Interview mit Bischofsvikar Schöder
Kirche darf sich nicht aus der Bildung zurückziehen

Bischofsvikar P. Patrick Schöder (2. v. l.) mit dem Focus-Team der Studentenseelsorge Krems: Benedikt Krenn, Sarah Codalonga und Sarah Freddino. | Foto: zVg
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  • Bischofsvikar P. Patrick Schöder (2. v. l.) mit dem Focus-Team der Studentenseelsorge Krems: Benedikt Krenn, Sarah Codalonga und Sarah Freddino.
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Sie sind seit Februar Bischofsvikar für Schule, Hochschule und Studierendenseel­sorge – welche Aufgaben sehen Sie mit dem Amt verbunden?

Bischofsvikar MMMag. P. Patrick Schöder OSB: Dieses Bischofsvikariat ist ganz neu für die Diözese. Es gab zwar zuvor mit Msgr. Karl Schrittwieser einen Bischofsvikar für das Schulamt und den Religionsunterricht. Das neue Vikariat ist aber ganz neu aufgestellt und umfasst zwei Ressorts: den Schulbereich auf der einen Seite und die Universitäten und Fachhochschulen auf der anderen. Das Vikariat erfasst den gesamten Bildungsbogen eines Menschen: vom kirchlichen Kindergarten bis hin zur Studierendenseelsorge. Das ist ein riesiges Gebiet und auch für uns Neuland.

Wo sehen Sie die großen Herausforderungen Ihrer neuen Aufgabe?

Eine große Herausforderung für mich und für die Kirche insgesamt ist, die Verbindung mit den jungen Menschen wieder herzustellen oder sie neu zu suchen. Denn die Jugendlichen sind die Kirche von morgen. Da spielt Bildung eine wesentliche Rolle. Die Kirche darf sich nicht aus dem Bildungsbereich zurückziehen! Leider sehen wir in Österreich und darüber hinaus die Tendenz, dass viele katholische Privatschulen oder kirchliche Schulen abgegeben oder aufgelassen werden. Das geht in die falsche Richtung! Wir hier in der Diözese St. Pölten gehen ganz bewusst einen anderen Weg.

Sie sprechen hier die neue Schule, die heuer im Stift Göttweig gestartet wurde, an?

Ja, richtig, aber nicht nur. Es ist vielleicht vielen nicht bewusst, aber in der Diözese St. Pölten gibt es über 30 katholische Privatschulen. Eine davon ist die ISK (International School Krems) – eine bilinguale (Englisch und Deutsch, Anm. der Red.) und katholische Volksschule. Uns war klar, dass wir das weiterführen müssen und daher wurde heuer die Junior High School – also eine Mittelschule – in Göttweig gegründet. Es gibt auch schon Ideen, den nächsten Schritt anzudenken und die Sekundarstufe II auszubauen.

Werden wir in Zukunft noch genügend Religionslehrer haben?

In der Diözese St. Pölten sind wir in der glücklichen Lage, dass wir noch alle Religionsstunden selber besetzen können. Wir wissen aber, dass eine große Pensionierungswelle auf uns zurollt bzw. dass diese schon begonnen hat. Wir sind gefordert, dem entgegenzuwirken. Es gibt da mehrere Ansatzpunkte: Erstens müssen wir die Ausbildung auf attraktivere Beine stellen, damit sich Studierende auch für Religion entscheiden. Zweitens muss auch in den Pfarren für diesen Beruf viel mehr Werbung gemacht werden. Und drittens müssen wir auch auf die Qualität der Lehrenden schauen. Für das alles müssen wir daran arbeiten, dass die Ausbildung noch attraktiver wird und dass die Fort- und Weiterbildungen noch mehr auf die Bedürfnisse und Anforderungen der Religionslehrer ausgerichtet werden.

Wie stellen Sie sich das vor, dass in den Pfarren für den Beruf des Religionslehrers geworben werden kann?

