Elisabeth Birnbaum
"Keine Scheu, die Bibel zu lesen"

Dr. Elisabeth Birnbaum | Foto: Markus Langer

Die Bibel mehr und mehr kennenzulernen, das ist so etwas wie ein lebenslanger Dauerauftrag für getaufte und gefirmte Christinnen und Christen. Elisabeth Birnbaum, Direktorin des Österreichischen Katholischen Bibelwerks, erläutert in diesem Interview die Facetten vieler biblischer Gestalten, die sich in ihrem neuen Buch „CRASHKURS Who is who der Bibel“ finden.

Kennen die Katholikinnen und Katholiken die Bibel? Oder gibt es da noch immer einen Aufholbedarf?
Elisabeth Birnbaum:
Ich würde sagen, die Bibel kennt man nie ganz. Aber davon abgesehen: Ich denke, dass sehr vielen Gläubigen die Bibel doch recht fremd ist. Und ich habe das Gefühl, dass manche auch eine gewisse Scheu vor dem Bibellesen haben. Und diese Scheu möchte ich ein Stück weit überwinden helfen.

Ihr „CRASHKURS Who is who der Bibel“ stellt wichtige Gestalten der Bibel vor. Warum ist es gut, dass wir etwas mehr über diese Gestalten wissen?
Birnbaum:
Ganz einfach: Sie gehören zum Zentrum unseres Glaubens und darüber hinaus zum Weltkulturerbe. Diese Gestalten begegnen uns in unseren Breiten häufiger als viele meinen: in den Kirchen, aber auch auf profanen Bauten, in Literatur, Musik und bildender Kunst bis hin zu Alltagsgegenständen wie Spielkarten oder Werbeplakaten. Sich selbst ein Bild von ihnen und ihren Geschichten zu machen und nicht in weit verbreiteten Stereotypen hängen zu bleiben, ist zum Verständnis der eigenen Kultur, meine ich, sehr wichtig.

Neben bekannten Gestalten wie Abraham (und Sara), Mose und David sowie Jesus kommen auch Jiftach und Isebel vor. Warum?
Birnbaum:
Jiftach und Isebel mögen in der Kirche nicht die häufigst gelesenen Texte sein, sind aber in unserer Kultur fest verankert. Von Jiftach/Jephthe gibt es mehrere Oratorien und auch Isebel ging als Gegenspielerin des Propheten Elija in die Musik- und Kunstgeschichte ein. Darüber hinaus sind es ambivalente, spannende Persönlichkeiten, die in der Bibel selbst eine wichtige, wenn auch kurze Rolle spielen.

Warum wird erst im Neuen Testament auch „Gott“ vorgestellt?
Birnbaum:
Nicht im Neuen Testament, sondern ganz am Schluss. Ich hätte ihn auch an den Anfang stellen können. Er ist ja das A und O, der Anfang und das Ende. Ich wollte aber, sozusagen aus dramaturgischen Gründen, mit dem Höhepunkt bis zuletzt warten. Außerdem ist das normalerweise auch der Weg, den viele Gläubige gehen: Zunächst lernen sie die Personen der Bibel kennen, ihre Geschichten und Erfahrungen, die sie mit Gott machen, und das ebnet den Weg, auch Gott selbst besser zu verstehen.

Was lernen wir von diesen biblischen Gestalten für unser Leben?
Birnbaum:
Vieles: Zum Beispiel, dass man nicht immer und in allen Dingen heilig sein muss, um mit Gott in Verbindung bleiben zu können. Oder dass die Wege Gottes oft unergründlich sind. Oder dass alle Arten von Menschen, starke, schwache, mächtige, ohnmächtige, Frauen, Männer eine ganz individuelle Berufung und einen ganz persönlichen Platz vor Gott haben. Und dass wir uns in ihnen finden und an ihren Stärken und Schwächen wachsen können.

Welche ist Ihre Lieblingsgestalt im Alten und im Neuen Testament? Und warum?
Birnbaum:
Das kann ich so nicht sagen. Vielleicht so: Meine Sympathie gilt oft denen, bei denen nicht alles glattgeht, sondern die mutig sind und doch auch manchmal zweifeln, die fromm sind und doch auch manchmal aufbegehren, die von Gott geliebt sind, obwohl sie kleine Macken haben wie zum Beispiel Jona oder der übereifrige Elija oder der oft so gar nicht ideale König David. Auch Mirjam, die Schwester des Mose, oder Sara gehören für mich dazu. Andere Gestalten mag ich, weil ich mich mit ihnen schon oft auseinandergesetzt habe wie Judit oder Maria Magdalena. Auch Marta finde ich interessant oder Thomas. Aber im Grunde habe ich zu allen Personen, die in meinem Buch vorkommen, einen Zugang. Interview: Stefan Kronthaler

Autor:

Kirche bunt Redaktion aus Niederösterreich | Kirche bunt

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