Papst Johannes Paul II
Ein vielfach historischer Papst
Johannes Paul II. Zum 100. Geburtstag des Papstes aus Polen.
Karol Józef Wojtyła wurde am 18. Mai 1920 in der stark jüdisch geprägten Kleinstadt Wadowice nahe Krakau geboren. Sein gleichnamiger Vater war ein ehemaliger k. u. k. Unteroffizier. Seine Mutter Emilia verlor er noch im Kindesalter. Früh starben auch seine beiden Geschwister. Wojtyła war ein ausgezeichneter und sehr sportlicher Schüler. Aus seiner Kindheit resultiert eine lebenslange Freundschaft mit jüdischen Schulkollegen. Nach der Gymnasialzeit studierte Wojtyła seit 1938 Philosophie und Polnische Literatur in Krakau, engagierte sich in einer Theatergruppe und verfasste mehrere literarische Werke.
Im Herbst 1942 trat er in das geheime Priesterseminar in Krakau ein. 1946 empfing er im Geheimen die Priesterweihe, promovierte in Rom und wurde später Professor für Moraltheologie in Krakau. 1958 wurde er Weihbischof, 1964 Erzbischof von Krakau, später auch Kardinal. Mit der polnisch-amerikanischen Philosophin Anna-Teresa Tymieniecka (1923–2014) verband ihn seit den 1970er Jahren eine lebenslange enge geistige Freundschaft.
Auslandsreisen. Am 16. Oktober 1978 wählten die Kardinäle den 58-Jährigen zum 265. Papst. Vieles in seinem Pontifikat verdient das Attribut „historisch“: Wojtyła war der erste slawische Papst und der erste Nicht-
italiener seit Hadrian VI. (1522/23). In seiner 26-jährigen Amtszeit führten ihn 104 Auslandsreisen in 129 Länder, darunter in das kommunistische Kuba, das nach seinem Tod Staatstrauer ausrief. Der „Papst zum Anfassen“ wurde 1981 im offenen Papamobil vor der Generalaudienz von einem Rechtsextremisten bei einem Schussattentat schwer verletzt.
Drei Mal besuchte er Österreich (1983, 1988, 1998). Bei seiner ersten Pastoralreise betrat er in Mariazell steirischen Boden.
Weltpolitik. Groß war sein weltpolitisches Geschick. Er empfing an die 900 Staats- und Regierungschefs, darunter Michail Gorbatschow und Palästinenserführer Jassir Arafat. Konsequent setzte der Papst die Ostpolitik seiner Vorgänger fort und trug wesentlich zum Sturz kommunistischer Regierungen und zum Fall des „Eisernen Vorhangs“ bei. Friedensinitiativen setzte er in den Jugoslawien-Kriegen, im Nahost-Konflikt, im Golf- und Irak-Krieg.
Versöhnung. Zu seinen größten Leistungen zählt die Versöhnung von Christen und Juden. Historisch waren der Besuch von Johannes Paul II. in einer jüdischen Synagoge in Rom (1986) als erster Papst der Geschichte sowie seine 91. Auslandsreise 2000 in das Heilige Land. Mit starker Symbolkraft deponierte er an der Westmauer in Jerusalem die Bitte um Vergebung für Verfolgung von Juden durch Christen. Das „Mea Culpa“ für die Vergehen der Christen im Lauf der Geschichte erreichte seinen Höhepunkt mit den „Großen Vergebungsbitten“ im Heiligen Jahr 2000.
1986 lud er erstmals zu einem Friedensgebet der Weltreligionen nach Assisi, 2001 betrat mit ihm ein Papst das erste Mal eine Moschee, jene in Damaskus. Eine Freundschaft verband ihn mit dem XIV. Dalai Lama.
Botschaft. Aus 14 Enzykliken und vielen Lehrschreiben ragen jene zu Sozialfragen und zur Einheit der Christen hervor. Obgleich er 1983 erstmals in einer evangelischen Kirche in Rom predigte und die Einheit der Christen anmahnte, wird die ökumenische Bilanz seiner Amtszeit unterschiedlich beurteilt.
An die 1900 Christinnen und Christen erhob er zur Ehre der Altäre, so Edith Stein (1891–1942) und Maximilian Kolbe (1894–1941), aber auch in Graz wirkende Ordensleute, nämlich den Franziskaner Liberat Weiß (1675–1716), den Karmeliter Rafał Józef Kalinowski (1835–1907) und den Marianisten Jakob Gapp (1897–1943) sowie Jan Sarkander (1576–1620), der in Graz studiert hatte.
Wie kein anderer Papst trat er für mehr soziale Gerechtigkeit, Religionsfreiheit, Frieden und Menschenrechte ein. Er verurteilte Gewalt, Krieg, Ausbeutung sowie Armut, geißelte kommunistische Diktaturen und kritisierte offen den ungezügelten Kapitalismus und Neo-Liberalismus. Sein Einsatz galt der Würde des menschlichen Lebens in allen seinen Phasen. Johannes Paul II. rief die Weltjugendtage mit ihrer großen Anziehungskraft ins Leben. Er ließ die neuen Kommunikationstechnologien eingehend im Vatikan nutzen. 1992 rehabilitierte er Galileo Galilei.
Innerkirchlicher Kurs. Kontrovers wird sein innerkirchlicher Kurs bewertet. Johannes Paul II. legte sein Veto gegen eine allgemeine Zulassung von wiederverheirateten Geschiedenen zur Kommunion, die Aufhebung des Zölibates sowie das Priesteramt von Frauen ein. Umstritten waren seine Bischofsernennungen in einigen Ortskirchen und Maßregelungen von manchen Theologen sowie seine Haltung zur Befreiungstheologie. Die Weltkirche führte er mit starker Disziplin. Er erneuerte das Kirchenrecht (CIC 1983), führte 1989 eine Kurienreform durch und gab 1993 einen Weltkatechismus heraus.
Bewegender Abschied. Der Tod des an Parkinson leidenden Pontifex am 2. April 2005 bewegte viele. An die vier Millionen Menschen, darunter 200 Staats- und Regierungschefs sowie hohe Religionsvertreter, nahmen an der Begräbnisfeier teil. „Santo subito“-Rufe forderten seine sofortige Kanonisation. Der Gedenktag des 2014 Heiliggesprochenen ist der 22. Oktober, der Tag seiner Amtseinführung als Papst.
Michaela Sohn-Kronthaler
Autor:SONNTAGSBLATT Redaktion aus Steiermark | SONNTAGSBLATT |
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