Ein Beispiel: Eine in der Pfarre engagierte Mutter, deren Kinder schon studieren oder arbeiten, will sich neu orientieren und beruflich wieder Fuß fassen. Sie könnte doch Religion unterrichten. Man kann natürlich nicht erwarten, dass sie dafür ein volles Theologiestudium macht, daher muss man Möglichkeiten aufzeigen, wie man hier Interessierte ausbildet. Wir haben jetzt schon Möglichkeiten – aber diese müssen bekannt gemacht und ausgebaut werden. Darüber hinaus wollen wir auch Lehrer anderer Fächer verstärkt ansprechen, als Religionslehrer tätig zu werden.

Ist der Beruf Religionslehrerin/Religionslehrer in der heutigen Zeit noch erstrebenswert?

Es ist schon richtig, dass es die Religionslehrer heute oft nicht leicht haben. Es gibt so viele Vorurteile und negative Berichterstattung über die Kirche – damit sind die Pädagogen in den Schulen unmittelbar konfrontiert. Dennoch meine ich, dass dieser Beruf sehr schön und erfüllend sein kann! Man hat zudem die Möglichkeit, an der Kirche von morgen zu arbeiten und seinen Beitrag zu leisten. Denn wie die Kirche von morgen aussieht, hat ganz viel mit Beziehungsarbeit zu tun und da können Religionslehrerinnen und -lehrer ganz viel dazu beitragen. Es geht nicht nur um Glaubensinhalte, sondern vor allem auch darum, Möglichkeiten zu schaffen, dass die Kinder von Gott berührt werden können.

Aber ist es nicht so, dass die Jugend immer weniger mit Gott zu tun haben will?

Das glaube ich nicht! Ich denke, dass sich die Prioritäten verschoben haben und dass die Kirche heute ein Angebot von vielen ist. Aber meine Erfahrung als Lehrer und Studentenseelsorger ist, dass viele junge Menschen auf der Suche sind. Deswegen ist es wichtig, dass wir als Kirche mit den jungen Menschen ins Gespräch kommen und dass wir signalisieren: Die Kirche interessiert sich für dich und dein Leben, wir sind für dich da und Gott will, dass dein Leben gelingt.

Wie kann die Kirche in Kindergärten tätig werden?

Es gibt die Möglichkeit, dass Pfarrer oder Pastoralassistenten eine Stunde pro Woche Kindergärten besuchen können. Wenn man das gut nützt und den Pastoral­assis­ten­tinnen und -assistenten sowie den Priestern etwas in die Hand gibt und aufzeigt, wie man mit Kindergartenkindern gut ins Gespräch kommen kann, kann man etwas grundlegen, auf das man später aufbauen kann. Es ist von großer Bedeutung, hier darauf hinzuweisen, welche wichtigen Akzente die Kirche gerade in der Elementarpädagogik setzen kann. Ich selber habe die Erfahrung gemacht, als ich in der Volksschule unterrichtet habe, dass Kinder gesagt haben: „Den Pfarrer kenne ich, der war ja schon bei uns im Kindergarten.“ Positive Erfahrungen mit dem Glauben in Kindergarten oder Volksschule können Menschen bis ins Erwachsenenalter begleiten.

Sie sind Pater des Stiftes Göttweig und waren in Krems Religionslehrer und Studierendenseelsorger. Welche Erfahrungen bringen Sie ins Amt ein?

Ich unterrichte nach wie vor Religion und Englisch in Krems. Die Studierendenseelsorge, die ich 2014 auf Wunsch von Bischof Klaus Küng begonnen habe in Krems aufzubauen, habe ich an meinen Nachfolger, Piaristenpater Jinto Scaria, abgegeben. Ihm zur Seite stehen drei Studenten, die Focus-Missionare sind. Focus steht für „Fellowship of Catholic University Students“ – und heißt wörtlich übersetzt „Gemeinschaft katholischer Studentinnen und Studenten“. Diese missionarische Studentenorganisation hat ihre Ursprünge in den USA. Die drei Grundprinzipien von Focus sind: eine Vertrautheit mit Gott aufbauen, authentische Freundschaften anbieten und schauen, wie Spiritualität vervielfacht werden kann.

Was war und ist Ihnen in der Studentenseelsorge besonders wichtig?

