Diözesangeschichte
Ein Apostel der Steiermark
Roman Sebastian Zängerle. Von 1824 bis 1848 wirkte der vor 250 Jahren Geborene als seelsorglicher Reformbischof in der Steiermark.
Zu den bedeutendsten Bischöfen unserer Diözese zählt Roman Sebastian Zängerle, der vor 250 Jahren am 20. Jänner 1771 in Oberkirchberg bei Ulm (damals Vorderösterreich) geboren wurde. Im Blick auf sein Leben lassen sich drei Phasen festmachen: als Benediktiner, als Theologieprofessor und als Diözesanbischof.
Benediktiner. Franz Xaver Sebastian, so sein Taufname, stammte aus der kinderreichen Familie des Seifensieders und Händlers Johann Zängerle und der Elisabeth Brotam. Er absolvierte das Gymnasium des Benediktinerklosters Wiblingen. Dort trat der 17-Jährige zusammen mit dem späteren Linzer Bischof Gregorius Thomas Ziegler (1770–1852) ein. Auch zwei seiner Brüder wurden Mönche. Bei der Feierlichen Profess erhielt Zängerle den Ordensnamen Roman, den er auch nach der Säkularisation jenes Klosters beibehielt. 1793 empfing er in Konstanz die Priesterweihe.
Ab 1798 wirkte er als Professor der Heiligen Schrift an der ordenseigenen Hauslehranstalt. Nach seinen Promotionen zum Doktor der Philosophie und der Theologie an der Benediktineruniversität Salzburg wurde er dort Professor für orientalische Sprachen und die Heilige Schrift, daneben für Pastoraltheologie.
Theologieprofessor. Im Zuge der Auflösung seines Heimatklosters Wiblingen 1806 ging Zängerle in die Erzabtei Tyniec nach Galizien. Nach Professuren in Krakau und Prag lehrte er Neues Testament an der Universität Wien. 1821 wurde er Mitglied des Metropolitankapitels zu St. Stephan. In der Reichshauptstadt prägte ihn besonders sein Beichtvater Klemens Maria Hofbauer (1751–1820), der später heiliggesprochene „Apostel von Wien“.
Diözesanbischof. Mit Roman Sebastian Zängerle wurde am 18. Mai 1824 wieder ein Fürstbischof für die seit 1812 vakante Diözese Seckau bestimmt, ernannt vom Salzburger Fürsterzbischof Gruber. Am 12. September erhielt er als 49. Bischof des Seckauer Bistums die Weihe, Ende Oktober übernahm er die Amtsgeschäfte. Damit verbunden war die Mitverwaltung der seit 1808 vakanten Diözese Leoben für die Obersteiermark, die erst 1786 errichtet worden war. Übrigens wurde mit Zängerle erstmals seit 1633 wieder ein nichtadeliger Bischof ernannt.
Priesterbildung. Nach einer Bistumsvisitation zwischen 1825 und 1828 begann er mit der geistlichen Erneuerung des Weltklerus, schrieb für diesen Frömmigkeitsübungen und Exerzitien vor. Zängerle förderte das Priesterseminar (1828 hatte es 160 Alumnen), indem er hervorragende Leitungspersönlichkeiten, so Regens Alois Schlör (1805-52) und Spiritual Josef Büchinger (1803-86), berief. 1839 gab er dem Seminar neue Statuten, worin der Bischof seinen Leitungsanspruch gegenüber den staatlichen Behörden durchsetzte.
In seiner Amtszeit entstand in Graz mit dem Knabenseminar „Carolinum“, 1830 von Hofkaplan Franz Sebastian Job für die Diözese Leoben gestiftet, die erste österreichische Gründung dieser Art. Das Seminar wurde 1842 als „Carolinum-Augustineum“ erweitert und für die Diözese Seckau bestimmt.
Orden. Dem Bischof lagen aber auch die Orden sehr am Herzen. Er reformierte die älteren Klöster und förderte die Niederlassung neuer Orden und Kongregationen, so etwa die Redemptoristen, Jesuiten, Karmelitinnen und Karmeliter sowie das Institut der Frauen vom Heiligsten Herzen Jesu. Zängerle sandte die junge Gräfin Maria Josefa Brandis (1815–1900), deren geistlicher Begleiter er war, mit anderen Steirerinnen zur Ausbildung bei den Barmherzigen Schwestern vom hl. Vinzenz von Paul nach München. So wurde jenen 1841 eine erste Niederlassung beim Allgemeinen Zivilkrankenhaus in der Grazer Paulustorgasse möglich. Er genehmigte auch die 1843 erfolgte Gründung der Grazer Schulschwestern, die auf die Fürstenfelderin Antonia Maria Lampel (1807–51) zurückgehen.
Der Diözesanbischof förderte die Bruderschaften und die Wiedereinführung des Dritten Ordens sowie die Volksmissionen und Volksexerzitien. Er hielt zahlreiche Fastenpredigten im Dom, welche auch im Druck erschienen, darunter auch Predigten bei den öffentlichen Andachten 1831 wegen der Gefahr einer Cholera-Epidemie.
Kirche und Staat. Zängerle führte die Diözese mit strenger Disziplin und lehnte etwa konfessionell gemischte Ehen strikt ab. Trotz seiner Loyalität gegenüber dem österreichischen Kaiserhaus scheute er schärfere Auseinandersetzungen mit dem staatlichen Gubernium nicht. Er trat gegen eine staatliche Bevormundung der Kirche durch das „josephinische System“ ein, betonte aber die Bedeutung der Kirche als Partnerin des Staates aufgrund ihrer wichtigen Rolle für die Gesellschaft.
Der Oberhirte, der seit Jahren an der Gicht litt, starb an den Folgen einer Lungenentzündung am 27. April 1848 in Graz. Er setzte als Universalerben das Knabenseminar ein. Seine sterblichen Überreste ruhen seit 2006 in der neuerrichteten Bischofsgruft des Grazer Domes.
Michaela Sohn-Kronthaler
Autor:SONNTAGSBLATT Redaktion aus Steiermark | SONNTAGSBLATT |
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