Weltsynode
Im Schatten des Geistes

Aus Österreich nahmen Erzbischof Franz Lackner und Kardinal 
Christoph Schönborn an der Synode teil. | Foto: Kopp
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    Christoph Schönborn an der Synode teil.
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Die Weltbischofssynode, die im Oktober in Rom über Synodalität tagte, hallt in ihrem Schlussdokument, das keines sein möchte, nach. Einige Leseerfahrungen.

Vierzig Seiten stark ist die deutsche Übersetzung des sogenannten „Synthese-Berichts“ der Bischofssynode, die im Oktober zum Thema Synodalität tagte. Die runden Tische und das buntere Bild, geprägt durch die Teilnahme von Nicht-Bischöfen – darunter auch Frauen –, schafften es in weltliche Medien. Der Abschlusstext, der keinen Abschluss, sondern ein Weiterdenken und -arbeiten anregen will, schien dagegen bisher unbemerkt zu bleiben. Zu viele Buchstaben? Die Seiten sind eng bedruckt und gespickt mit vielen Fach- bzw. Fremdwörtern. Wer gräbt sich da freiwillig durch?

Nicht einmal kirchliche Medien brachten (bis Redaktionsschluss dieser Ausgabe) eine größere Zusammenfassung. Aufzählungen zu Unterpunkten, Kapiteln und Sprachen lassen sich finden. Mehr (noch) nicht. Aber was steht drin? Interessierte können es selbst lesen. Sie müssen nur ein wenig Zeit mitbringen.

Differenzen offen benannt
Meine Leseerfahrung: Der Text liest sich tatsächlich wie ein Bericht – eine Aufzählung, was besprochen wurde. Beim Lesen tauchen vor dem inneren Auge die runden Tische auf, wird die Stille zwischen den Wortmeldungen hör-, die Vielfalt der Teilnehmenden sichtbar. Der Text wirkt wenig glattgebügelt. Differenzen werden offen benannt. An einer Stelle steht „Einige Bischöfe äußern ihr Unbehagen“. An anderer Stelle heißt es: „Über den Zölibat der Priester sind unterschiedliche Einschätzungen geäußert worden.“ Beim Lesen entsteht nicht nur der Eindruck von Meinungsvielfalt, nein sogar von Meinungsfreiheit. Was für weltliche Ohren normal klingt, mag für den kirchlichen Raum noch Neuigkeitswert besitzen.

Der Synthese-Bericht betont das gute Gesprächsklima an mehreren Stellen, was den Eindruck, dass hier etwas Neuartiges zu erleben war, bestärkt: „Insbesondere wurde ein Kommunikationsstil geschätzt, der die Freiheit fördert, seine Meinung zu äußern und einander zuzuhören.“
Auch Fehler und Schmerzhaftes werden verschriftlicht. So heißt es wörtlich: „Viele Frauen äußerten tiefe Dankbarkeit für die Arbeit von Priestern und Bischöfen, sprachen aber auch von einer Kirche, die verwundet.“ Oder: „Die Vollversammlung bittet uns, den Fehler zu vermeiden, von Frauen als einem Thema oder einem Problem zu sprechen.“ Stattdessen will sie eine Kirche fördern „in der Männer und Frauen … gemeinsam als Protagonisten auftreten, ohne Unterordnung, Ausgrenzung oder Konkurrenz“.

Die Kirche will allen zuhören
„Die Kirche fängt nicht bei Null an“, hält der Bericht fest, weiß aber auch um Lernbedarf. Er formuliert, was „die Kirche will“, zum Beispiel „allen zuhören“. Oder was sie soll: in den liturgischen Texten und kirchlichen Dokumenten auf eine Sprache achten, „die Männer und Frauen gleichermaßen berücksichtigt“, und ganz allgemein die „Erfahrungen von Frauen stärker einbeziehen“.

Die Vorschläge der Synoden-Vollversammlung bleiben nicht auf der Theorie-Ebene. So schlägt der Text beispielsweise vor, dass „entsprechend ausgebildete Frauen in allen kirchenrechtlichen Prozessen als Richterinnen fungieren können“ und, dass eine Vorstudie für eine Revision des Codex des kanonischen Rechts durchgeführt werden sollte, da die Zeit dafür „reif“ scheint. Und es gibt auch konkrete Wünsche. Etwa: für alle christlichen Konfessionen „ein gemeinsames Datum für das Osterfest zu finden“.

