Fastenvorhaben
Fasten in Corona-Zeiten

Viele verzichten auf Süßes, Alkohol oder, wie Martina, auf Kaffee. Jeder soll sich überlegen, worauf er verzichten kann und will. Doch auch das Gebet und das Almosengeben gehören zur Fastenzeit. | Foto: Harald Oppitz/KNA
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  • Viele verzichten auf Süßes, Alkohol oder, wie Martina, auf Kaffee. Jeder soll sich überlegen, worauf er verzichten kann und will. Doch auch das Gebet und das Almosengeben gehören zur Fastenzeit.
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Die Corona-Krise wirkt sich auf meine Fastenvorhaben nicht aus“, sagt Martina aus der Nähe von Altlengbach. „Wie im Vorjahr ist das auch heuer nicht der Fall.“ Seit mittlerweile vielen Jahren verzichtet die Mutter zweier Kinder in der Fastenzeit 40 lange Tage auf den Kaffee und trinkt stattdessen nur Tee oder Wasser. Für sie sei diese Zeit daher unter diesem Aspekt eine besondere Abwechslung, aber auch eine Herausforderung, weil sie auf etwas verzichtet, was sie besonders schätzt. Sogar in Zeiten wie diesen will sie sich auf diese Weise auf Ostern vorbereiten. Martina sagt: „Ab Aschermittwoch verzichte ich auf vier Tassen Kaffee jeden Tag.“

Die Vorbereitung auf das Osterfest ist eine willkommene Gelegenheit, um Angewohnheiten kritisch zu hinterfragen. Manche blicken in dieser Zeit verstärkt auf ihre Ernährung, schränken den Alkoholkonsum ein oder verzichten auf Süßigkeiten. All das dient nicht nur dazu, den vielen Versuchungen, die sich im Alltag einstellen, zu widerstehen. Die Corona-Pandemie und der damit verbundene Lockdown brachte in vielen Bereichen Einschränkungen mit sich. Viele Menschen wollen nicht mehr auf etwas verzichten, sondern lieber das nachholen, was in der vergangenen Zeit einfach zu kurz gekommen ist. Hinzu kommen Kurzarbeit, Arbeits­losigkeit oder Home Office, die viele Menschen zusätzlich herausfordern und ihnen viel abverlangen.

Eigene Entscheidung

Die Entscheidung zum Fasten liege bei jedem Einzelnen, sagt Gerhard Reitzinger, Geistlicher Leiter der Pas­toralen Dienste der Diözese St. Pölten. Im Gegensatz zum Corona-Virus habe das Fas­ten aber eine Ende, das jeder sich selbst vorgibt und das daher auch absehbar ist. „Die erste Assoziation zum Fasten ist immer der Nahrungsverzicht“, sagt er. „Teilweise oder zur Gänze“, weil es am einfachsten geht. „Ich brauche beim Fasten nichts anderes, aber es fällt einem leichter, es mit anderen zu tun.“ Der positive Effekt sei dabei, dass es einem guttue und „wir es an unserem Körper spüren“. Der Verzicht auf bestimmte Speisen sei aber keine christliche Vorschrift, da jede Speise von Jesus für rein erklärt wurde, erklärt der Seelsorger. Fas­ten intensiviere die Beziehung zu Gott, dem Mitmenschen und dem eigenen Ich. Gemeinsames Beten in den Pfarren könne dies zusätzlich unterstützen.

Nur ja keinen Zwang

Alkoholfasten nennt Gerhard Reitzinger als eine von vielen Möglichkeiten der Entbehrungen in der Fastenzeit. Jeder soll sich aber selbst überlegen, worauf er verzichten kann und will und sich auch dabei ein bewusstes Ziel setzen. „Ein Zwang soll aber keineswegs dahinterstehen“, so Gerhard Reitzinger, der findet, dass wir auch leicht im Umgang mit den sozialen Medien fasten können, in dem wir nicht ständig erreichbar sind. Nicht reduziert werden dürfe aber der physische Kontakt zu den Mitmenschen, da viele in Zeiten wie diesen leider auch allein sind. Gespräche mit dem Nachbarn „übern Zaun“ seien für ihn eine willkommene Möglichkeit zum Austausch in der Corona-Zeit, ohne jemandem zu nahe zu kommen.

Beziehungspflege nimmt sich auch Martina in der Fastenzeit vor. Vermehrt will sie etwa auf ihr nahestehende Menschen zugehen, um ihnen ihre Zuneigung zu zeigen; mit ihnen das eine oder andere Wort wechseln. Sie bevorzugt zwar persönliche Treffen. Damit sie aber weder sie noch sich selbst gefährdet, tauscht sie sich heuer mit ihnen über das Telefon, über WhatsApp oder per E-Mail aus. „Auch das gehört für mich jedes Jahr dazu und bereichert diese Zeit für mich ungemein“, strahlt die Altlengbacherin. Menschen, die fasten, wirken positiver zu sich selber und zu den anderen, ist Gerhard Reitzinger überzeugt: „Ich kann damit ein Zeichen setzen, um den anderen besser wahrzunehmen.“

Innerlich zur Ruhe kommen

Fasten sei in der Corona-Zeit möglich, ohne dass es einem wehtue, findet auch Schwester Regina Fucik von der Kongregation der Schwestern von der Schmerzhaften Mutter, die seit 30 Jahren Fas­tenbegleitkurse leitet. „Wir sollen in der Fastenzeit auch innerlich wieder zur Ruhe kommen.“ Das sei sehr einfach, findet sie; etwa bei einem Spaziergang in der Natur oder mit einem Buch in der Hand. „Fasten kann ich auch, wenn ich 40 Tage auf meine Lieblingsspeise in der Bußzeit verzichte“, sagt Sr. Regina Fucik. Das tue gut und sei auch sehr leicht umsetzbar. Zusätzlich empfiehlt sie ein Tagebuch, in dem jede und jeder die Tagesziele einträgt. So soll sich jede und jeder mit dem Verzicht etwas leichter tun und sich daran erfreuen. „Darin kann etwa stehen, ob ich mehr Zeit mit den Kindern verbracht habe.“ So können etwa auch die Beziehungen in den Familien verdichtet werden, ist die Ordensschwester überzeugt. „Das ist aber nicht nur in der Fastenzeit, sondern auch unterm Jahr möglich.“
„Am Ostersonntag gönne ich mir wieder einen Kaffee“, jubelt Martina und schmunzelt. „Diesen zelebriere ich dann richtig.“ Optimistisch blickt sie auf die Fastenzeit im Jahr 2022 und hofft, „dann können wir nicht nur das Osterfest wieder so feiern wie früher“. Christopher Erben

Viele verzichten auf Süßes, Alkohol oder, wie Martina, auf Kaffee. Jeder soll sich überlegen, worauf er verzichten kann und will. Doch auch das Gebet und das Almosengeben gehören zur Fastenzeit. | Foto: Harald Oppitz/KNA
Wir können im Umgang mit sozialen Medien fasten, indem wir nicht ständig erreichbar sind. Der physische Kontakt mit Mitmenschen ist umso wichtiger. | Foto: pressmaster - stock.adobe.com
Autor:

Kirche bunt Redaktion aus Niederösterreich | Kirche bunt

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