Interview mit Pater Sebastian Dumont
Als Missionar im Einsatz für die Armen
Pater Sebastian Dumont ist gebürtiger Belgier und seit Jahren für den Orden „Missionare Diener der Armen“ in Lateinamerika im Einsatz. Kürzlich besuchte er die Diözese St. Pölten und sprach im Interview mit „Kirche bunt“ über die Armut in Peru und in Kuba, über das Wirken seines Ordens und über die schönen und herausfordernden Seiten der Aufgabe als Missionar.
Warum haben Sie sich als junger Mann dazu entschieden, Mitglied bei den „Missionaren Diener der Armen“ zu werden?
Pater Sebastian Dumont: Ich bin in einer christlichen Familie aufgewachsen. Als Jugendlicher fragte ich mich, was ich mit meinem Leben tun soll und war innerlich auf der Suche. Ich hatte dann eine besondere Erfahrung in Lourdes, wo ich mit anderen Jugendlichen über das Thema Armut nachgedacht habe. Da habe ich diesen Wunsch verspürt, mein Leben in armen Ländern Gott zu schenken. Später habe ich durch eine Publikation die Gemeinschaft „Missionare Diener der Armen“ kennengelernt. Dort habe ich angerufen, denn ich spürte, dass Gott mich dort hinruft.
Cuzco ist der Hauptsitz der Gemeinschaft. Worin besteht dort die Arbeit des Ordens?
P. Sebastian: In Cuzco gibt es mehrere Gemeinschaften. Eine Gemeinschaft von 80 Schwestern kümmert sich etwas außerhalb der Stadt um Mädchen und kranke Kinder. Sie leiten eine Mädchenschule und betreiben Werkstätten, wo die Mädchen verschiedene Berufe lernen können. Ebenfalls außerhalb der Stadt liegt die sogenannte Bubenstadt, wo die Priester und Brüder wohnen und eine Schule samt Internat leiten, sowie ein Berufungszentrum und Werkstätten, wo die Burschen verschiedene Berufe erlernen können. Es wird viel in die Bildung investiert, denn das ist einer der Schlüssel zu einem Leben in Würde. In Cuzco leben auch Familien aus verschiedenen Ländern, die sich als Missionare in den Dienst der Ärmsten gestellt haben. Sie sind vorwiegend in den Werkstätten und in den Schulen tätig.
Wie zeigt sich in Peru die Armut, mit der die Menschen konfrontiert sind?
P. Sebastian: Die Mehrheit der Menschen lebt in kleinen Dörfern, die weit verstreut in den hohen Bergen liegen und mit dem Auto nur sehr schwer erreichbar sind. Das Leben dort ist von bitterer Armut und Gewalttätigkeit geprägt. Die Menschen leben meist nur von der Arbeit auf dem Feld. Sie ernten Kartoffeln und ein bisschen Gemüse, meist haben sie Haustiere, wie Kaninchen oder Schafe, die an Festtagen gegessen werden. Die Leute dort kennen keinen Überfluss, denn das Leben in den Bergen ist wirklich hart. Die Männer arbeiten den ganzen Tag auf dem Feld – egal, ob bei starker Sonne oder bei Regen – ohne Traktoren und Maschinen. Vielfach ist es so, dass sie sich am Ende des Arbeitstages betrinken. Dann kommen die Männer nach Hause und werden gegen ihre Frauen gewalttätig. Es gibt auch Unmoral in den Häusern, die oft nur drei bis fünf Meter breit sind und meist keine Fenster haben. In den Häusern gibt es nur einen erdigen Boden und meist nur ein, zwei Zimmer, die als Küche und Schlafzimmer benutzt werden. Durch das Kochen gibt es viel Rauch in den kleinen, dunklen Zimmern. Die Kinder dort leiden oft sehr unter den Umständen. Unser Ordensgründer hat sich deshalb von Anfang an besonders den armen und verlassenen Kindern zugewandt. Ihm ging es darum, dass sie ein Essen bekommen, ein Zuhause haben und Bildung erhalten.
Pater Giovanni Salerno hat die Gemeinschaft im Jahr 1982 gegründet. Hat sich seit damals in Cuzco etwas verändert und verbessert?
P. Sebastian: In vielen Dörfern hat sich fast nichts verändert. Die Straßen sind etwas besser geworden, und heute gibt es mehr Elektrizität als früher. Aber die Gewohnheiten der Leute haben sich oft nicht verbessert. Die meisten haben wenig zu essen, aber viele haben ein Handy und fast alle haben einen Fernseher. Mit der Bildung haben wir einiges erreicht: Viele haben einen Berufsabschluss und einige haben studiert und wurden Priester oder Ärzte.
Peru gilt als katholisches Land. Ist da Mission notwendig?
