Theologie
Texte ausloten

Irmtraud Fischer mit der Festgabe „Frauen, die sich einmischen, die ihr zum Abschied als Professorin gewidmet wurde. Fischer wusste als Forscherin die feministische Exegese gegen Vorurteile zu etablieren und als Lehrerin die Studierenden für die volle Botschaft des Alten (Ersten) Testaments zu begeistern. | Foto: Neuhold
  • Irmtraud Fischer mit der Festgabe „Frauen, die sich einmischen, die ihr zum Abschied als Professorin gewidmet wurde. Fischer wusste als Forscherin die feministische Exegese gegen Vorurteile zu etablieren und als Lehrerin die Studierenden für die volle Botschaft des Alten (Ersten) Testaments zu begeistern.
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Irmtraud Fischer. Abschiedsvorlesung der Alttestamentlerin und theologischen Genderforscherin.

Willkommen und Abschied: Mit diesem von Schubert vertonten Text von Goethe eröffnete die Sängerin Feride Büyüdenktaş, am Klavier begleitet von Sara Michela De Nuccio, am 7. Oktober die Abschiedsvorlesung von Univ.-Prof.in Dr.in Dr.in h.c. Irmtraud Fischer. Sie stand am Ende einer zweitägigen Veranstaltung im Grazer Meerscheinschlössl zum Thema „Gender – Politik – Religion“. In Vorträgen, Diskussionen, einer Genderlesung und einer Ausstellung in der Fakultätsbibliothek Theologie wurde das Werk der aus Bad Aussee stammenden Theologin gewürdigt, deren Name mancherorts sogar zum Synonym für die Theologische Fakultät Graz wurde.

„So kann man die Bibel erklären“, hatte bei einer Ringvorlesung die Grazer Vizebürgermeisterin Judith Schwentner über Irmtraud Fischer gestaunt, mit der sie später die Idee von Genderlesungen in Graz verwirklichte. Schwentner eröffnete den Reigen vieler würdigender Grußworte. Ilse Müllner, Professorin für Biblische Theologie in Kassel, machte Fischers vielfältiges Wirken an vier Punkten fest. Die feministische Exegese hat sie mit ihrer Habilitation über die „Erzeltern Israels“ und ihrer Buchtrilogie Gottesstreiterinnen, Gotteskünderinnen und Gotteslehrerinnen etabliert. Sie denkt immer politisch und will auch ihr Engagement in Frauen- und Geschlechterforschung umgesetzt wissen. Sie hält den Bezug zum biblischen Volk Israel ebenso wach wie zum heutigen Judentum. Und sie macht ihr Forschen auch über Kunst und Kultur sichtbar und hörbar.

„Texte ausloten“ überschrieb Irmtraud Fischer ihre Abschiedsvorlesung. Als feministische Exegetin hat sie sowohl das Übersehen von Frauen in biblischen Texten als auch falsche Rollenzuordnungen oder Übersetzungen korrigiert. Einen Ausschluss von Frauen aus Lehre, Auslegung und Ämtern findet sie in den alttestamentlichen Texten nicht vor. Sie bedauert heute, dass die erste Generation der Theologieprofessorinnen nicht als Speerspitze für Veränderungen in einer männerzentrierten Kirche genutzt wurde. Der Wandel von einer Beamtenuniversität zur Management-universität erfüllt sie mit der Sorge, dass ob der überbordenden Verwaltung die Forschung zu kurz kommt.

Weggefährtinnen und Weggefährten widmeten der leidenschaftlichen Forscherin die Festschrift „Frauen, die sich einmischen“, Kohlhammer Verlag. Mit Freude wurden an diesem Abend Fischers Vorgänger Johannes Marböck und ihre Nachfolgerin Katharina Pyschny willkommen geheißen.

H. Meßner

Stationen
Eine feministische Exegetin
Irmtraud Fischer, geboren in Bad Aussee, studierte nach Ausbildung zur Volksschullehrerin in Graz Theologie. 1988 Promotion, 1993 theologische Habilitation als erste Frau in Österreich. 1983 bis 1994 Univ.-Assistentin und dann bis 1997 Assistenzprofessorin in Graz. 1997 bis 2004 Professorin für Altes Testament und Theologische Frauenforschung in Bonn. 2004 bis 2022 Professorin für Alttestamentliche Bibelwissenschaft in Graz. 2007 bis 2011 Vizerektorin für Forschung und Weiterbildung der KFU Graz. 2017 Ehrendoktorat der Universität Gießen.
Zahlreiche Gastprofessuren, Publikationen und wissenschaftliche Aufgaben.

Autor:

SONNTAGSBLATT Redaktion aus Steiermark | SONNTAGSBLATT

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