Hirtenwort
In dieser Zeit das Gute säen

Österreichs Bischöfe bei einer früheren Vollversammlung der Bischofskonferenz in Mariazell. Vorne in der Mitte Kardinal Christoph Schönborn, neben ihm links der Salzburger Erzbischof Franz Lackner und rechts Bischof 
Wilhelm Krautwaschl. 
 | Foto: Archiv
  • Österreichs Bischöfe bei einer früheren Vollversammlung der Bischofskonferenz in Mariazell. Vorne in der Mitte Kardinal Christoph Schönborn, neben ihm links der Salzburger Erzbischof Franz Lackner und rechts Bischof
    Wilhelm Krautwaschl.
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Die österreichischen Bischöfe wenden sich in einem Hirtenwort zur schrittweisen Öffnung des kirchlichen Lebens angesichts der Corona-Pandemie an die
Gläubigen. Die Bischöfe ziehen eine Zwischenbilanz und geben einen Ausblick auf die Wiederzulassung von öffentlichen Gottesdiensten ab 15. Mai.

Liebe Gläubige!

„Liebe Deinen Nächsten wie Dich selbst“ – dieses Gebot unseres Herrn Jesus Christus gehört zum Kern des Evangeliums. Daher liegen uns das von Gott geschenkte Leben, die Gesundheit und das seelische Heil aller Menschen am Herzen. In diesem Bewusstsein leistet die Katholische Kirche mit allen bisherigen und künftigen Einschränkungen des kirchlichen Lebens aufgrund der Corona-Pandemie einen großen und notwendigen Beitrag für die ganze Gesellschaft.
Wir danken allen Gläubigen, dass sie den bisher gewählten Weg des Gebetes und der konkreten Sorge für die Nächsten mitgegangen sind. Wir sind uns bewusst, dass dies mit großen und schmerzlichen Entbehrungen verbunden war. Papst Franziskus ist uns ein Vorbild im Kampf gegen die Pandemie, und er sagt: „Gebet und stiller Dienst – das sind unsere siegreichen Waffen.“
In Abstimmung mit der Österreichischen Bundesregierung haben wir uns auf eine erste Öffnung verständigt, wie wir schrittweise zu vertrauten Formen des kirchlichen Lebens zurückkehren können. Diese Rückkehr wird nicht so schnell möglich sein, wie wir es alle im Herzen haben. Deshalb braucht es auch in der kommenden Zeit von allen Geduld, Verantwortungsgefühl und Rücksichtnahme, verbunden mit dem Blick auf verschiedene Formen des Kirche-Seins.

Unser Fundament: Einfach christlich leben

Wir haben von vielen Familien, aber auch von Personen, die allein leben, erfahren, dass sie mehr Zeit als Familie oder am Telefon miteinander verbringen, in Gemeinschaft essen und einander zuhören, das Tischgebet neu entdecken oder bei einem Wegkreuz bewusst stehen bleiben. Viele Menschen zünden am Abend eine Kerze an und danken Gott für alles, was sie erlebt haben.
Das Erklingen der Kirchenglocken fällt manchen wieder neu auf und erinnert, dass wir unser Tun unterbrechen können, um bewusst an Gott zu denken. Die Spendenbereitschaft und das große Engagement von vielen Gläubigen im Bereich der konkret gelebten Nächstenliebe und Nachbarschaftshilfe berührt und löst große Dankbarkeit aus. Wir sind eingeladen, Menschen in unserer Nähe in einfacher Weise in Gedanken, Worten oder durch kleine Zeichen zu segnen, ihnen Gutes zu wünschen und so als Kirche in einer Zeit der Sorge und Angst das Gute zu säen.

Eine Zeit der Hauskirche
In vielen Diözesen wurde zur „Hauskirche“ eingeladen. Für manche klangen diese Vorschläge ungewohnt oder gar irritierend, weil das Gebet in dieser Art bislang nur vereinzelt gepflegt wurde. Andere machten schöne Erfahrungen damit. Wir möchten alle Gläubigen auch weiterhin darin bestärken, zu Hause – allein oder in Gemeinschaft – zu beten (Rosenkranz, Andachten, Bibel-Teilen, Stundengebet …). Besonders ermutigen wir dazu, Gott in seinem Wort zu begegnen und täglich in der Bibel zu lesen. Wir können hier von jüdischen Gemeinden lernen: Ein Teil der Liturgie findet in der Synagoge statt, ein Teil am Familientisch. Jedes Haus, in dem gebetet wird, ist ein Gottes-Haus, weil Gott in der realen, konkreten Familie mit all ihren Leiden, ihren Kämpfen, ihren Freuden und ihrem täglichen Ringen wohnt, wie Papst Franziskus schreibt.