P. Sebastian: Traditionell ist Peru schon ein katholisches Land, aber besonders in den Bergen fehlen die Priester. Dort gibt es sehr große Pfarreien mit Dörfern, die weit verstreut sind. Das Problem ist, dass die Priester nicht überall sein können und manchmal vergeht über ein Jahr, bis ein Pfarrer ins Dorf kommt. Dadurch entsteht oft ein Vakuum und evangelikale Sekten können dann tätig werden. Die Bevölkerung ist religiös und hat eine Sehnsucht nach Gott. Was wir sehen: Wenn ein katholischer Priester im Ort ist oder regelmäßig kommt, dann geben die Menschen ihm den Vorzug.
Sie sind jetzt in Kuba als Missionar tätig. Warum gerade Kuba, das bei uns eher als Urlaubsland bekannt ist?
P. Sebastian: Wir haben eigentlich nicht Kuba gewählt, sondern Kuba ist zu uns gekommen. Unser Orden wollte ursprünglich eine Mission in Argentinien, Chile oder Mexiko eröffnen, aber als wir noch auf der Suche waren und keine Antwort von den Bischöfen dieser Länder bekommen haben, hat uns ein Bischof von Kuba gefragt, ob wir dorthin gehen könnten, denn die materielle und seelische Armut im Land ist groß. Das Land war ursprünglich sehr katholisch, doch durch die lange Diktatur und die strengen Repressionen gegen die katholische Kirche und gegen die Gläubigen haben die Menschen gelernt – zumindest nach außen hin – Abstand von der Kirche und dem Glauben zu nehmen. Heute ist es nicht mehr so hart, aber die Mentalität ist noch geblieben und die Leute haben heute oft noch Angst, ihren Glauben zu zeigen und zu leben.
Wie kann man sich Ihren Einsatz auf Kuba vorstellen?
P. Sebastian: In der Diözese Cienfuegos sind etwa 15 Priester tätig sowie drei Missionare unseres Ordens. Nach unserer morgendlichen Gebetszeit und dem Frühstück gehen wir in die Pfarreien in der Umgebung. Jeden Tag versuchen wir, ein anderes Dorf anzufahren, um dort die heilige Messe zu feiern. Täglich machen wir Krankenbesuche, spenden den Menschen die Krankensalbung und versorgen sie so gut es geht mit Medikamenten, denn es gibt im Land einen großen Mangel an Medikamenten. Wir machen Hausbesuche und halten dort Katechese. Später essen wir gemeinsam, erledigen verschiedene Arbeiten im Haus oder im Garten. Am Ende des Tages beten wir den Rosenkranz, feiern gemeinsam die Vesper und nehmen das Abendessen ein.
Wo liegt für Sie die schöne Seite als Missionar und wo die herausfordernde Seite?
P. Sebastian: Die schöne Seite ist für mich, dass ich jeden Tag mit Jesus leben darf. Ich merke, am schönsten ist das, was Jesus in mir vollbringt. Er hilft mir ein bisschen mehr Mitleid zu haben und hilft mir in meiner Bekehrung. Eine Freude ist es auch, wenn die Leute für unseren Dienst danken, wenn wir Kinder taufen und die Kommunion austeilen dürfen. Das ist ja auch der missionarische Sinn meines Lebens.
Herausfordernd ist es, wenn man sieht, dass die Menschen Gott nicht in ihr Herz lassen und dass ich hier auch meine eigenen Grenzen akzeptieren muss. In den letzten Jahren war es körperlich auch schwierig, weil wir mit unseren Autos, die uralt sind, viele Probleme hatten. Es ist wirklich eine Herausforderung, wenn man in einem Dorf etwas organisiert hat und dann geht das Auto nicht und man kann nicht hinfahren. Zudem gibt es in Kuba einen Mangel an Benzin – wir bekommen nur alle fünf bis sechs Tage 20 Liter Treibstoff. Aus all diesen Gründen müssen wir dann lange Strecken mit dem Rad oder zu Fuß zurücklegen oder manchesmal, wenn der Ort sehr weit weg ist, den Besuch auch absagen.
Gibt es irgendetwas, wo Sie sagen, wir Europäer könnten eigentlich auch etwas von den Menschen in Lateinamerika lernen?
P. Sebastian: Die Leute in Kuba und in Peru sind sehr offen und ich habe durch sie viel Geduld gelernt. Wenn etwas heute nicht möglich ist, dann morgen. Und trotz ihrer großen materiellen Not sind die Menschen in diesen Ländern sehr gastfreundlich, das beeindruckt mich immer wieder.
Wie kann man die Mission unterstützen?
P. Sebastian: Wir sind dankbar für die Spenden, die wir für die Ausbildung der Kinder in Peru, Kuba und Mexiko verwenden. Wir bitten aber vor allem um das Gebet für unsere Mission und hoffen auf neue missionarische Berufungen, damit das Evangelium den Armen wieder neu gepredigt wird. Wir beten, dass junge Menschen in der Mission ihre Berufung finden.
Autor:Sonja Planitzer aus Niederösterreich | Kirche bunt |
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