Kirche Steiermark
Armut in der Region Murau Murtal

8Bilder


Was tun, wenn alles weniger wird?


Teuerung, steigende Preise für Energie und Lebensmittel und hohe Wohnkosten machen vielen Menschen zu schaffen. Die Schere zwischen Arm und Reich wird größer und das Vertrauen in Demokratie und Politik sinkt. In Zeiten vielfältiger Krisen und Unsicherheiten rückt das Thema Armut auch in der Region Murau Murtal stärker in den Fokus.

Diese Tatsache hat ein Team bestehend aus Caritasmitarbeiter:innen, Mitarbeiterinnen des Katholischen Bildungswerks und der Katholischen Kirche veranlasst, sich näher mit dem Thema „Armut in der Region Murau Murtal“ zu beschäftigen. Die Fragen waren: „Wo wird Armut in all ihren Facetten sichtbar? Wie können wir Armut wahrnehmen? Was wollen wir dagegen unternehmen, um gemeinsam einen Schritt näher in Richtung eines guten Lebens für alle zu gehen?“

Am 12.06.2024 stand im Pfarrheim Zeltweg das Thema mittels eines Theaterstücks, einer Podiumsdiskussion und einer Ausstellungseröffnung in den Mittelpunkt.

„Die Gesellschaft braucht Solidarität, damit sie ins Positive kippen kann. Menschen, die sich tagtäglich dafür einsetzen, die Gesellschaft mitzugestalten. Wir haben viele Möglichkeiten, tatkräftig zu helfen und ein gutes Leben für alle möglich zu machen.“, betont Nora Tödtling-Musenbichler, Direktorin der Caritas Steiermark und Präsidentin der Caritas Österreich in ihrer Eröffnung zur Veranstaltung. „Denn es geht darum, ein gutes Leben für alle zu ermöglichen.”

Theaterstück

Das Stück „Die Wutschweiger“ von TAO, Theater am Ortweinplatz hat nicht nur inhaltlich, sondern vor allem auch durch die schauspielerische Leistung der beiden Jugendlichen sehr beeindruckt. Mit feinem Humor und poetischen Bildern zeigte das Theaterstück eindrucksvoll, wie es jungen Schüler:innen geht, wenn sich Armut in ihrem unmittelbaren Bereich bemerkbar macht und welche Auswirkungen dies für ihr gesamtes Leben hat.

Podiumsdiskussion
In der anschließenden Podiumsdiskussion stellten sich Expert:innen aus verschiedenen Berufsfeldern dem Thema „Armut in der Region Murau Murtal“. Zwei Schüler:innen der HTL Zeltweg, Jamilla Madac und Valdrin Bytyqi, konnten sich genauso in die Protagonist:innen des Theaterstücks hineinfühlen, denn Themen wie Konsumzwang, sozialer Druck, Benachteiligung und Solidarität in der Klassengemeinschaft sind stets aktuell.
Sozialarbeiter Michael Waibel, von den Flexiblen Hilfen weist darauf hin, dass Armut die gesamten familiären Strukturen betrifft, wenn plötzlich selbstverständliches nicht mehr selbstverständlich ist. Armut und finanzielle Notlage begegnet ihn immer öfter in der Arbeit, wird ein größeres Thema und reicht schon in vielen Schichten schon rein.

„Das Wichtigste ist die individuelle Beratung, hier gilt es zu schauen, was kann die Person machen, um aus dieser Situation heraussteigen zu können.“ schildert Brigitte Wrezounik aus ihrer bereits 12-jährigen Erfahrung in der Arbeit in der Beratungsstelle zur Existenzsicherung. Ebenso bemerkenswert ist, dass sich das Alter der Klient:innen verändert, mittlerweile sind die meisten bereits zwischen 18 und 45 Jahre. Viele junge Menschen bekommen sehr wenig an Erfahrung von den Eltern mit, die müssen begleitet werden. „Wir beraten in allen Bereichen, denn Gesellschaft hat sich verändert und Einsamkeit ist ein ebenso ein großes Thema.”, schildert die Expertin.

Nina Pölzl, Bezirkshauptfrau des Bezirkes Murtal stellt fest, dass für Menschen, die soziale Unterstützung als behördliche Leistung aus der Bezirkshauptmannschaft erhalten, dies ein großes Stigma bedeutet. Denn niemand geht gerne zum Sozialamt und bittet um Unterstützung. Da kommt das Case Management zum Einsatz, im Sinne von „Was brauchen die Menschen?“ Es gilt, Ressourcen zu stärken und Menschen zu befähigen, selbst Entscheidungen treffen zu können. Die Themen Finanzbildung und Bildung generell sind ein wichtiger Schlüssel.
Armut kann jede:n treffen, denn vor Schicksalsschlägen ist niemand gefeit. Hilfe anzunehmen, macht ein Stück weit auch transparenter und ist aber auch meist schambehaftet. Für viele oft unvorstellbar, denn gestern hat noch alles funktioniert und heute passiert etwas. Niemand ist davor gefeit, um Unterstützung ansuchen zu müssen. Schnell kann man in die Schieflage geraten.

Nora Tödtling-Musenbichler ist es auch wichtig zu betonen, dass vieles bereits gut funktioniert. Doch es muss auch (weiterhin) an vielen Schrauben gedreht werden, um eine Verbesserung der Situation zu erlangen. Es gibt ein gutes soziales System in Österreich, das viel Unterstützung bietet. Wichtig für ein stabiles Netz ist aber auch das Subsidiaritätsprinzip. Also nicht eine Hilfe von oben herab, sondern eine Förderung der Eigenverantwortung und Selbstbestimmung des Einzelnen, der Familien und Gemeinden. So sind die vielen Vereine, Organisationen und vor allem auch freiwillig Engagierten ein wesentlicher Beitrag für eine funktionierende Gesellschaft. Es heißt nicht, dass der Staat und die Politik alles machen muss. Denn wir alle sind gemeint und müssen etwas beitragen. Damit die größer werdende Schere zwischen Armut und Reichtum nicht noch größer wird. Ein Kit in der Gesellschaft kann nur Solidarität und Zusammenhalt sein.

Ausstellungseröffnung Armut vs. Reichtum
Die Bronzefiguren am Pfarrplatz Zeltweg laden zur Auseinandersetzung mit dem Thema ein, sodass man einen Moment selbst Teil des Kunstobjekts werden kann. Ziel ist es, Betroffenheit, Verständnis aber auch Sensibilität für das Thema Armut zu schaffen. Sie sind eingeladen, einen Augenblick innenzuhalten und die Figuren zu betrachten. Nähere Infos unter: reichtum-armut.at/

Maria Riegelnegg

Autor:

SONNTAGSBLATT Redaktion aus Steiermark | SONNTAGSBLATT

Kommentare

online discussion

Sie möchten kommentieren?

Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.

add_content

Sie möchten selbst beitragen?

Melden Sie sich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.

Powered by PEIQ