Pastoralberufe mit Zukunft
Nahe bei den Menschen
50 Jahre Pastoralberufe. Maria Ladenhauf, mit Start 2022 die „neueste“ Pastoralreferentin, und Franz Tiefengrabner, der seit 1986 im kirchlichen Dienst steht, erzählen von ihrer Arbeit.
- Was ist derzeit Ihre Aufgabe?
Maria Ladenhauf: Ich bin Krankenhausseelsorgerin am Uniklinikum Graz. Das umfasst vor allem Gespräche mit PatientInnen, Angehörigen und dem Personal, die Begleitung unserer ehrenamtlichen SeelsorgerInnen und kleine, sehr persönliche liturgische Feiern. Z. B. das Segnen eines totgeborenen Kindes, Kommunionfeiern am Krankenbett, die Verabschiedung eines Verstorbenen gemeinsam mit den Angehörigen oder sonntägliche Wort-Gottes-Feiern auf Stationen.Franz Tiefengrabner: Seit fast zehn Jahren bin ich nun in der Pflegeheimseelsorge tätig, also in der Begleitung von hochaltrigen Menschen, meist mit großen körperlichen, sozialen und geistigen Einschränkungen (Rollator, Rollstuhl, neue Situation im Pflegeheim, Seh- und Hörprobleme, zunehmende Demenz …). Ein Stück gemeinsam gehen, Orientierung geben, erinnern, gemeinsam singen oder beten, zuhören, die Hand halten, begrüßen und Abschied nehmen. Mein Arbeitsgebiet sind drei Pflegeheime südlich von Graz mit etwa 300 BewohnerInnen; die meisten davon sind Frauen
- Warum haben Sie Ihren pastoralen Beruf ergriffen
Tiefengrabner: Ich bin noch klassisch katholisch sozialisiert, in einer katholischen Familie, die jeden Sonntag in die Kirche geht, Jungschar und Jugend, Knabenseminar, Theologiestudium. Es gab immer eine ehrenamtliche Verbundenheit mit Pfarre und Kirche. Und das wurde mein Beruf.
Ladenhauf: Das ist gar nicht so leicht zu beantworten, denn zunächst habe ich mich für das Theologiestudium entschieden, erst viel später für den Beruf der Pastoralreferentin. Ausschlaggebend war für mich, dass mir die Kirche als Arbeitgeberin die Möglichkeit gibt, ganz „nahe dran an den Menschen“ zu sein und mich immer wieder mit ihnen gemeinsam gehalten und getragen zu fühlen. Das lässt mich oft dankbar staunen – und ist wunderschön. - [b]Woran erinnern Sie sich besonders gerne, wenn Sie an Ihre Arbeit denken?
Ladenhauf: Da gibt es vieles. Ich erinnere mich an eine Patientin, die sich aufgrund einer neurologischen Erkrankung mit dem Sprechen schwertut, bei der Kommunionfeier aber plötzlich mit einer so kräftigen und sicheren Stimme gesungen hat, dass wir Gott zweistimmig loben konnten. Es war wunderbar, ihre Freude und ihren Stolz mitzuerleben!
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Tiefengrabner: In jungen Jahren war ich viel mit Kindern unterwegs (Jungscharlager, Spielefeste, Ausflüge, Abenteuer …). Jetzt sind „meine Leute“ etwas älter geworden, aber es gibt viele schöne Parallelen. - Was kann die Kirche besonders gut?
Tiefengrabner: Wir haben einen großen Schatz an Feiern, Ritualen, Gebeten, Liedern. Das gibt Halt und Sicherheit, auch wenn Körper und Geist schwächer werden. So singt eine ängstliche Frau immer wieder „… auf dich vertrau ich und fürcht mich nicht“.Ladenhauf: „Die Kirche“ kann genau das, was die getauften Christinnen und Christen in ihrer ganzen Vielfalt können – und das ist sehr, sehr viel (erst recht, wenn wir darauf vertrauen, dass Gott mit dabei ist!).
- Was hätten Sie gerne anders in der Kirche?
Ladenhauf: Am allerwichtigsten ist aus meiner Sicht, das Klerikalismus-Problem anzugehen – denn damit hängen viele andere Themen (Missbrauch, Machtgefälle …) zusammen. Und Klerikalismus geht bei weitem nicht nur von den Klerikern aus. Fragen wir uns doch (alle!) immer wieder, was Jesus zu unserem Handeln sagen würde. Und am allerbesten fragen wir ihn selber, im Gebet.Tiefengrabner: Vieles hat sich völlig verändert. Alles ist anders als früher. So bleibt eigentlich nur ein kleiner Kern – inhaltlich und personell.
- Abschlussfrage: Würden Sie aus heutiger Sicht wieder diesen Beruf ergreifen?
Tiefengrabner: Ich würde in mein jetziges Arbeitsfeld wieder einsteigen, aber nicht als junger Mensch. Mit meinen Erfahrungen würde ich mich als junger Theologe mit aktuellen Strukturen und Entwicklungen recht schwertun. Es ist ein anderer Beruf geworden und eine andere Sicht.
Ladenhauf: Ich weiß nicht, ob ich meinen beruflichen Weg nochmal ganz genau so gehen würde. Aber meine jetzige Arbeit mache ich mit viel Freude. Ich habe viele Freiheiten in meinem Tun, unterstützende KollegInnen und das Privileg, täglich ganz unterschiedlichen Menschen zu begegnen – und in diesen Begegnungen immer auch Gott; egal ob das Wort ‚Gott‘ vorkommt oder nicht.
Interview: Hanna Prumofsky/Thomas Stanzer
▶ www.katholische-kirche-steiermark.at/50jahrepastoralberufe
Autor:SONNTAGSBLATT Redaktion aus Steiermark | SONNTAGSBLATT |
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