Eine Zeit der offenen Kirchen

Viele Menschen vermissen die Gottesdienste in ihrer Gemeinde. Da diese im Moment noch nicht in der gewohnten Form möglich sind, möchten wir auch weiterhin zum persönlichen Gebet in den Kirchen unseres Landes einladen. Wir ermutigen alle Gläubigen, wenigstens einmal in der Woche eine Kirche zum stillen Gebet aufzusuchen. In den großen Kirchen (nicht in kleinen Kirchen und Kapellen) soll vor allem an den Sonntagen über längere Zeit zum Gebet eingeladen werden. Die Seelsorger ermutigen wir – unter Wahrung der Schutzmaßnahmen –, im Kirchenraum für geistliche Gespräche oder Beichtgespräche verfügbar zu sein.

Eine Zeit der Solidarität

In den letzten Wochen wurden viele Initiativen gestartet, um den christlichen Grundauftrag der Nächstenliebe wahrzunehmen. Verschiedene Beratungseinrichtungen, angefangen von der Telefonseelsorge über die Caritas bis hin zu pfarrlichen Projekten, haben Großartiges geleistet. Daneben bewähren sich die Familien trotz großer Belastungen als natürliches Fundament der Gesellschaft. Für all das sei ein herzliches Danke gesagt. Die Einschränkungen zur Eindämmung des Virus haben jedoch auch neue soziale Probleme geschaffen. Aus diesem Grund bitten wir, auch weiterhin Solidarität mit den Betroffenen zu zeigen, sei es durch persönliche Hilfe oder materielle Unterstützung.

Gottesdienste im ganz kleinen Kreis

Wochentags und sonntags können ab
15. Mai Gottesdienste in kleiner Gemeinschaft (Eucharistiefeiern, Wortgottesdienste, Tagzeiten-Liturgien, Andachten …) in Pfarr- oder Klosterkirchen unter strenger Einhaltung der Hygienevorschriften gefeiert werden. Wichtig ist das Bewusstsein der Gottesdienstgemeinde, dass es sich um einen Dienst des stellvertretenden Gebetes für die ganze Gemeinde handelt. Wenn auch nur eine kleine Gruppe vor Ort feiert, so wird doch an alle gedacht und für die ganze Gemeinde gebetet.
„Meine Kirche ist immer voll mit Menschen“, soll Charles de Foucauld einmal gesagt haben, als er bei der heiligen Messe allein war. Eine Einladung zu den Gottesdiensten in kleiner Gemeinschaft kann zum Beispiel an einzelne Familien, bestimmte Gruppen, Vereine, Arbeitskreise, Straßenzüge oder Ortssprengel ausgesprochen werden. Für die konkrete Umsetzung ist der zuständige Ortspfarrer oder Kirchenrektor verantwortlich. Die Diözesen geben dazu eigene Orientierungen heraus.
Daneben bleibt die Mitfeier des Gottesdienstes über die Medien ein wichtiger Teil des Glaubenslebens. Neben dem ORF und privaten Sendern gibt es erfreulich viele Angebote im Internet auch von Pfarren, Orden und Diözesen.

Feste und Feiern

Kleinere Hochzeiten, Taufen, Erstkommunionfeiern, Firmungen, Krankensalbungen und Begräbnisse können ebenfalls in so einem engen Rahmen stattfinden. Die Möglichkeit der Feier von Gottesdiensten im Freien wird derzeit mit den zuständigen Behörden geklärt. Mit der schrittweisen Zulassung von Versammlungen kann und soll unter Beachtung der behördlichen Vorschriften auch das kirchliche Leben wieder wachsen – von der Jugendgruppe über den Gebetskreis bis zur Seniorenrunde.
Große kirchliche Feste und Feiern, Pfarrfeste, Patrozinien, große Begräbnisse oder Hochzeiten können leider bis mindestens Ende August nicht in gewohnter Art und Weise gefeiert werden. Die einzelnen Feste sollen im kleinen Stellvertreterkreis begangen werden. Erstkommunionen und Firmungen werden auf einen späteren Zeitpunkt verschoben, ebenso größere Trauer- und Gedenkgottesdienste. Näheres legen die Diözesen fest.

