Die Zukunft der (Er-wachsenen-)Bildung
Der Begriff „Bildung“ wird in vielen Kontexten diskutiert und von verschiedenen Perspektiven geprägt. Er hat Menschen aller Altersstufen als Adressat:innen.
Doch was bedeutet Bildung in einer sich ständig wandelnden Welt? Welche Rolle spielt die Kirche in diesem Diskurs?
Diesen und weiteren Fragen geht ein Theologischer Tag „Bildungsraum Kirche“ am 14. November nach. Im Vorfeld hat die Kirchenzeitung Martinus einige Fragen an Andreas G. Weiß, den Referenten und Autor des Buches „Kirche braucht Bildung“, gerichtet:
Was hat Sie dazu inspiriert, „Kirche braucht Bildung“ zu schreiben?
Andreas G. Weiß: In meinem Projekt flossen zwei Anliegen zusammen: Als Theologe wollte ich aus dem christlichen Glauben und der kirchlichen Sendung reflektieren, wie Bildung in den Gesamtauftrag unserer Gemeinschaft eingebettet ist. Es gibt zahlreiche Argumente, die die Bedeutung von Bildung für Staat, Gesellschaft, Wirtschaft u.Ä. hervorheben. Doch warum Bildung aus tief theologischen Gründen für die Kirche unentbehrlich ist, wird meiner Meinung nach viel zu wenig gewürdigt. Zudem beschäftige ich mich mit der Frage, wie sich die katholische Bildungsarbeit in einer sich wandelnden Kirche ändert und welche alternativen Wege bei sinkenden Ressourcen beschritten werden können.
Warum ist (Erwachsenen)Bildung aus zutiefst theologischen Gründen für die Kirche unentbehrlich?
Andreas G. Weiß: Das ergibt sich aus mehreren Grundüberzeugungen christlicher Praxis: Der Blick auf Jesus, dessen Predigt, Handeln und Auftreten zeigt, dass er für ein Menschenbild der „Befähigung“ eingetreten ist. Er wollte seine Jüngerinnen und Jünger dazu anregen, die Grundbotschaft, die er ihnen in Gleichnissen, Beispielen und Zeichen mitgegeben hat, in ihren jeweiligen Kontexten eigenständig zu leben. Dies ist eine fundamentale Sicht auf die Kirche, insbesondere wenn man die Pfingsterzählung ernst nimmt: Kirche ist in der Geschichte und Zeit gesandt, um als Werkzeug und Sakrament Gottes (Lumen Gentium) aufzutreten. Sie hat dabei die Menschen der jeweiligen Zeit als Adressat:innenschaft, mit denen sie in Austausch, Handeln und Dialog kommen will. Dazu braucht es Bildung – es braucht Wissen über die Menschen, die Welt sowie deren Anliegen und Fragen. Ohne diese fundamentale Bildungshaltung kann keiner der kirchlichen Grundaufträge funktionieren.
Wie sehen Sie die Zukunft der kirchlichen (Erwachsenen)Bildung in einer zunehmend säkularen Gesellschaft und welche Rolle kann und sollte die Kirche in der modernen Bildungslandschaft spielen?
Andreas G. Weiß: Eine kirchlich-theologische Bildung hat nur Sinn, wenn sie in einen größeren Zusammenhang, in ein Wechselspiel mit den anderen Wissenschaften, Lebensfeldern und dem alltäglichen Menschen gebracht wird. Ohne umfassende Bildungsarbeiten drohen Theologie und kirchliche Arbeit ihre Bodenhaftung mit dem Leben und mit ihren Adressat:innen zu verlieren. Christlicher Glaube war stets politisch und engagierte sich für die Gesundheit der Menschen, die Bewahrung der Schöpfung, die Rolle von Kommunikation und sozialer Frage. Ein christlicher Glaube, der sich auf den „rein religiösen Bereich“ zurückzieht, ist mir persönlich zu wenig – das betrifft selbstverständlich auch die Bildungsarbeit.
Das Interview führte
BIRGIT PROCHAZKA (Leitung des „Forum Katholische Erwachsenenbildung“ der Diözese Eisenstadt)
VERANSTALTUNGSHINWEIS
Donnerstag, 14. November: Theologischer Tag: Bildungsraum Kirche. Die Rolle von Bildung in Pastoral und Verkündigung, 9 bis 13 Uhr, Haus der Begegnung, Eisenstadt
Autor:martinus Redaktion aus Burgenland | martinus |
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