Bandbreite an Meinungen
Manches wird eindringlich gefordert. Wie „Projekte zur Integration von Migranten“ und eine Bekanntermachung der Soziallehre der Kirche. Das besondere Herzensthema des Papstes fehlt nicht: „Die Erfahrung des Dienstes an den Armen ist Voraussetzung für den Glauben, keine Option“, formuliert die Versammlung bestimmt. An diesem Absatz dürften sich die Geister nicht geschieden haben.

Ein Unterpunkt zeigt deutlich, dass sich die Delegierten nicht immer einig waren. Hinsichtlich des Zugangs von Frauen zum diakonalen Dienst „wurden unterschiedliche Positionen geäußert“, heißt es. Dabei bleibt der Text nicht stehen, sondern macht eine Bandbreite an Meinungen sichtbar: „Einige halten diesen Schritt für inakzeptabel, weil er nicht mit der Tradition übereinstimmt. Für andere hingegen würde die Zulassung … eine Praxis der frühen Kirche wiederherstellen. Wieder andere sehen in diesem Schritt eine angemessene und notwendige Antwort auf die Zeichen der Zeit ... Einige äußern die Befürchtung, dass ... sich die Kirche dem Zeitgeist angleichen würde.“ Weitere Reflexion wird angekündigt.

Am Ende des Synthese-Berichts scheint es, als hätte die Synode kaum ein Thema, das in der Kirche bewegt, ausgelassen. Um das zu verifizieren, muss man den Text jedoch eingehender beackern. Elf Monate hat die Kirche dafür Zeit. Im Oktober 2024 werden die runden Tische wieder in die Audienzhalle im Vatikan getragen. Wir werden sehen, was dann auf den Tisch bzw. die Tische kommt. Was der Synthese-Bericht bis dahin empfiehlt: „Bleiben Sie im Schatten des Geistes!“

Katharina Grager


IM ORIGINALTON

Auf dem Weg

„Nach einem Monat Arbeit ruft uns der Herr nun auf, in unsere Kirchen zurückzukehren, um euch allen die Früchte unserer Arbeit weiterzugeben und den Weg gemeinsam fortzusetzen. … Es handelt sich keineswegs um ein endgültiges Dokument, sondern um ein Instrument im Dienst der Unterscheidung, die fortgesetzt werden muss. Der Text ist in drei Teile gegliedert. Der erste Teil skizziert ‚Das Antlitz der synodalen Kirche‘ und stellt die theologischen Grundsätze vor, die die Synodalität beleuchten und begründen. Der zweite Teil mit dem Titel ‚Alle Jünger, alle Missionare‘ befasst sich mit jenen, die am Leben und an der Sendung der Kirche beteiligt sind, und ihren Beziehungen untereinander. Der dritte Teil trägt den Titel‚ Verbindungen knüpfen, Gemeinschaft aufbauen‘.

In jedem der drei Teile werden in den einzelnen Kapiteln Konvergenzen (Annäherungen, Anm. d. Red.), zu behandelnde Fragen und Vorschläge unterschieden. Die Konvergenzen zeigen Fixpunkte auf, an denen man sich orientieren kann: Sie sind wie eine Landkarte, die es uns ermöglicht, unseren Weg zu finden und nicht zu verlieren. Die zu behandelnden Fragen versammeln die Punkte, bei denen wir erkannt haben, dass es notwendig ist, die theologische Vertiefung fortzusetzen. Sie sind wie Kreuzungen, an denen wir innehalten müssen, um die Richtung besser zu erfassen, die wir einschlagen sollen.

Die Vorschläge zeigen mögliche Wege auf: Einige werden vorgeschlagen, andere empfohlen, andere mit mehr Nachdruck und Entschlossenheit gefordert.

In den kommenden Monaten werden die Bischofskonferenzen … eine wichtige Rolle bei der Entwicklung der Überlegungen spielen. Wir tragen in unseren Herzen den von der Hoffnung getragenen Wunsch, dass das Klima des gegenseitigen Zuhörens und des aufrichtigen Dialogs, das wir während der Tage der gemeinsamen Arbeit in Rom erlebt haben, in unseren Gemeinschaften und in der ganzen Welt ausstrahlen wird, damit der gute Same des Reiches Gottes wachsen kann.“

Weiterlesen:
Den gesamten Synthese-Text können Sie hier lesen!

Autor:

SONNTAGSBLATT Redaktion aus Steiermark | SONNTAGSBLATT

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