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Kritisch ist Gierflation

Gabriel Felbermayr, Direktor des Österreichischen Institutes für Wirtschaftsforschung und bekennender Katholik, sagte bei einer Podiumsdiskussion: „Streben nach Profit per se ist nicht verwerflich, wenn es nicht durch Habgier getrieben ist.“ | Foto: Wuthe
  • Gabriel Felbermayr, Direktor des Österreichischen Institutes für Wirtschaftsforschung und bekennender Katholik, sagte bei einer Podiumsdiskussion: „Streben nach Profit per se ist nicht verwerflich, wenn es nicht durch Habgier getrieben ist.“
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Marktwirtschaft und Christentum müssen sich nicht ausschließen.
Für den Direktor des Österreichischen Institutes für Wirtschaftsforschung (WIFO), Gabriel Felbermayr, schließen einander Marktwirtschaft und Christentum nicht aus. Überzeugt zeigte sich der Wirtschaftswissenschaftler, dass die Wirtschaft Religion, „oder zumindest ein starkes Wertefundament“ braucht. „Wenn es ein hohes Bewusstsein dafür gibt, dass mein Handeln Auswirkungen hat, ist das gut für die Wirtschaft“, betonte er bei einem Podiumsgespräch mit dem Theologen und Medizinethiker Matthias Beck in der Wiener Pfarre St. Josef.

Die Marktwirtschaft hält Felbermayr – „trotz Krisen“ – für besser als ihren Ruf und wies darauf hin, dass sich Marktwirtschaft und Verteilungsgerechtigkeit nicht ausschließen. Der nach eigenen Angaben „bekennende Katholik“ verwies auf das siebte Gebot „Du sollst nicht stehlen“ und folgerte daraus, dass ohne Schutz des Eigentums eine Marktwirtschaft nicht möglich sei. Darüber hinaus sei ein starker Fokus auf armutsbetroffene Menschen wichtig. So gehöre es zur Praxis des WIFO: „Wir überprüfen alle vorgeschlagenen Maßnahmen vorab auf ihre Auswirkungen auf die weniger kaufkräftigen Teile der Bevölkerung und wie diese davon profitieren.“
Das Streben nach Profit als solches ist für den Wirtschaftsexperten nichts Verwerfliches: „Wenn ein Bäcker um zwei Uhr in der Früh aufsteht und seine Semmeln bäckt, weil er damit Geld verdienen will, dann ist das per se ja nichts Schlechtes und die Gesellschaft profitiert ja davon, wenn es dann am Morgen frisches Brot gibt“. Kritisch werde es erst, wenn Habgier ins Spiel kommt, wie es etwa bei der sogenannten „Gierflation“ der Fall sei, wenn Unternehmen ihre Preise aus reiner Gewinnsucht so deutlich anheben, dass die Inflation steigt.
Diese Sichtweise unterstrich auch der Moraltheologe Matthias Beck und führte als Beispiel das biblische Gleichnis von den anvertrauten Talenten an, wo es heiße „Mache aus fünf Talenten zehn“. Das sei eine Aufforderung, das Bestmögliche zu erwirtschaften.

Weniger positiv sah Felbermayr die aktuellen ökonomischen Entwicklungen: „Die Inflation hängt an den Löhnen, und Eingriffe wie die Mietpreisbremse kamen recht spät.“ So kritisierte er die politischen Verantwortungsträger und sprach sich für eine Senkung der Lohnnebenkosten aus.
In Bezug auf das zurückgewiesene EU-Lieferkettengesetz äußerte sich Gabriel Felbermayr froh, dass dabei noch einmal nachgebessert werde: „Wir sind uns alle einig, dass wir ein Lieferkettengesetz brauchen, das Lieferanten, die Arbeiter und Kinder unter Druck setzen, aus der Kette raushält.“ Das Wie sei aber die entscheidende Frage, so der Wirtschaftsforscher, der eine einmalige Zertifizierung von Lieferanten präferiert.

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SONNTAGSBLATT Redaktion aus Steiermark | SONNTAGSBLATT

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