Allerheiligen und Allerseelen
Heiligenverehrung und Totengedächtnis
Allerheiligen und Allerseelen haben manches gemeinsam, aber doch einen je eigenen Akzent. Sie stehen am Anfang des Monats November, der oft auch Totenmonat genannt wird. Auch der Herbst erinnert uns vielfältig an die Vergänglichkeit.
Was genau wird zu Allerheiligen gefeiert? Die Antwort trifft auch bei vielen regelmäßigen Kirchgängern nicht immer ins Schwarze. Landläufig wird Allerheiligen mit dem Friedhofsbesuch und dem Gebet für die Toten verbunden. Doch das gehört eigentlich schon zum Allerseelentag – auch wenn die entsprechenden Feiern bereits am Nachmittag des 1. November stattfinden.
Allerheiligen ist das ältere der beiden Feste. Papst Gregor IV. hat es bereits im Jahr 835 auf das heutige Datum festgesetzt. Dabei wird – wie es der Name ja beinhaltet – der Heiligen und auch der Seligen der Kirche gedacht. Auf diese Weise sollen insbesondere jene Heiligen in den Mittelpunkt gerückt werden, für die im Lauf des Kirchenjahres einfach kein Platz zum Gedenken ist oder die nicht im alltäglichen Bewusstsein präsent sind. Das offizielle kirchliche Martyrologium kennt so viele Heilige und Selige, dass jeder Tag gleich mehrfach besetzt ist. Im liturgischen Kalender steht nur eine kleine Auswahl davon. Dabei werden vor allem jene bevorzugt, die regional von Bedeutung sind, wie z. B. die Heiligen einer Diözese, eines Landes bzw. einer Ordensgemeinschaft.
Theologisch steht das Allerheiligenfest in einem engen Bezug zu Ostern und der Auferstehung der Toten, insofern die Heiligen nach christlicher Überzeugung bereits in Gemeinschaft mit Gott stehen und die „Kirche des Himmels“ bilden. Man kann Allerheiligen in diesem Sinne als ein Fest der Erlösten verstehen, das die irdische Kirche gemeinsam mit ihnen feiert. Dementsprechend ist in der 1. Lesung aus dem Buch der Offenbarung von denen die Rede, die durch irdische Drangsale hindurch vor den Thron Gottes gelangt sind. Der 1. Johannesbrief (2. Lesung) ergänzt, dass wir jetzt Kinder Gottes sind und wir „ihm ähnlich sein werden, wenn er offenbar wird“.
Die ersten Heiligen waren allesamt Märtyrer
In der frühen Kirche waren Heilige in aller Regel Märtyrer, erst später kamen andere Glaubenszeugen wie Verfechter des Glaubens, Kirchenlehrer, Theologen, Jungfrauen, Ordensleute und auch Laien hinzu. Über Thérèse von Lisieux, eine Heilige der jüngeren Vergangenheit, bemerkt Kardinal Christoph Schönborn im Vorwort zum Buch „Von Bischofsstab bis Besenstiel – mit 365 Heiligen durchs Jahr“ der Autorin Bernadette Spitzer: „Diese Ordensfrau war überzeugt, dass wir alle heilig werden können, wirklich alle. Und dazu braucht es keine Wunder, keine übermenschlichen Leistungen. Nur zwei Dinge sind notwendig: ein kindliches Gottvertrauen und die kleinen Schritte des Guten im Alltag.“
Der hohe Rang des Festes lässt sich unter anderem daran ablesen, dass zahlreiche Musiker dafür eigene Messen komponiert haben. Die festliche kirchenmusikalische Gestaltung der Allerheiligenmesse hat auch in vielen Pfarren der Diözese St. Pölten Tradition.
Auch Allerseelen hat ein ehrwürdiges Alter. Es geht auf Abt Odilo von Cluny zurück, der es für alle Abteien, die dem Reformkloster Cluny unterstanden, vorschrieb. Das Dekret Odilos aus dem Jahr 998 ist erhalten geblieben. Der neue Gedenktag verbreitete sich über die Klöster hinaus, spätestens im 14. Jahrhundert auch in Rom und wurde somit ein allgemeiner kirchlicher Feiertag.
Allerseelen überträgt den Inhalt des Allerheiligenfestes in unser alltägliches Leben. Es richtet den Blick nicht auf die Heiligen, die uns als große Vorbilder oft auch fern und unerreichbar erscheinen, sondern weitet ihn aus auf alle Menschen, die im Glauben an Christus gelebt haben und in der Hoffnung auf die Auferstehung gestorben sind. So ist die Gräbersegnung und der Friedhofsbesuch am Allerheiligentag eine gute Verbindung der beiden Tage, des Hochfestes einer erlösten und zugleich demütig triumphierenden Kirche einerseits und der werktäglichen, in vieler Hinsicht unvollkommenen und dennoch hoffenden Kirche als irdischer Weggemeinschaft andererseits.
Schlager
Autor:Leopold Schlager aus Niederösterreich | Kirche bunt |
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