Kirche Steiermark
Gutes Sterben

Mehr als einhundert Interessierte waren Ende November bei der Podiumsdiskussion „Die Freiheit zu sterben“ an der Kath.-Theol. Fakultät Graz. Die Veranstaltung war der Auftakt zur Gesprächsreihe „Moraltheologie aktuell“. | Foto: Platzer
  • Mehr als einhundert Interessierte waren Ende November bei der Podiumsdiskussion „Die Freiheit zu sterben“ an der Kath.-Theol. Fakultät Graz. Die Veranstaltung war der Auftakt zur Gesprächsreihe „Moraltheologie aktuell“.
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Mit dem assistierten Suizid beschäftigte sich eine Podiumsdiskussion an der Theologischen Fakultät.

Vor knapp drei Jahren wurde das Sterbeverfügungsgesetz eingeführt, das den assistierten Suizid unter engen Grenzen erlaubt hat und es damit ermöglichen sollte, den Zeitpunkt des eigenen Todes möglichst selbstbestimmt zu wählen. Doch hat die umstrittene Legalisierung tatsächlich zu größerer Freiheit geführt? Dieser Frage stellten sich Ende November Experten aus Ethik, Recht und Praxis bei einer Podiumdiskussion an der Katholisch-Theologischen Fakultät in Graz. Unter dem Titel „Die Freiheit zu sterben“ stand das Gesetz selbst ebenso im Fokus wie die Frage, was ein gutes Sterben ist und welche Herausforderungen auf Menschen zukommen, die auf das Lebensende blicken.

Privatisierung des Sterbens. Universitätsprofessor Ralf Lutz vom Institut für Moraltheologie, das den Abend gemeinsam mit der Katholischen Hochschulgemeinde Graz (KHG) veranstaltete, betonte, dass es zu einer Privatisierung des Sterbens gekommen sei und eine enorme Entscheidungslast bei den Betroffenen läge. Die Gefahr „altruistischer Suizide“, bei denen Menschen die Selbsttötung wählen, um anderen keine Last zu sein, sei groß. Der Jurist Alois Birkl-bauer betonte, dass Betroffene in den Suizid getrieben werden könnten. Man müsste auf die sozialen und ökonomischen Umstände achten, so Birklbauer mit Blick auf die Rechtslage, damit diese nicht die Motivation für einen Suizid zusätzlich begünstige. Der Gesetzgeber aber, so Birklbauer, habe das Thema ins Private verschoben.

Oberarzt Dr. Gerold Muhri berichtete aus der Praxis auf der Palliativstation der Elisabethinen von dem Gefühl völliger Freiheitslosigkeit, das viele angesichts „furchtbarer Diagnosen“ einhole. Er plädierte für gute Begleitung, damit PatientInnen wieder zu „einer Idee von Freiheit“ geführt würden. Die Konfrontation mit dem eigenen Sterben, so Muhri, verlange von ihnen Enormes, auch von betroffenen Familien und Freunden. Dabei bräuchten PatientInnen die Chance, sich mit ihrem eigenen Tod auseinanderzusetzen. Es sei zu wenig, so Muhri, einen Sterbewunsch allein als rechtliche Begründung für Suizid gelten zu lassen.

Ein sinnvoller Tod? Der Ethiker Andreas Heller kam auch auf die Frage nach dem „guten Sterben“ zu sprechen. Er betonte die Angst vieler Menschen, dass ein Tod im Krankenhaus kein würdiger Tod sei. PatientInnen stünden zunehmend in der Gefahr, so Heller, ihren Suizid als einen „sinnvollen Tod für eine Gemeinschaft“ zu verstehen. Die soziale Dimension dürfe man daher nicht aus den Augen verlieren. Denn der Diskurs um den assistierten Suizid berühre die grundlegende Frage, „wie wir als Gesellschaft mit dem eigenen Lebensende umgehen wollen“. Heller betonte, dass man dabei die gesellschaftliche Verantwortung zunehmend an das Individuum abgegeben habe – das nun in der Gefahr stünde, in anderer Weise seiner Freiheit beraubt zu werden.

Daniel Pachner

Autor:

SONNTAGSBLATT Redaktion aus Steiermark | SONNTAGSBLATT

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