Katholisch-Theologische Fakultät Graz
Ein lohnender Standort
Der neue Dekan der katholisch-theologischen Fakultät Graz erzählt von seinem Werdegang, warum er nach Graz kam und was er plant.
Sie stammen aus Córdoba in Argentinien. Dieser Ort bringt ja bei österreichischen Fußballfans die Augen zum Leuchten …
Ja, die große Bedeutung für Österreich war mir schon bekannt, bevor ich nach Graz kam und selbst Österreicher wurde. Ich war damals als fußballbegeisterter Jugendlicher (beim 3:2-WM-Sieg Österreichs gegen Deutschland, Red.) im Stadion und habe die „Geburt des Mythos“ selbst miterlebt (lacht).
Wie verlief Ihr wissenschaftlicher Weg, und wie sind Sie nach Graz gekommen?
Ich begann mit Philosophie und schloss schließlich auch das Theologiestudium in Buenos Aires ab – schon damals in meinem heutigen Spezialgebiet, der Patrologie: über die Mystagogie von Maximus Confessor. Über ihn schrieb ich auch meine philosophische Dissertation. Anschließend war ich Universitätsassistent in Paderborn und Tübingen. Dort absolvierte ich mein theologisches Doktorat über den Heiligen Geist bei Symeon dem Neuen Theologen (11. Jahrhundert).
Danach ging ich nach Toronto. 2003 bis 2011 war ich Professor für Patristik und Historische Theologie an der University of Toronto. Die Internationalität, der hohe Qualitätsanspruch und der Eifer der Studierenden haben mir sehr gefallen, ich vermisste jedoch die Lebensqualität Europas. Daher bewarb ich mich für die Stelle an der Grazer Fakultät.
Was sprach für Graz?
Die Lage von Graz als Tor zu Südosteuropa mit seiner konfessionellen Vielfalt und einer relativen Nähe zu den Stätten des frühen Christentums spielten für mich ebenso eine Rolle wie die Fakultät selbst, die einige interessante Schwerpunkte aufweist – von der Religionswissenschaft über die Ethik bis hin zur Frauentheologie, die ja meine Vorgängerin Anne Jensen stark mitgeprägt hatte. Ich finde, dass diese Bandbreite Graz auch heute noch zu einem lohnenden Standort für Theologie-Studierende macht. Und die Stadt ist einfach sehr lebenswert.
Was sind Ihre persönlichen Forschungs- und Arbeitsschwerpunkte, und welche Pläne haben Sie für Ihre Zeit als Dekan?
Mein Fachgebiet als Vorstand des Instituts für Ökumenische Theologie, Ostkirchliche Orthodoxie und Patrologie ist eigentlich riesig – das spiegelt sich schon in dem episch langen Institutstitel wider. Der Begriff Ökumene ist vielen unbekannt und wird gern mit Ökonomie verwechselt – kurz gesagt bedeutet es: die Suche nach der Einheit der Kirchen.
Seit letztem Jahr habe ich auch den UNESCO-Lehrstuhl für interkulturellen und interreligiösen Dialog für Südosteuropa übernommen und habe die Ehre, die Pro-Oriente-Kommission für ökumenische Begegnung zwischen den orientalisch-orthodoxen Kirchen und der katholischen Kirche zu leiten. Für Außenstehende kann die Arbeit dieser Kommissionen oft etwas langatmig und über-theo-retisch erscheinen, aber für das Zusammenwachsen der christlichen Kirchen ist dieser geduldige und theologisch fundierte Dialog sehr bedeutend, und es konnten schon wichtige Erfolge erzielt werden. Gerade in Zeiten der Polarisierung und Politisierung von Religion, auch in den christlichen Kirchen, halte ich diese Arbeit für sehr wertvoll.
Als Dekan werde ich natürlich auch mit anderen Dingen befasst sein. Neben der guten Bewältigung der Covid-Krise und der Aufgabe für uns alle, im Rahmen unserer Möglichkeiten zu einem fruchtbaren Uni-Alltag zurückzufinden, geht es mir vor allem darum, den breiten Bogen, den unsere Fakultät spannt, weiter auszubauen und durch eine verstärkte Internationalisierung die Fakultät als attraktiven Studienort für katholische Theologie im Herzen von Europa zu positionieren – von der klassischen Ausbildung für Priesterkandidaten und Menschen, die im kirchlichen Bereich oder im Religionsunterricht aktiv werden wollen, bis hin zur Beschäftigung mit aktuellen Themen wie Medizin-Ethik und der Einbettung des Religiösen in gesellschaftliche und kulturelle Kontexte der Gegenwart.
Interview: Katharina Grager
Autor:SONNTAGSBLATT Redaktion aus Steiermark | SONNTAGSBLATT |
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