Priesterwoche
Entgrenzen statt ausgrenzen
„Miteinander gehn …“ Bei ihren Studientagen auf Schloss Seggau nehmen die steirischen Priester mit der Diözesanleitung Merkmale einer synodalen Kirche in den Blick.
Nehmt Gottes Melodie in euch auf!“ Den Titel des ersten Kapitels des Zukunftsbildes der Diözese, ein Zitat des heiligen Ignatius von Antiochien, stellte Bischof Wilhelm Krautwaschl seinen Worten am Beginn der Priesterwoche voran. In dem Impuls gab er gleichsam die Tonart für die Überlegungen bei der Tagung an und setzte – am Beginn des neuen Arbeitsjahres – die Vorzeichen für das gemeinsame Unterwegssein als Kirche in der Steiermark.
Das Prinzip der Synodalität, das die Weltkirche derzeit in einem von Papst Franziskus angestoßenen, breit angelegten Prozess einübt, stellte der Bischof dabei ins Zentrum. Es sei Identitätsmerkmal einer Kirche, die sich in Beziehung zu Jesus Christus weiß. Diese Beziehung der Liebe befähige sie, sich auf Gott hin zu ent-grenzen und sich furchtlos auf die Realität dieser Welt einzulassen statt auszugrenzen. „In all dem, was uns in Gesellschaft und Kirche an Herausforderungen und mitunter Überforderungen entgegentritt, begegnet uns ein Anruf Gottes,“ betonte er. Um in einer komplexer werdenden Gesellschaft Orientierung geben zu können, dürfe man sich nicht in innerkirchlichen Debatten verlieren, sondern sei aus der Selbstgenügsamkeit, „in der wir es uns ‚gut eingerichtet‘ haben“, zur Entgrenzung aufgerufen.
Der Bischof verwies auf den neuen Grazer Pastoraltheologen Bernd Hillebrand, der angesichts von Erfahrungen des Identitätsverlustes vor der Gefahr warnt, „sich mehr systemerhaltend als auftragslernend zu verhalten“. Um ihrer Sendung in, für und mit der Welt zu entsprechen, müsse die Organisationsform der Kirche flexibler und mobiler werden: „Bilder einer Form von Kirche, in denen viele von uns groß geworden sind, sind ad acta zu legen.“ Wer die Melodie Gottes aufnimmt, statt Menschen nach seiner Pfeife tanzen zu lassen, werde durch sie aus der Erstarrung befreit, werde zu einer neuen Kultur des Umgangs miteinander, zur vom Dialog getragenen Einheit in der Vielfalt und zu einem solidarischen, einfachen Lebensstil geführt. So könne die Kirche „gerade im Jetzt des ‚Auseinander‘“ der Gesellschaft ein Modell für ein friedliches Miteinander anbieten und durch ein Leben der Liebe Räume schaffen für den Dia-log, das Wort dazwischen, Räume, in die der Auferstandene eintreten und in denen er wirken kann. Es gelte, nicht starr Positionen zu besetzen, sondern miteinander Prozesse zu leben.
Der Bischof benannte einige ermutigende Erfahrungen, die die steirische Kirche in den vergangenen Jahren auf dem Weg der Synodalität bereits gemacht hat. So habe durch die neuen Strukturen in den Regionen und Seelsorgeräumen der Austausch zwischen den Teams zugenommen, Verantwortungen seien klarer getrennt und somit besser lebbar geworden. Wo die Entwicklung fortgeschritten und eine Schwerpunktsetzung erfolgt ist, werde dies als Qualitätssteigerung und Arbeitserleichterung erlebt: „Im besten Sinn des Wortes wird ‚missionarische Kraft‘ freigesetzt.“ Menschen würden an den Prozessen beteiligt und Ehrenamtliche gewonnen, kleinere Pfarren vom Miteinander mit anderen profitieren und die priesterliche Vielfalt in den Pfarren von vielen geschätzt.
Im Studienteil der Priesterwoche unter Anleitung des Salzburger Liturgiewissenschaftlers Frank Walz werden Überlegungen angestellt, wie die Synodalität der Kirche in den Gottesdiensten sichtbar und vertieft werden kann.
Was ist Zuversicht?
„Zuversicht ist nicht die Überzeugung, dass etwas gut ausgeht, sondern die Gewissheit, dass etwas Sinn hat, egal, wie es ausgeht.“ (Vaclav Havel, zitiert von Bischof Wilhelm Krautwaschl)
Alfred Jokesch
Autor:SONNTAGSBLATT Redaktion aus Steiermark | SONNTAGSBLATT |
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