Festmesse am 24. Juli
700 Jahre Pfarre Scheibbs

Foto: Erhard Radinger
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Wollte man früher das Stadtrecht erwerben, so musste man einen Kübel Wasser auf den Kirchturm schleppen können“, erzählt der Pfarrer von Scheibbs, Anton Hofmarcher. Denn die Stadt wusste genau, wie gefährlich eine Feuersbrunst sein kann: 1645 wurde der Ort davon schwer getroffen.

Auch heute noch sind den Scheibbsern ihre Gemeinde und ihre Kirche wichtig. „Viele Bewohner meinen“, so Pfarrer Hofmarcher, „wenn man den Turm der Kirche, die Maria von Magdala geweiht ist, sieht, ist man zuhause!“

Auf ihre „Magdalenen-Kirche“ sind die Scheibbser stolz. Sie bildet ein Ensemble mit Schloss Scheibbs, Stadtmauer und Pfarrhof und ist eine der größten Kirchen Niederösterreichs. Die mächtige dreischiffige und siebenjochige Hallenkirche wurde in ihrer heutigen Form allerdings erst Ende des 15., Anfang des 16. Jahrhunderts – möglicherweise unter Einbeziehung älterer Mauerteile – errichtet und 1645 nach einem Brand barockisiert. Sie wurde sowohl innen wie außen umgestaltet und auch neogotische Elemente sind im Inneren sichtbar. Scheibbs erlangte früh als Handelsstadt Bedeutung und Wohlstand, eine Frucht davon ist die beeindruckende Kirche.

Vor 700 Jahren wurde die Pfarre gegründet, am 24. Juli, 10 Uhr, wird das gebührend mit einer Festmesse gefeiert, die Dechant Herbert Döller leitet. Der Veranstaltungsbogen zieht sich über das ganze Jahr. Es findet jeden Monat eine Veranstaltung zum Jubiläum statt. Vorträge, Konzerte, eine gemeinsame Wallfahrt, Kirchturmführungen, Einbeziehung in das Bezirksfest anlässlich „100 Jahre Niederösterreich“ und eine Kreuzweihe sind Teile der Jubiläumsreihe.

Patronin Maria von Magdala

Zum Jubiläum wurde bereits eine prächtige Festschrift veröffentlicht, im Oktober wird in der Bezirkshauptstadt eine 300 Seiten starke Chronik präsentiert. Auch die Pfarrpatronin Maria von Magdala – österliche Prophetin und „Apostolin der Apostel“ – steht immer wieder im Zentrum von Veranstaltungen und Aktionen (z. B. „Magdalenen-Brot“). Pfarrer Hofmarcher erinnert an ihre Bedeutung: „Sie kommt in den verschiedensten Lebenslagen zu Jesus und erfährt ihn als Heiland.“

Der Scheibbser Erwin Huber zeichnet die Geschichte nach: „Am 2. Mai 1322 schenken Bischof Albrecht und das Domkapitel von Passau die Pfarre St. Leonhard am Forst und die Filialkirche von Scheibbs der neu gegründeten Kartause Mauerbach.“ Bei dieser Gelegenheit haben Bischof und Domkapitel von Passau die Ausscheidung der bisherigen Filialkirche der heiligen Maria Magdalena zu Scheibbs aus der Pfarre St. Leonhard am Forst und ihre volle Unabhängigkeit verfügt. Das heißt, mit dem Begräbnisrecht und der freien Verwaltung der Sak­ramente in dem bisherigen Wirkungsbereich.“ Eng verflochten war die Pfarre Scheibbs stets mit der Kartause Gaming – diese wurde 1782 aufgelöst.

