Recht soll schützen
Kirchliches Strafrecht erneuert. Dazu Fragen und Antworten.
Papst Franziskus hat das kirchliche Strafrecht verschärft und erweitert, auch für die Bereiche Missbrauch und Korruption. Fragen und Antworten rund um das neue Recht, das am 8. Dezember nach Beginn des neuen Kirchenjahres in Kraft tritt.
Warum hat die katholische Kirche ein eigenes Strafrecht?
Wie die meisten Religionsgemeinschaften hat auch die katholische Kirche ein eigenes Strafrecht, das ergänzend zum weltlichen Strafrecht angewendet wird. Es ist Teil des weltweiten katholischen Kirchenrechts (universales Kirchenrecht), das im „Codex Iuris Canonici“ (CIC) niedergeschrieben ist. Er trat 1983 in Kraft. In den einzelnen Ländern bzw. Diözesen können die Bischöfe aber auch Spezialgesetze in Kraft setzen – sogenanntes Partikularrecht.
Welche Strafen kann die Kircheverhängen?
Anders als staatliche Gerichte kann ein Kirchengericht keine Haftstrafen verhängen. Verhängt werden „Beugestrafen“, die nach Reue und Umkehr des Täters wieder aufgehoben werden müssen. Höchststrafe ist hier die Exkommunikation, also der zeitweise Verlust aller Rechte und Ämter in der Kirche. Ferner gibt es Sühnestrafen, die zeitlich befristet oder dauerhaft verhängt werden können. Bei Geistlichen ist die Höchststrafe die unwiderrufliche Entlassung aus dem Klerikerstand.
Was ändert sich im neuen Kirchenrecht in Bezug auf sexuellen Missbrauch?
Erstmals wird der sexuelle Missbrauch von Minderjährigen benannt als eine Straftat gegen Leben, Würde und Freiheit des Menschen und nicht mehr als Verstoß gegen den Zölibat, also die Pflicht der Priester zum ehelosen Leben. Missbrauch steht nun im selben Kapitel wie Mord, Vergewaltigung und Abtreibung. Die Höchststrafe für Geistliche bleibt die Entlassung aus dem Klerikerstand. Neu ist, dass auch kirchliche Angestellte oder Laien in Ehrenämtern wegen Missbrauchs kirchenrechtlich bestraft werden können.
Was ist sonst neu im veränderten Kirchenrecht?
Die Bischöfe werden erstmals rechtlich verpflichtet, das Wohl der Gläubigen durch die Anwendung von Strafgesetzen zu schützen. Eine Neuerung gibt es auch beim Kirchenvermögen: Die widerrechtliche Aneignung (auch durch einen Bischof) ist nun ebenso strafbar wie die Veräußerung von Kirchenbesitz ohne die vorgeschriebene Beratung, Zustimmung oder Erlaubnis. Ebenfalls neu ist ein erweiterter Straftatbestand der Korruption, der im Höchstfall zur Entlassung aus dem Amt führen kann. Neu geregelt sind außerdem Geldstrafen und Schadenersatzzahlungen für Kleriker und andere kirchliche Angestellte.
Was bedeuten die expliziten Verbote
der Frauenweihe sowie der Sakramentenspendung an jene, denen der Empfang verboten ist?
Die Verbote sind nicht neu, stehen jetzt aber im Codex. Sollte das kirchliche Lehramt aber irgendwann feststellen, dass eine Weihe für Frauen möglich ist, etwa als Diakonin, würde das Strafrecht entsprechend geändert. Das Verbot der Sakramentenspendung an jene, denen der Empfang verboten ist, gilt nur im Fall eines formalen rechtlichen Urteils. Die Frage der Zulassung von wiederverheirateten Geschiedenen und Nicht-Katholiken ist hingegen keine rechtliche, sondern eine moralische und seelsorgliche.
quelle: kathpress
Nicht mehr zahnlos
Wiener Kirchenrechtler Kowatsch würdigt die Strafrechtsreform.
Mit den Neuerungen im Codex Iuris Canonici (CIC) werde den Verantwortlichen, insbesondere den Bischöfen, ein verbessertes Instrument zum Schutz des kirchlichen Gemeinwohls und der Interessen betroffener Gläubiger gegen schwere und schwerste Verstöße gegen die kirchliche Ordnung in die Hand gegeben.
Sei der Duktus des Strafrechts bisher so gewesen, dass die Bischöfe nichts unversucht lassen durften, die Anwendung des Strafrechts zu vermeiden, so muss nun der Bischof das Strafrecht anwenden, wenn trotz Ermahnung und Verweis ein Missstand bestehen bleibt. „An einigen Stellen wird der bisherige zahnlose Tiger einer gründlichen kiefer-orthopädischen Behandlung unterzogen“, drückt es der Kirchenrechtler bildhaft aus. So würden fakultativ angedrohte Strafen in bestimmten Fällen in obligatorisch zu verhängende Strafen umgewandelt. Einen besonderen Stellenwert soll auch die Wiedergutmachung eines angerichteten Schadens einnehmen. Und wer die Meldung einer Straftat unterlässt, obwohl er dazu verpflichtet wäre, mache sich auch strafbar.
Das neue Kirchenrecht sanktioniere nicht nur die Unterschlagung kirchlichen Vermögens, sondern auch die Veräußerung oder sonstige Verwaltung von Vermögenswerten, ohne dass die im Recht vorgeschriebenen Gremien der Mitverantwortung zu Rate gezogen oder um Zustimmung angefragt worden sind.
Autor:SONNTAGSBLATT Redaktion aus Steiermark | SONNTAGSBLATT |
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