10. Pfingstdialog
Geist und Gegenwart

Foto: Club Alpach Steiermark/Foto Fischer

Zum Thema „Green Europa. Deal or no deal?“ trafen sich Anfang Juni Verantwortliche aus Politik, Wirtschaft, Forschung und Gesellschaft in Seggau. Bisweilen düster war die Stimmung, wenn es um Energiefragen und den Ukrainekrieg ging. Einer der Hauptreferenten war der aus Ghana stammende Kardinal Peter Turkson (siehe Bild). In seinem Vortrag betonte der Kardinal, dass die Welt das Gegenteil von Wachstum brauche; eine neue Balance zwischen dem menschlichen Leben und der Erde selbst. Die Erde sei ein Garten, den der Mensch sich nicht untertan machen solle, sondern bewahren und pflegen müsse: „Wir können nicht Gott ehren, wenn wir zerstören, was er geschaffen hat.“, so Kardinal Turkson.

Eine Wandlung der Herzen

10. Pfingstdialog „Geist und Gegenwart“ in Seggau rund um ein grünes Europa.

Am 1. und 2. Juni 2022 trafen sich Verantwortliche aus Politik, Wirtschaft, Forschung und Gesellschaft in Seggau zum Pfingstdialog, „einer Oase des Nachdenkens über das Tägliche hinaus“, wie Landeshauptmann Hermann Schützenhöfer zu Beginn festhielt. Die Politik brauche solche Oasen, sie brauche lebhafte und auch schmerzhafte Debatten und eine Streitkultur, in der auch Fehler zutage treten dürfen, die man etwa in der Pandemie gemacht habe. Alle aktuellen Herausforderungen von Corona bis zum Ukrainekrieg summierend, meinte Schützenhöfer, dass wir derzeit ein Ende vieler Illusionen erleben: „Friede, Freiheit, Demokratie und Menschenrechte sind keine Selbstverständlichkeit mehr. Werte und Sicherheit gibt es nicht zum Nulltarif, und alles kann kein Staat lösen.“

Der SPD-Politiker und Ex-Vizekanzler Deutschlands, Sigmar Gabriel, betonte die Situation noch drastischer: „Die Welt wird unbequem. Sind wir bereit, für Europa und unsere Werte viel zu riskieren? Für unsere Freiheit unser Leben aufs Spiel zu setzen?“ Diese innere Haltung werde darüber entscheiden, ob die Welt in „Clubstrukturen mit Eigeninteressen zerfalle, oder ob gemeinsame Lösungen weiterhin möglich sind“.
Es scheint logisch, angesichts der Weltlage auf sich selbst zurückzufallen. Der Individualismus greife immer mehr um sich, anstatt die eigenen Ansprüche hinter das zu stellen, was Gott möchte, so Bischof Wilhelm Krautwaschl: „Vieles wäre so einfach, würden wir unsere Nachbarn, unsere Nächsten in unserem Denken und Tun berücksichtigen und nicht nur individualistisch unterwegs sein.“

Um die innere Haltung drehte sich der Vortrag von Kardinal Peter Turkson zum „Green Deal“. Für den aus Ghana stammenden Kanzler der Päpstlichen Akademie der Wissenschaften und der Sozialwissenschaften im Vatikan steht und fällt die Zukunft der Menschheit mit einer Wandlung der Herzen. „Eine Wüste in unserem Herzen erschafft eine Wüste in der Realität“, so der Kardinal. Er führt die aktuellen Probleme auf die industrielle Revolution zurück. Dort habe man begonnen, das Wohl der Wirtschaft über jenes der Menschen zu stellen.

Der „Green Deal“, also der Weg zum klimafreundlichen Europa, klinge gut, beruhe aber auf wirtschaftlichen Prinzipien. „Wir brauchen aber einen Wandel in der Mentalität hin zu einem bescheideneren Lebensstil, zu einem demütigeren Verhalten der Schöpfung gegenüber von jeder und jedem“, so der Kardinal. Für seine Aussage, dass seit der Pariser Klimakonferenz 2015 über die Klimaziele zu viel geredet werde, jedoch zu wenig passiere, bekam er Sonderapplaus.

Autor:

SONNTAGSBLATT Redaktion aus Steiermark | SONNTAGSBLATT

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