Zum Vatertag
Familie ist auch harte Arbeit

Dass Kinder einem wirklich viel geben, erzählt ein junger Vater im Gespräch mit dem SONNTAGSBLATT. Dass Kinder groß-ziehen aber nicht nur Freude macht, sondern auch harte Arbeit sein kann, weiß ein vierfacher Vater zu berichten. Er hält außerdem fest: Familienarbeit ist für unsere Gesellschaft überlebenswichtig und braucht mehr Wertschätzung. | Foto: Neuhold
  • Dass Kinder einem wirklich viel geben, erzählt ein junger Vater im Gespräch mit dem SONNTAGSBLATT. Dass Kinder groß-ziehen aber nicht nur Freude macht, sondern auch harte Arbeit sein kann, weiß ein vierfacher Vater zu berichten. Er hält außerdem fest: Familienarbeit ist für unsere Gesellschaft überlebenswichtig und braucht mehr Wertschätzung.
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Erwerbsarbeit und Familienarbeit unter einen Hut zu bekommen, ist eine tägliche Herausforderung für Eltern. Wie es Müttern und Vätern dabei geht, woran sie scheitern, was gelingt und was Kinder denken – dem will diese zweiteilige Reportage auf den Grund gehen. Zum Vatertag Teil II: Vater und berufstätig sein.

Man will Freude haben an der Familie, aber irgendwann nimmst du sie nur mehr als Stress wahr“, erzählt Andreas (47), Vater von vier Kindern zwischen 12 und 20 Jahren. Trotz des großen Einsatzes seiner Frau, kam der Punkt an dem er sich etwas überlegen musste. „Ich war total leicht gereizt, das war ich vorher nie“, erinnert er sich an die ersten Jahre mit den Kleinsten. „Ich war einfach nicht mehr ich selbst“, beschreibt er die Auswirkungen des alltäglichen Stress mit mehreren Kleinkindern.

Eine Phase in der Simon (33) gerade mittendrin steckt. Seine ältere Tochter ist zweieinhalb Jahre alt, die Jüngere 7 Monate. „Hin und wieder fehlt mir schon der Schlaf“, meint er. Kinder führen einen in vielen Bereichen an die eigenen Grenzen und darüber hinaus. „Wenn die Große quengelt und weint oder einfach nicht einschlafen will, weiß ich mir manchmal nicht zu helfen“, erzählt er. Oder auch, wenn man sich über das Verhalten des Kindes ärgert. „Das sind so starke Gefühle, die ich vorher so nicht kannte“, erklärt Simon.

Was Andreas geholfen hat mit dem Stress besser umzugehen? „Ich begann mir täglich eine viertel oder sogar halbe Stunde Zeit zum Beten zu nehmen – im Sinne einer Meditation“, verrät er. „Ich war immer schon ein eher spiritueller Typ. Als dann der Leidensdruck durch den Stress so groß war, hab ich mir das angewöhnt.“ Und es hat geholfen. „Ich habe wieder zu mir selbst gefunden – noch mehr als vorher“, ist er überzeugt.

Papa-Monat ja, aber …
Simon wäre eigentlich gerne in Karenz gegangen, aber das ging beruflich nicht ohne die Unsicherheit, danach vielleicht ohne Job dazustehen. Doch den Papa-Monat hat er sich bei beiden Kindern genommen – auch gegen so manche Widerstände. „Die Chefin, die ich beim ersten Kind gerade hatte stand hinter mir und hat sich über meine Entscheidung gefreut“, erinnert er sich. Beim zweiten Kind war der damalige Chef nicht ganz so begeistert. „Mein zweiter Chef war nicht dagegen, aber er hat mich gebeten, den Papa-Monat zu einer Zeit zu nehmen, die ihm besser passt“, erzählt er. Aber Simon blieb dabei, dass er gleich nach der Geburt bei seiner Frau und den Kindern zu Hause bleiben wollte.

„Bei unserer ersten Tochter habe ich im Sommer kurzfristig auf zehn Stunden reduziert, um meine Frau zu unterstützen“, erzählt Andreas, aber eine Weile ganz in Karenz gehen, wäre auch beim ihm beruflich nicht möglich gewesen. Als seine Frau wieder in ihren Beruf einstieg, reduzierte er seine Arbeitszeit dauerhaft auf 30 Stunden. „Meine Arbeit kann ich mir zum Glück sehr flexibel einteilen, und so kann ich einen Tag in der Woche zu Hause bleiben“, erklärt er. Das habe einiges einfacher gemacht.

