Jesuit Franz Jalics
Eins sein mit Gott
Durch Jesusgebet und kontemplative Exerzitien führte der kürzlich verstorbene Jesuit Franz Jalics viele Menschen auf einen geistlichen Weg. Hier ein Erfahrungsbericht.
Der ungarische Jesuit, Theologe und Buchautor Franz Jalics hat unzählige Menschen auf den Weg des Jesusgebets geführt. Jalics entwickelte seine kontemplativen Exerzitien aus einer Foltererfahrung heraus, die er 1976 in Buenos Aires durchlitt. Er überlebte, ging nach Deutschland und gründete 1984 ein Exerzitienhaus in Gries bei Wilhelmsthal in Bayern. Dort lehrte er einen Weg der Gottesbegegnung, der zugleich auch ein Weg der Selbstbegegnung ist. Gnadenlos und heilsam in einem.
Meine Sehnsucht hatte mich Ende der 90er Jahre auf den kontemplativen Weg und zu Franz Jalics geführt. Ich war gerade Anfang Zwanzig. Mich beeindruckte damals, wie Jalics das riesige Haus Gries leitete und gefüllt bekam – Ende des zwanzigsten Jahrhunderts, bevor Internet und Handy eine Selbstverständlichkeit waren. Es ging ganz ohne Werbung, lediglich durch Mundpropaganda. 20 bis 25 Kurse im Jahr mit bis zu 30 TeilnehmerInnen leitete Jalics zunächst allein, später mit anderen KursbegleiterInnen.
Heute gehört das Haus Gries zur Deutschen Provinz der Jesuiten, das war aber nicht immer so. Viele Jahre lang bekam Franz Jalics keinerlei Unterstützung, sondern finanzierte alles über die nicht gerade üppigen Kurseinnahmen. Für mich war das alles ein untrügliches Zeichen dafür, dass auf diesem Weg Segen lag und der Geist Gottes wirkte.
Als Teilnehmerin der zehntägigen Schweige-Exerzitien sollte man eine Stunde im Haus mithelfen. Der Großteil des Tages aber war dem Jesusgebet gewidmet: eine halbe Stunde Gebet, fünf Minuten Pause, wieder eine halbe Stunde Gebet … mindestens fünf Stunden lang, so wurde es uns empfohlen. Das war anstrengend, das hatte ich nicht erwartet. Jalics sagte immer: „Der Weg zu Gott ist ganz einfach, aber nicht leicht.“ Und es kamen neben körperlichen auch innerliche Be-schwerden: Gedanken, die kreisten und nicht aufhören wollten, unangenehme Gefühle.
Neben einer Stunde Yoga und der heiligen Messe brachte das tägliche Begleitgespräch beim Exerzitienleiter Erleichterung. Franz Jalics hörte zu, sah mir in die Augen, sagte ein paar wenige, aber klare Worte – und ich spürte das Besondere an ihm: Dieser Mann ist wirklich eins mit Gott. Und so folge ich weiter meiner Sehnsucht und gehe diesen Gebets- und Alltagsweg weiter. Die Beschwerden nahmen ab, und die Stille und Präsenz in mir wird dafür immer größer. Dafür bin ich unendlich dankbar.
Bis heute beeindruckt mich tief, welcher Segen aus Franz Jalics’ traumatischer Erfahrung erwuchs. Er wurde im Jahr 1976 von der argentinischen Todesschwadron verschleppt und im berüchtigten Esma-Konzentrationslager in Buenos Aires gefoltert. Er überlebte seelisch nur durch das beständige Praktizieren des Jesus-Gebetes und war nach mehr als fünf Monaten Haft innerlich tief verwandelt. Aus dieser Transformation entstand großes Heil: Tausende Menschen hat er seitdem auf den Weg zu Gott geführt. Die von ihm entwickelte Form des Gebets hat weite Kreise gezogen, auch nach Österreich, ganz Europa und in die ganze Welt.
Bettina Kokail
Franz Jalics, einer der wichtigsten Meister des Gebets im deutschsprachigen Raum, starb 93-jährig in Budapest. In seinem Buch „Kontemplative Exerzitien“ zeigt er einen Weg, wie Kontemplation in Gebet und Alltag gelebt werden kann. Beim Jesusgebet wird im Rhythmus des Atems so oder ähnlich wiederholt: „Herr Jesus Christus, Sohn des lebendigen Gottes, erbarme dich meiner.“ (Gotteslob 6/8)
Autor:SONNTAGSBLATT Redaktion aus Steiermark | SONNTAGSBLATT |
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