Marien-Statue überstand Brand

Am 24. August 1645 geschah durch die Unvorsichtigkeit eines Bürgers der erwähnte Brand, der an Kirche, Turm, Bruderschaftsgebäude und Pfarrhof einen verheerenden Schaden anrichtete. Das Dach der Kirche und der Turm samt den Glocken wurden ein Raub der Flammen. Im Innern der Kirche wurde ein schwerer Schaden angerichtet und das einige Jahre vorher errichtete Bruderschaftsgebäude brannte ebenfalls nieder. In der Vorhalle des Bruderschaftsgebäudes stand in einer Nische eine alte Marienstatue. Es ist dies die Gnadenstatue von Scheibbs, eine spätgotische Madonna, die in einer Hand das Zepter trägt und auf dem anderen Arm das göttliche Kind. Diese Statue wurde inmitten der schrecklichen Verwüstungen unversehrt gefunden und befindet sich heute am Marienaltar der Kirche.

Pfarrer Hofmarcher sagt, an der Kirche sei immer weitergearbeitet worden, immer wieder wurde erneuert und weiterentwickelt.

Auch auf prominente kirchliche Persönlichkeiten kann die Pfarre verweisen: Berthold Dietmayr kam in Scheibbs als Sohn eines Hofrichters zur Welt, 1700 wurde er Abt des Benediktinerstiftes Melk. In prägender Erinnerung blieb Dietmayr, weil er ab 1702 das mittelalterliche Stift durch Jakob Prandtauer, später durch Joseph Munggenast barockisieren ließ. In den 1930er-Jahren holte sich Kardinal Franz König wertvolle Erfahrungen als Kaplan in Scheibbs.

Aber die Pfarre Scheibbs mit ihren rund 3.500 Katholiken ist nicht nur von der Tradition geprägt. Auch jetzt ist sie sehr lebendig. Davon zeugen etwa die Kleinkindgruppe, der Frauenliturgiekreis, der engagierte Pfarrgemeinderat oder die Ministrantenpastoral. „Erst kürzlich haben wir ein Ministranten-Völkerballturnier für mehrere Pfarren ausgerichtet und einen Ministrantenausflug organisiert“, erzählt Pastoralassistentin Maria Gratzer-Hagen. Ein weiteres Beispiel ist das Katholische Bildungswerk, das gemeinsam mit der Pfarre St. Georgen an der Leys – mit der Scheibbs einen Pfarrverband bildet – viele interessante Veranstaltungen anbietet. Auch sonst ist die Volksfrömmigkeit tief verankert, das zeigen die vielen Kapellen und die lebendigen Traditionen.

Besonders populär ist der Dreikönigsritt, den es seit 1946 gibt. Der Dreikönigszug besteht aus einem Sternträger, zwei Fanfarenbläsern, Gabenträgern, den drei Königen Kaspar, Melchior und Balthasar, Pferdeführern sowie als Hirten verkleideten Kindern und führt jedes Jahr am 6. Jänner von der Klosterkirche durch die Altstadt zur kostbaren mechanischen Krippe in der Stadtpfarrkirche. An fünf Stationen stoppt der Zug und nach Fanfarenklängen singen die Könige das Lied „Mia san de drei König aus dem Morgenland“.

Viele Verdienste hat sich die Pfarre in den letzten Jahren um die Hilfe und Aufnahme von Flüchtlingen erworben. Früher schon trug die Pfarre die Unterstützung von Hilfesuchenden mit. Zuletzt konnte man Geflüchteten aus der Ukraine in Scheibbs helfen.

Täglich finden sich Gläubige zum Rosenkranzgebet in der Kirche ein – auch das ist ein Zeichen gelebten Glaubens. Weiters finden sich viele Vereine mit der Pfarre eng verbunden und bringen sich ein.

„Wir wollen, dass die Menschen heute im Glauben verwurzelt sind und eine Zukunft haben. Vor allem in Zeiten wie diesen wollen wir auch Hoffnung geben“, betont Pfarrer Hofmarcher.

Eine Besonderheit verrät der Priester noch: „Die Menschen bleiben nach den Gottesdiens­ten immer gerne am Kirchenplatz stehen, um zu reden. Und das ist gut so, das fördert Begegnungen und das Miteinander!“

Foto: Erhard Radinger
Autor:

Wolfgang Zarl aus Niederösterreich | Kirche bunt

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