Hilfe, die weiterwirkt
Ungarn. Aleksina Stefjan ist vor dem Ukraine-Krieg geflohen. Dank Spenden kann sie in Ungarn nun anderen Kriegsflüchtlingen helfen.
Ein kleiner PKW mit ungarischem Kennzeichen hält vor der Caritas-Zentrale in Graz. Aus dem Auto steigen zwei Männer und eine Frau, alle um die Vierzig. „So sieht also der Ort aus, von dem die Spenden kommen“, lacht Aleksina, eine aus der Ukraine stammende Hochschulprofessorin, und schließt die Autotür hinter sich. Frauen wie sie dürfen seit 1. Oktober das Kriegsland nicht mehr verlassen. Mit Verboten wie diesem soll der so genannte „Brain Drain“ verhindert werden und damit die Abwanderung hoch qualifizierter Arbeitskräfte in andere Länder.
Vom Flüchtling zur Sozialarbeiterin
Der russische Angriffskrieg hat bislang fast 14 Millionen Menschen vertrieben. Meist sind es Frauen, die entweder in sicherere Landesteile oder ins Ausland flüchten. Allein in Ungarn sind laut UNHCR, dem Flüchtlingshilfswerk der Vereinten Nationen, seit Kriegsausbruch etwa eineinhalb Millionen Ukrainerinnen und Ukrainer angekommen. Aleksina, ihre Tochter und ihr Mann sind drei davon. „Mein Mann arbeitet seit langem im Westen der Ukraine, hat aber einen ungarischen Pass“, erzählt die 42-Jährige, die die ungarisch-ukrainische Staatsbürgerschaft hat und zweisprachig aufgewachsen ist. Nach ihrer Flucht aus der Ukraine erhielt sie erst Unterstützung von der Caritas in Szombathely und später einen Job als Flüchtlingsbetreuerin. Seit April ist Aleksina verantwortlich für 50 Geflohene und weiß um deren Alltag. Ein Flüchtlingsschicksal beschäftigt die zierliche, aufgeweckte Frau besonders: das einer schwangeren ehemaligen Soldatin, die mit zwei Kindern über die ungarische Grenze geflohen war. Der Vater ihrer Kinder durfte, wie alle ukrainischen Männer im Alter zwischen 18 und 60 Jahren, nicht ausreisen und musste in den Krieg, wo er verwundet wurde. Nachdem seine Frau davon erfahren hatte, nahm sie die beiden älteren und ging, wenige Wochen vor der Geburt des dritten Kindes, wieder zurück in die Ukraine. Dort wollte sie dem Ehemann helfen und das gemeinsame Kind zur Welt bringen. „Zu fünft sollten alle wieder nach Ungarn kommen“, erzählt Aleksina vom Plan der Familie. „Doch wir haben nichts mehr von ihr gehört …“
Erfolgsgeschichte
Ob es auch „Erfolgsbeispiele“ gäbe in ihrem Alltag als Flüchtlingshelferin? Aleksina lächelt und nickt. „Meine eigene Geschichte zum Beispiel.“ Dass sie einmal als Sozialarbeiterin tätig sein würde, hätte die 42-jährige Ingenieurin, die zwei Doktortitel hat und bis zum Kriegsausbruch Physik an der Universität in Uschhorod gelehrt hat, nie gedacht. „Heute bereitet es mir große Freude, anderen zu helfen“, erzählt sie und weiß, dass ihre Hilfe nur möglich ist durch Spenden aus Österreich und der Steiermark. Nach dem Kauf von Brotbacköfen und Stromgeneratoren für Menschen in der Westukraine und einem PKW für Hilfstransporte dorthin wird auch Aleksinas Gehalt als Flüchtlingshelferin mit Spendengeldern aus Österreich finanziert. Auf diese Weise wird neben der geleisteten Nothilfe für unzählige Kriegsflüchtlinge auch ihr langfristig geholfen. „Durch meine Arbeit kann ich für uns drei sorgen und ein neues Leben aufbauen“, sagt Aleksina, die mit Mann und Tochter in Ungarn bleiben möchte. „Dafür bin ich einfach nur dankbar.“
Anna Maria Steiner
Spendenkonto: Raiffeisen-Landesbank Steiermark IBAN AT40 3800 0000 0005 5111 „Ukraine – Caritas hilft in Nachbarländern“.
Autor:SONNTAGSBLATT Redaktion aus Steiermark | SONNTAGSBLATT |
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