Natürlich habe seine Frau im Verhältnis immer mehr Betreuungs- und Familienarbeit übernommen, weiß Andreas. „Wobei ich sagen muss, dass ich, im Vergleich mit meinen Freunden, immer überdurchschnittlich viel gemacht habe“, was bei vier Kindern aber auch gar nicht anders gegangen wäre, fügt er hinzu. „Ich bin in der Früh aufgestanden und als erstes drei kleinen Kindern nachgerannt, um sie anzuziehen. Und auf dem Weg ins Büro bin ich zeitweise drei Stationen angefahren, um alle Kinder in die Schule, den Kindergarten oder die Krippe zu bringen“, berichtet er aus der intensivsten Familienphase. Mit vier Kindern sei einfach von allem mehr: mehr Wäsche, Einkäufe oder Geschirr zum Abwaschen. „Ich bin sehr dankbar für unser familiäres Netz“, so Andreas. Eltern, Schwiegereltern und Geschwister haben die Familie oft unterstützt.

Vom Loslassen und Binden
An einen ersten Moment des Aufatmens erinnert sich Andreas: „Als die beiden Jüngeren so um die fünf oder sechs Jahre alt waren, lag ich wochenends auf der Terasse in der Sonne. Die Kinder sind herumgelaufen und haben gespielt. Da dachte ich mir zum ersten Mal bewusst: Jetzt bleibe ich liegen. Sie sind groß genug. Wenn sie etwas brauchen, rufen sie mich“, erzählt er. Bis dahin war Andreas gewohnt, immer ein Auge auf die Jüngsten haben zu müssen. Diese intensive Phase liegt inzwischen hinter ihm. „Anfangs wusste ich gar nicht, was ich mit freier Zeit anfangen soll, weil ich das einige Jahre nicht hatte“, erinnert er sich. Heute kann er auch wieder Hobbys nachgehen.

Freizeit ist für Simon dagegen gerade eher ein Fremdwort. Auch wenn er sich eingesteht: „Meine Frau muss momentan sicher auf viel mehr verzichten.“ Neben Arbeit und Familie macht er eine zusätzliche Ausbildung. „Ich kann auch leichter einfach duschen gehen, meine Frau ist froh wenn sie sich in Ruhe die Haare waschen kann“, berichtet er vom Alltag mit Baby und Kleinkind.

Simon hat viele Geschwister, und der Vater war kaum zu Hause. „Er hat unglaublich viel gearbeitet, um für uns alle zu sorgen“, erinnert sich Simon. Er selbst möchte es anders machen. „Ich habe mit 15 Jahren das erste längere Gespräch mit meinem Vater geführt, als ich mit ihm mit zur Arbeit bin. Da habe ich ihn erst richtig kennengelernt, und herausgefunden, dass er sehr witzig sein kann und man gut mit ihm reden kann“, erzählt er. Für seine Kinder möchte er präsenter sein. Ihm ist es wichtig, dass sie früh eine Bindung zu ihm haben. „Mütter sind da im Vorteil“, meint er. Da beginne der Bindungsaufbau schon in der Schwangerschaft, so habe er es bei seiner Frau erlebt. Darum nimmt Simon sich viel Zeit, zum Beispiel bei der Einschlafbegleitung. „Die ersten eineinhalb Jahre habe ich die Große jeden Abend mindestens eine halbe Stunde getragen, bis sie eingeschlafen ist“, erzählt er. Diese Nähe geben Simon und seine Frau den Kindern gern. „Wir wissen, dass es ihnen gut tut.“

Andreas hat durch seine Erfahrungen als Familienvater eine ganz klare Botschaft an Politik und Gesellschaft: „Familienarbeit braucht mehr Wertschätzung. Denn es ist nicht immer nur schön, sondern auch harte Arbeit!“ Was Familien für die Gesellschaft leisten, wird zu wenig gesehen, findet er und fordert einen Blickwechsel hin zu einem „Du hast Kinder – das ist gut für uns alle und wichtig für die Gesellschaft!“ Simon meint, dass viel mehr Väter zu Hause bleiben sollten: „Man kriegt einfach wahnsinnig viel zurück. Ich wüsste nicht, was mir sonst so viel gibt, wie meine Kinder.“

Katharina Grager
Die Namen wurden von der Redaktion geändert.

Autor:

SONNTAGSBLATT Redaktion aus Steiermark | SONNTAGSBLATT

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