Was mir ganz wichtig war: Ein Signal zu setzen und die jungen Menschen wissen zu lassen: Die Kirche interessiert sich für dich und dein Leben und wenn du jemanden brauchst, dann ist der Studentenseelsorger für dich da! Es ging ganz ähnlich wie bei der Arbeit von Focus ums Vernetzen untereinander, Freundschaften schließen und vorsichtig abtas­ten, was möglich und machbar ist und auch auszuloten, wo die Fachhochschulen und die Universitäten vielleicht sogar Unterstützung von der Kirche wünschen. Da gab es auch eine sehr gute Zusammenarbeit mit der Österreichischen Hochschülerschaft und da ist uns vieles gelungen. Eine Studentenseelsorge kann ich mir übrigens auch für den Standort St. Pölten sehr gut vorstellen.

Welches Ziel haben Sie als Bischofsvikar?

Mir ist wichtig, kleine Schritte zu setzen, um in die Richtung zu kommen, wo wir hinwollen: Wir wollen, dass die Kirche in der Bildungslandschaft Fuß fasst. Wir wollen die Beziehungen, die schon da sind – in St. Pölten und in Krems – in der Vernetzungsarbeit einander näher bringen. Die Kirche kann da sehr viel beitragen. Uns ist wichtig, dass die Kirche auch im tertiären Bereich, also auf Ebene der Fachhochschulen und Universitäten, etwas leis­ten kann. Es wäre auch Ziel, für diese Vernetzungsarbeit etwas anbieten zu können.

Und wie soll das geschehen?

Gerade in einem Vikariat, wo alles Platz hat – von der Elementarpädagogik angefangen bis hin zur Studentenseelsorge – müssen wir genauer hinschauen, wo wir andocken können. Denn wir haben einiges zu bieten. Gerade der Bildungsbereich war der Kirche immer schon ein wesentliches Anliegen. So ist auch die Gründung eines diözesanen Zentrums für theologische Fort- und Weiterbildung in Planung. Das Zentrum als Impulsgeber in theologischen Grundfragen soll Menschen im kirchlichen Dienst, aber auch darüber hinaus „theologische Basics“ mitgeben können. Mir ist es auch sehr wichtig, dass Menschen über ihren Glauben auskunftsfähig sind.

Zur Person

MMMag. P. Patrick Schöder kam 1983 in Durban (Südafrika) als Sohn eines Österreichers und einer Südafrikanerin zur Welt. Als er 15 Jahre alt war, übersiedelten die Eltern nach Österreich. Patrick Schöder besuchte das Aufbaugymnasium in Horn und knüpfte erste Kontakte zum Stift Göttweig. Als seine Eltern 1998 nach Südafrika zurückkehrten, blieb Schöder in Österreich, weil er hierzulande seine Matura machen wollte. Der damalige Abt von Göttweig, Clemens Lashofer (1941-2009), übernahm die Erziehungsvollmacht.

2006 trat P. Patrick in das Benediktinerstift Göttweig ein. Er studierte Theologie, Religionspädagogik und Anglistik in St. Pölten und Salzburg. Von 2010 bis 2014 war Pater Patrick als Kaplan und Seelsorger in den Pfarren Rabenstein/Pielach, Hofstetten-Grünau und in Loich tätig. Am 24. Juni 2011 wurde er zum Priester geweiht. 2013 trat P. Patrick in den Schuldienst in Krems ein und unterrichtet seitdem Religion und Englisch an der HAK/HAS Krems. 2014 wurde er von Bischof Klaus Küng zum Studentenseelsorger in Krems bestellt. Schöder hat die Rektoratsgemeinde der Piaristenkirche Krems neu aufgebaut und mit der Studentenseelsorge verknüpft.

Bischofsvikar P. Patrick Schöder (2. v. l.) mit dem Focus-Team der Studentenseelsorge Krems: Benedikt Krenn, Sarah Codalonga und Sarah Freddino. | Foto: zVg
P. Patrick Schöder bei einer Gartenfeier mit Studierenden in Krems. | Foto: zVg
Autor:

Kirche bunt Redaktion aus Niederösterreich | Kirche bunt

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