerusalem seinen Urgroßvater. Er war 1915 durch einen Nachbarn gerettet worden, als in der entstehenden Türkei ein Völkermord an Armeniern verübt wurde, dem auch der Rest der Familie zum Opfer fiel. Sein Urgroßvater konnte aber später in die Heimat zurückkehren.
Nicht bloß als humanitäre, sondern als kulturelle Katastrophe schätzt der Bischof die Vertreibung der armenischen Bevölkerung aus Berg-Karabach ein. Das Gebiet war unter Stalin an Aserbaidschan angeschlossen worden. Nun werden von dort die christlichen Armenier vertrieben, ihre Kirchen, Klöster und Friedhöfe zerstört. Es scheint keinen Frieden und keine Rückkehr zu geben. Der Bischof wünscht sich objektivere Berichterstattung in Europa. In der Diskussion fordert der orthodoxe Theologe Grigorios Larentzakis, Stellvertretender Vorsitzender von Pro Oriente Steiermark, dass Ökumene nicht nur theologische Diskussion, sondern auch konkrete Friedensarbeit heißt.
Herbert Meßner
Autor:SONNTAGSBLATT Redaktion aus Steiermark | SONNTAGSBLATT |
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