Tag des Judentums
Langer Atem

Am Tag des Judentums soll auch an das Leid des jüdischen Volkes gedacht werden. Im Bild: das Denkmal für die ermordeten Juden Europas in Berlin. | Foto: Unsplash
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Tag des Judentums. Theologieprofessor zieht positive Bilanz.

Die Kirchen in Österreich begehen am 17. Jänner den „Tag des Judentums“. Das Christentum ist von seinem Selbstverständnis her wesentlich mit dem Judentum verbunden. Damit dies den Christen immer deutlicher bewusst wird, hat der Ökumenische Rat der Kirchen in Österreich (ÖRKÖ) im Jahr 2000 den 17. Jänner als besonderen Gedenktag im Kirchenjahr eingeführt. Die Initiative zum „Tag des Judentums“ geht auf die Zweite Europäische Ökumenische Versammlung 1997 in Graz zurück. Dabei sollen sich die Christen in besonderer Weise ihrer Wurzeln im Judentum bewusst werden. Zugleich soll auch das Unrecht an jüdischen Menschen und ihrem Glauben in der Geschichte thematisiert werden.

Eine positive Bilanz zieht der Präsident des Koordinierungsausschusses für christlich-jüdische Zusammenarbeit, Prof. Martin Jäggle. Inzwischen sei das Bewusstsein dafür auch an der kirchlichen Basis angekommen. Jäggle zitierte den Wiener Rabbiner Schlomo Hofmeister, der vor kurzem betonte, dass der „Tag des Judentums“ ein Geschenk sei.

Allerdings gebe es auch unbelehrbare kirchliche Gruppierungen, die dem „Tag des Judentums“ und seinem Anliegen immer noch keine Bedeutung zumessen wollten, räumte Jäggle ein. Zum Teil bediene man sich immer noch einer Sprache, die antijüdisch, ja teils antisemitisch ist. Fazit: „Es braucht einen langen Atem.“ Der Ausschuss wird sich 2023 unter anderem noch vorhandener judenfeindlicher Darstellungen in Kirchen annehmen, so Jäggle. „Wir versuchen das auf konstruktive Weise zu thematisieren.“ Besorgt zeigte er sich auch über zunehmende antisemitische Tendenzen in Österreich und ganz Europa.

Lobend erwähnte Jäggle das jüngste Buch des Wiener Bibelwissenschaftlers Markus Tiwald „Parting of the Ways“, in dem Tiwald den komplexen und keineswegs geradlinig verlaufenden Prozess der Trennung von Judentum und Christentum nachzeichnet. „Jesus und seine ersten Nachfolger waren Juden – eine Glaubensgemeinschaft abseits des Judentums hatten sie nie intendiert“, so Tiwald. Jäggle dazu: „Diese Erkenntnisse gilt es noch auf vielen Ebenen durchzubuchstabieren.“

Gottesdienst-Tipp: Graz, Evangelische Heilandskirche, 17. Jänner, 19 Uhr, ökumenischer Gottesdienst, Thema: „Meinen Bogen stelle ich in die Wolken“, Predigt: Esther Handschin, methodistische Pastorin. Veranstalter: Ökumenisches Forum christlicher Kirchen in der Steiermark, Evangelische Pfarrgemeinde Graz-Heilandskirche, Katholische Stadtpfarrkirche Graz und das Grazer Komitee für christlich-jüdische Zusammenarbeit.

Zusammenarbeit

Judentum & Christentum
Der Koordinierungsausschuss für christlich-jüdische Zusammenarbeit bemüht sich seit 1956 um gute Beziehungen zwischen den beiden Religionen. Kardinal Franz König gründete den Ausschuss auf Anregung von Prof. Kurt Schubert, den Doyen der österreichischen Judaistik.

Der Ausschuss trug nach der Schoah wesentlich dazu bei, dass ein neues Verhältnis zwischen Judentum und Christentum in Österreich möglich wurde.

Der Vorstand muss laut Statut zu je einem Drittel jüdisch, evangelisch und katholisch besetzt sein. Präsident des Koordinierungsausschusses ist derzeit der katholische Theologe Prof. Martin Jäggle.

Autor:

SONNTAGSBLATT Redaktion aus Steiermark | SONNTAGSBLATT

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