Pilgerboom
Pilgern: Unterwegssein mit und zu Gott

Auf den Pilgerwegen sah man in den letzten Tagen und Wochen häufig kleine Pilgergruppen wie diese am Bild oben, die zur Coronakirche nach Leiben pilgerten. | Foto: zVg/Bernhard Gneissl
  • Auf den Pilgerwegen sah man in den letzten Tagen und Wochen häufig kleine Pilgergruppen wie diese am Bild oben, die zur Coronakirche nach Leiben pilgerten.
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Spätestens rund um das Pfingstfest startet alljährlich die Pilger- und Wallfahrtssaison. In der Diözese St. Pölten und darüber hinaus wurde in den vergangenen Jahren ein regelrechter „Pilgerboom“ wahrgenommen. Auch in Coronazeiten machen sich die Menschen auf dem Weg.

Für viele Menschen gehört es zur „schönen Jahreszeit“ einfach dazu: Das Nötigste in den Rucksack packen, gutes Schuhwerk an die Füße und dann aufbrechen, den Alltag und die Hektik hinter sich lassen, den Ballast, der auf den Schultern las­tet, abwerfen und sich auf den Weg machen. Als Pfarrgemeinde, in der Familie, mit Freunden oder allein – um zur Ruhe zu kommen, zu beten, zu bitten, zu danken, um sich selbst und Gott zu finden.
Während der Zeit des „Lock­downs“ waren Pilger- und Wallfahrten heuer bisher nur eingeschränkt möglich.

Dennoch machten sich einzelne Menschen oder kleine Gruppen auf den Weg. Davon weiß auch Anton Hochstöger aus Leiben zu berichten. „Jede Woche kommen Leute von weit und breit, um unsere Coronakirche zu besuchen.“ Die einzige in der Diözese St. Pölten der heiligen Corona gewidmete Kirche befindet sich in der Marktgemeinde Leiben (Bezirk Melk). Alljährlich findet dort rund um den 14. Mai, dem Gedenktag der Heiligen, ein Kirtag statt. „Heuer ist dieser wegen der Coronakrise ausgefallen“, berichtet Hochstöger. Er setzt sich nun da­für ein, dass es jedes Jahr am 14. Mai eine Pilgerfahrt zur Kirche geben soll und hat dafür sogar eine WhatsApp-Gruppe ins Leben gerufen. Allen, die jetzt schon zur Coronakirche bei Leiben pilgern wollen, rät Hochstöger, sich vorher zu erkundigen, da die Kirche wegen der Kunstgegenstände im Kirchenraum nicht immer aufgesperrt ist. Nähere Informationen bei Anton Hochstöger unter Tel. 0664/25 33 106.

Oft werden Pilgern und Wallfahren in einem Atemzug genannt: Doch die synonyme Verwendung ist nicht ganz richtig. Pilgerreisen gehen zurück auf das Mönchtum der Antike und des Mittelalters. Für die pilgernden Mönche, die eine konsequente Nachfolge Jesu zu ihrem Lebensziel machten, bedeutete das Pilgern ein Unterwegssein ohne festen Wohnsitz, ohne Anspruch auf Eigentum und Besitz, als Fremde unter Fremden in dieser Welt.
Pilger waren und sind oft allein unterwegs, ihr Reiseziel steht nicht im Vordergrund und oft auch nicht im Vorhinein fest. Die Motivation für das Pilgern war früher und ist auch heute noch sehr unterschiedlich. Nicht das Ziel, sondern der Weg war und ist – im Gegensatz zur Wallfahrt – entscheidend. Die Wallfahrt wiederum führt meist in Gruppen zu einem heiligen Ort, an dem die Wallfahrer bitten oder danken und gestärkt nach Hause zurückkehren.

Dennoch: Ganz so eindeutig zu trennen sind die Begriffe nicht, denn viele Pilger machen sich auf den Weg zu einem Wallfahrtsort. So gibt es auch in der Diözese St. Pölten viele Pilgerwege, die zu den heiligen Orten führen. Die Via Sacra, der Wiener Wallfahrerweg, der Pielachtaler Pilgerweg, der Zellerweg, der Niederösterreichische Mariazellerweg, der Ober­österreichiche Wallfahrerweg und der Große Mährische Wallfahrerweg führen alle nach Mariazell. Der Österreichische Jakobsweg führt über die Diözese in weiterer Folge bis nach Santiago de Compostela. Der Martinusweg als Teil der neuen Mittel­route der „Via Sancti Martini“ zwischen Szombathely in Ungarn und Tours in Frankreich, ist dem heiligen Martin gewidmet und folgt in der Diözese St. Pölten im Wesentlichen dem Jakobsweg. Der Mankerweg führt von St. Pölten nach Mank, geht auf ein Gelöbnis im Pestjahr 1645 zurück und wurde 2009 wiederbelebt, um der „Pest von heute“ entgegenzuwirken.

