Pilger, Fußballer, Religionslehrer
Religionslehrer Michael Jetzinger möchte mit seinem Unterricht junge Menschen bewegen.
CHRISTOPHER ERBEN
Als Michael Jetzinger vergangenen September das erste Mal in die Klasse gekommen ist, staunten die SchülerInnen nicht schlecht. Vor ihnen stand einer, der nur etwas mehr als zehn Jahre älter war als sie selbst – und noch dazu der Religionslehrer. „Eine Schülerin duzte mich sogar, wofür sie sich später entschuldigte“, erinnert er sich an die erste Stunde. Sie fragten ihn etwa, weshalb er sich für Religion entschieden hatte und wie er seinen Glauben lebt. Gerne denkt der 28-Jährige an dieses Erlebnis, als sie einander langsam kennenlernten und die SchülerInnen merkten, dass der Religionsunterricht mit ihm sehr interessant werden würde.
Lehrer und Touristenführer. Nach der Matura begann Michael Jetzinger Geschichte zu studieren und inskribierte Jahre später zusätzlich Theologie an der Universität Wien – „als Spätberufener“, wie er sagt. Beide Studien schloss er im vergangenen Frühjahr mit dem Bachelor ab. Der Niederösterreicher aus der Nähe von Amstetten unterrichtet derzeit an der Handelsschule und Handelsakademie in Eisenstadt – und, da er nur eine halbe Lehrverpflichtung hat, immer nur montags. Dafür pendelt er von Wien ins Burgenland, was ihm aber nichts ausmache, da er im Zug den Unterricht gut vor- und nachbereiten kann. An den anderen Tagen bereitet er sich nicht nur auf seinen Masterabschluss vor, sondern arbeitet auch im Time Travel Vienna-Museum in Wien. Hier führt er Touristen durch die Geschichte Wiens.
Im „Happy Lockdown“. Zurück in der Schule. Gesellschaftliche Themen greift Michael Jetzinger immer wieder im Unterricht auf: Wenn er in der Klasse zum Beispiel einen Youtuber thematisiert, der über Umweltschutz und Nachhaltigkeit berichtet. Solche Einstiege verwendet er, um tiefer in die Materie einzusteigen. Gemeinsam gehen sie dann den Schöpfungstext aus dem Buch Genesis durch. Diesen Bogen zu spannen sei das Seine. Aktuelle Ereignisse können aber auch den Religionsunterricht überschatten. Das war letzten November der Fall, als er die Stunde kurzerhand unter das Motto „Happy Lockdown“ stellte, und er seine SchülerInnen fragte, was sie sich in dieser Zeit vornehmen und worauf sie sich besonders freuen. „Ich wollte sie so von der aktuellen Situation ablenken und ihre Stimmung etwas heben“, erzählt der Pädagoge und begeisterte Hobby-Fußballer. „Nein, wir ließen uns nicht unterkriegen und zeigten Corona die Gelbe Karte.“ Der Unterricht ging auch im Lockdown weiter: Während ein Teil der SchülerInnen nach wie vor in die Schule kam, verfolgte der andere Teil von zu Hause den Unterricht.
Wallfahrt als Fixpunkt. Religionslehrer Jetzinger bezeichnet sich als einen sehr gläubigen Menschen. Oft spricht er ein kurzes Gebet vor den Mahlzeiten; bedankt sich vor dem Schlafengehen bei Gott dafür, was er an diesem Tag erreicht hat und dass dieser immer an seiner Seite steht und ihn motiviere. In diesem Moment fühle er sich ihm am nächsten. Ein Anker und Fixpunkt ist für ihn die jährliche Wallfahrt nach Mariazell, da sie für ihn eine schöne Glaubenserfahrung sei, die ihn auch präge und begleite. Auch davon berichtet er im Religionsunterricht. Denn dass ihr Lehrer seinen Glauben so offen lebt, war für die SchülerInnen etwas Ungewohntes und weckte deren Interesse und Aufmerksamkeit daran. Ich versuche sie immer wieder mit dem Schmäh zu packen“, strahlt Michael Jetzinger. „In beinahe jeder Stunde.“
Autor:Martina Mihaljević aus Burgenland | martinus |
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