Vertrauen auf den Herrn, Bitte an Maria
Liebe Gläubige! Es ist ein Zeichen der Nächstenliebe, wenn wir aufeinander Rücksicht nehmen. Deswegen sind diese Vorgaben wichtig und einzuhalten. Vertrauen wir besonders in dieser herausfordernden Zeit dem Herrn unseren Weg an. Er schenkt uns Kraft für unseren Alltag, unsere Zuwendung zum Nächsten und einen realistischen Blick auf das Notwendige. Und wenden wir uns gerade im Marienmonat Mai an die Mutter des Herrn im Vertrauen auf ihre Fürsprache. Danke für Ihr Mitgehen, Ihr Gebet und Ihren stillen Dienst.

Die Erzbischöfe und Bischöfe Österreichs

Zum Schutz der Gesundheit

Einige Regeln für Gottesdienste ab 15. Mai.

Beschränkte Zahl und Abstand: Wenn ab
15. Mai wieder Messen, Wort-Gottes-Feiern, Andachten und dergleichen in Kirchen gefeiert werden können, gilt dabei eine zahlenmäßige Beschränkung, die sich nach der Größe des Kirchenraumes richtet (1 Person pro 10 m2 der Gesamtfläche). Die Plätze sind so einzunehmen, dass zwischen Personen, die nicht im gleichen Haushalt leben, mindestens 2 Meter Abstand sind. Erkundigen Sie sich in Ihrer Pfarre, ob es dafür eigene Regelungen, zum Beispiel Anmeldung, gibt.
Mund- und Nasenschutz: Ab dem Betreten der Kirche ist ein Mund- und Nasenschutz zu tragen (außer Kinder unter 6 Jahren). Nur für die Dauer etwa des Lektoren- oder Kantorendienstes und weitgehend für den Zelebranten gilt dies nicht.
Betreten und Verlassen des Kirchenraums: Der Kirchenraum ist geordnet und einzeln zu betreten und zu verlassen. Ein Ordnerdienst wird helfen. Beim Eingang ist eine Desinfektionsmöglichkeit vorhanden. Weih-wasserbecken sind leer. Größere Ansammlungen sind auch vor der Kirche zu vermeiden. Pfarrcafé oder Ähnliches gibt es nicht.
Gemeinsames Beten und Singen muss auf das besonders Wichtige reduziert werden, da sich das Virus über die Atemluft verbreitet.
Der Kommunionempfang erfolgt einzeln und mit Abstand, ohne Spendeformel und Amen. Wer kommuniziert, empfängt den Leib Christi auf die ausgestreckten Handflächen, geht sofort etwa zwei Meter zur Seite und nimmt die Hostie unter dem Mundschutz zu sich.
Friedensgruß und Kollekte: Es gibt keinen Friedensgruß mit Händedruck oder sonstiger Berührung. Auch wird kein Opferkörbchen durch die Reihen gereicht, sondern gegebenenfalls z. B. beim Ausgang aufgestellt.
Hygienemaßnahmen werden in Kirchenraum und Sakristei sorgfältig durchgeführt.
Begräbnisse: Begräbnisfeiern im Freien sind möglich, sofern nicht mehr als 30 Personen daran teilnehmen. Diese müssen einen Mindestabstand von 1 Meter einhalten.
Beichten sind nur außerhalb des Beichtstuhls unter Wahrung des Abstandes möglich.
Krankenkommunion ist mit Mundschutz und Desinfektion möglich.
Taufen und Trauungen gibt es derzeit nur im engsten Familienkreis unter Anpassung mancher Riten.
Firmungen und Erstkommunionen werden mindestens auf Herbst verschoben. Es wird auch spezielle Firmtermin-Angebote geben.
Ihre Pfarre informiert Sie über die jeweiligen Einzelheiten oder Terminplanungen.

Autor:

SONNTAGSBLATT Redaktion aus Steiermark | SONNTAGSBLATT

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