Pilgerbegleiter

Heute machen sich viele Pilgergruppen gemeinsam mit Pilgerbegleitern/innen auf den Weg. Eine Ausbildung zum Pilgerbegleiter absolvierte auch Karl Stöckler nach seiner Pensionierung. „Es war für mich eine schöne Erfahrung, nach Abschluss meines intensiven Berufslebens, mich öffnen zu können, loszulassen und frei zu werden“, sagt Stöckler. Ursprünglich wollte der Pensionist alleine pilgern, doch er habe erlebt, wie wertvoll und bereichernd eine Gruppe ist, so Stöckler, der nun andere Menschen auf ihrem Pilgerweg begleitet.

Im BildungsZentrum St. Benedikt in Seitenstetten wird im Herbst 2020 wieder ein Ausbildungslehrgang für Pilgerbegleiter gestartet. Dieser Lehrgang befähigt die Teilnehmerinnen und Teilnehmer, einzelne Personen oder auch Gruppen beim Pilgern spirituell zu begleiten, Pilgerwanderungen zu organisieren und die Faszination des Pilgern zu vermitteln. Unverbindliche Infoabende finden am 15. September um 19 Uhr im Bildungshaus St. Hippolyt und am 23. September um 19 Uhr im BildungsZentrum St. Benedikt in Seitenstetten statt. Nähere Infos zu Kosten und Anmeldung unter Tel. 07477/ 428 85 oder E-Mail an: bildungszentrum@st-benedikt.at.

Pilgerwege nah und fern

Klemenspilgerweg: Zum 200. Todestag des heiligen Klemens Maria Hofbauer wurde auf Initiative der Retzer Land Regionalvermarktung, der ZnojmoRegion und der Caritas der Erzdiözese Wien ein Pilgerweg von Tschechien durch das Weinviertel nach Wien eröffnet. Der Weg führt ein Stück weit auch – über Eggenburg – durch die Diözese St. Pölten und verbindet so drei Diözesen (Brünn, Wien und St. Pölten), viele Pfarren und zwei Länder (Tschechien und Österreich). Der Pilgerweg lädt ein, auf den Spuren des Heiligen zu gehen und dabei seine Heimat, sein Leben und sein Wirken und auch sich selbst besser kennenzulernen. Weitere Informationen unter: www.erzdioezese-wien.at.

Papst-Franziskus-Pilgerweg. Erst Anfang Mai wurde der neue Papst-Franziskus-Pilgerweg in der Steiermark ohne große Feiern eröffnet. Die 24 Kilometer lange Strecke führt von der Grazer Basilika Mariatrost zur Basilika am Weizberg in der Oststeiermark. Initiiert wurde der Weg vom Pilgerzentrum am Weizberg, das von Vertretern der seit 30 Jahren bestehenden „Weizer Pfingstvision“ getragen wird. Während der sechseinhalbstündigen Gehzeit gibt es für die Pilger sieben spirituelle Impulse, gestaltet u. a. vom Wiener Theologen Paul M. Zulehner, die mittels Mobiltelefon als Hörtexte und Videos über Papst Franziskus abgerufen werden können. Die von Jugendlichen gegründete „Weizer Pfingstvision“ ist seit 1989 Ausgangspunkt von Initiativen, bei denen sich Mystik und Politik verschränken. Infos zum Pilgerweg unter www.pfweg.eu.

Pilgern mit und an der Mariazellerbahn. Beim „Pilgern mit und an der Mariazellerbahn“ geht es um 6.35 Uhr von St. Pölten mit der Himmelstreppe nach Gösing, von dort zu Fuß weiter nach Annaberg-Reith, wo man entweder wieder in die Mariazellerbahn einsteigen und in den Gnadenort fahren kann oder zu Fuß über den Joachimsberg entlang der Via Sacra nach Mariazell pilgert. Anmeldung/Infos unter Tel. 0664/733 115 56 oder E-Mail an: alois.fahrnberger@aon.at.

Ein-Mein-Dein-Unser Weg nach Mariazell: Beim viertägigen Pilgerweg von St. Pölten nach Mariazell geht es durch das malerische Dirndltal. Etappenziele sind Hofstetten-Grünau, Loich und Annaberg. Begleitet wird die Gruppe dabei von einem zertifizierten Pilgerbegleitern. Die Kosten betragen 366 Euro pro Person im Einzelzimmer. Termine: 8. bis 11. Juli; 6. bis 9. August sowie 9. bis 12. September. Die Mindestteilnehmerzahl beträgt vier Personen. Nähere Informationen unter Tel. 07482/20 444 oder info@mostviertel.at.

Autor:

Sonja Planitzer aus Niederösterreich | Kirche bunt

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