Pastoraltagung
Präsent in taumelnder Welt
Prozesse des Zuhörens braucht die Kirche ebenso dringend wie die fragmentarische Gesellschaft. Bei der Österreichischen Pastoraltagung wurden sie eingeübt.
Die derzeit die Kirche bewegende synodale Kommunikation und eine darauf aufbauende Dialog-, Diskussions- und Konfliktkultur „könnte auch ein zukunftsweisender Beitrag der Kirche für eine fragmentierte Gesellschaft sein“. Die Sozialethikerin Petra Steinmair-Pösel, Rektorin der Kirchlichen Pädagogischen Hochschule in Innsbruck, betonte zum Abschluss der Pastoraltagung, dass der von Papst Franziskus ausgerufene geistliche Reformprozess als „hörende Kulturveränderung“ auch für unsere taumelnde Welt heilsam sei.
„Dieser synodale Ansatz ist etwas, was unsere Welt jetzt dringend braucht.“ Anstatt Konfrontation zu suchen oder den Krieg zu erklären, „brauchen wir Prozesse, die es ermöglichen, Differenzen auszudrücken, zu hören und reifen zu lassen, dass wir gemeinsam auf dem Weg sein können, ohne das Bedürfnis, jemanden zu zerstören“, sagte die Theologin. Es sei harte Arbeit und erfordere Geduld, für dauerhaften Frieden „Prozesse des gegenseitigen Zuhörens zu schaffen und aufrechtzuerhalten“. Synodalität beinhalte in einer kulturell, religiös und weltanschaulich pluralen Welt auch ein gemeinsames Gehen mit und Wertschätzen der „anderen“.
Die jährlich im Salzburger Bildungshaus St. Virgil stattfindende Österreichische Pastoraltagung mit rund 250 teilnehmenden Fachleuten aus Seelsorge, Religionspädagogik und kirchlichen Diensten aus dem In- und Ausland trug heuer den Titel „Präsent sein. Wege zu qualitätsvoller Pastoral“. In seiner geistlichen Einbegleitung nahm Josef Marketz als Referatsbischof für Pastoral Bezug auf die „Finsternisse“ der heutigen Zeit, in die Gott ein tröstendes Licht zu werfen vermöge: „Wer Gott sucht, wird nicht Antworten finden, wohl aber Gottes Gegenwart.“ Und wer Gott sucht, dürfe auch gegenüber Unrecht nicht unparteiisch bleiben. Mystik und Politik dürften kein Gegensatz sein, „wenn Glaube mehr sein soll als billige Vertröstung“.
Die Eröffnungsvortragende Isabella Guanzini sprach von einem „Einbruch der Verschiedenheiten“ in die Geisteswelt der Gegenwart. Der vorherrschende Individualismus sei es nicht mehr gewohnt, sich Autoritäten anzupassen, auch Einheit stiftende Worte wie etwa das Glaubensbekenntnis genügten nicht mehr, um Verschiedenheiten in Verständnis und Deutung zu überdecken, sagte die in Linz lehrende Fundamentaltheologin.
Ein tiefgreifender Mentalitätswandel seit den 1960er-Jahren, der mit der Betonung von Verschiedenheit und Individualität allen Formen von Gemeinschaft zu schaffen mache, stelle auch die Kirche vor große Herausforderungen. Daher gelte es, Abschied von Attributen wie „urteilend“, „klerikal“, „patriarchalisch“ und „ideologisch“ zu nehmen. Stattdessen solle Kirche für heutige Zeitgenossinnen und -genossen als Verschiedenheit präsent sein, und zwar „annehmend“, „mütterlich“, „freundlich“, „festlich“ und damit „einladend“, sagte Guanzini. Jeglicher Kulturpessimismus sei jedoch fehl am Platz. Sie plädierte für eine „Geistesgegenwart“ – so der Titel ihres Vortrags –, die für sie ein Synonym für eine lebendige, wache Spiritualität sei.
Eine Pastoral im Stil Jesu konkretisiert sich in „Not-wendenden Begegnungen“, in denen eine Kirche erlebbar gemacht wird, die nicht um sich selber kreist, sondern sich den Armen und Bedrängten zuwendet und sich um ein „gutes Leben“ aller bemüht. Darauf wies die Linzer Pastoraltheologin Klara Antonia Csiszar hin.
Kathpress
Pastoraltagung
Ausgewählte Texte und Blitzlichter der Österreichischen Pastoraltagung 2023 unter dem Thema „Präsent sein. Wege zu qualitätsvoller Pastoral“ sind auf „pastoral.at“ zu finden. Eine Buchpublikation der Vorträge wird folgen.
Autor:SONNTAGSBLATT Redaktion aus Steiermark | SONNTAGSBLATT |
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