Orgelweihe in Rietz
Wie starker Zusammenhalt in der Pfarre Rietz der Orgel zu neuem Leben verhalf

Pepi Kranebitter vor der restaurierten Orgel in der Antoniuskirche in Rietz.  | Foto: Kircher-Pree
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Wurmbefall, Schimmelpilz, Rost, Verschmutzung und Abnützungserscheinungen haben die historische Substanz der Orgel stark in Mitleidenschaft gezogen“, verdeutlicht der Pfarrkirchenrat den Zustand vor der Renovierung. Für alle beteiligten Fachleute war das Ziel der zweijährigen Restaurierung klar: nicht Bestandssicherung, sondern die Wiederherstellung des Originals im Klangcharakter und im Erscheinungsbild. „Wenn alle an einem Strang ziehen, kommt das beste Ergebnis heraus“, beschreibt Pfarr-ökonom Pepi Kranebitter die gute Zusammenarbeit aller eingebundenen Experten – angefangen vom Bischöflichem Bauamt, über das Denkmalamt bis hin zur Kulturabteilung des Landes.

Restaurierung. In unzähligen Schritten wurde dafür das Musikinstrument von der bayerischen Orgelbaufirma Linder in seine Einzelteile zerlegt, innerlich und äußerlich gereinigt, der Blasebalg neu beledert, verleimt und die Wurmlöcher winddicht gemacht. Statt des mechanischen Fußgebläses wurde ein automatisches eingesetzt. 40 Prospektpfeifen aus Zinn, die 1918 zu Kriegszwecken eingeschmolzen und erst wieder 1933 durch billige Nachbauten ersetzt worden waren, wurden nun wieder mit Zinnpfeifen erneuert. Der Pettnauer Restaurator Wehinger sorgte in der ursprünglichen Farbgebung mit Marmorierungen und Waschgoldimitationen dafür, das Gehäuse der Orgel auch optisch dem barocken Ensemble des Kirchenraums anzupassen.

Finanzierung. Bereits 2012 gab es erste Überlegungen zur Renovierung der in Teilen mehr als 270 Jahre alten Orgel. 191.000 Euro mussten für das Projekt aufgebracht werden. Die größten Beträge übernahmen Gemeinde Rietz, Land Tirol, Bundesdenkmalamt, Landesgedächtnisstiftung, Diözese und Pfarre. Der ehrenamtliche Pfarrökonom schrieb 140 Firmen an und bat um Spenden. Für Pepi, damals noch berufstätig, war dies wie ein zusätzlicher Halbtagsjob. Viele Rietzer Vereine wurden aktiv, organisierten Veranstaltungen, um einen Beitrag zu leisten. Andere halfen bei Ab- und Aufbau, bei Elektroinstallationen und den Putzarbeiten tatkräftig mit. „Teilweise haben Privatpersonen monatlich und über Jahre hinweg regelmäßige Beiträge überwiesen. Die größte Privatspende betrug 9.500 Euro“, ist der Pfarrökonom über die herausragende Großzügigkeit zur Rettung dieses Kulturschatzes dankbar.

Wallfahrt. Eine erste am Tiroler Jakobsweg gelegene Kapelle aus dem Jahr 1676 wurde zwischen 1730 und 1733 als Saalbau erweitert. Wie aus Archivdokumenten hervorgeht, war es auch damals die Bevölkerung, die sich Erbauung und Ausstattung einiges kosten ließ. Dabei ist die Antoniuskirche hoch über Rietz nur eine von drei, neben der Pfarrkirche und der Kreuzkirche. „Antonius wird für alles, was materiell und immateriell verloren geht, angerufen: vom verlorenen Schlüsselbund bis zur verlorenen großen Liebe“, weiß Pepi vom großen Zulauf zur Wallfahrtskirche. Früher zeigte sich dies an den vielen Votivtafeln, heute in den Anliegenbüchern und an reichlich entzündeten Kerzen. Aufgrund mangelnder Priester wurde die Kirche zuletzt vor allem in der Karwoche mit dem nahe gelegenen Kalvarienberg, zum Kriegergedenken, für Maiandachten, Hochzeiten, Taufen und natürlich zum Patrozinium mit anschließendem Zeltfest genutzt.

Mit Leben erfüllt. Seit Herbst 2020 werden dreimal wöchentlich Messen in der außerordentlichen Form des Römischen Ritus gefeiert – eine Win-Win-Situation für beide Seiten, denn die Gottesdienstbesucher rund um Priester Stephan Müller reinigen wöchentlich die Kirche, sorgen für Blumenschmuck und ließen manches liturgisches Inventar restaurieren. In Zukunft wird die Kirche auch für Orgelkonzerte genutzt, denn „alle Organisten sind begeistert von diesem Kleinod und dem vollen Klangerlebnis der Barock-Orgel.“

Orgelerlebnis. Eine erste Reihe „OrgelErlebnis St. Antonius“ ist ab September geplant, was den musikalischen Chorleiter auch als Ökonom freut: der Erlös wird zur Abdeckung noch offener Renovierungskosten verwendet. Insgesamt ist Kranebitter bestrebt, das gesamte Ensemble von Kirche, Widum, Kalvarienberg und umliegenden Wald aufzuwerten – angeregt durch die Enzyklika „Laudato si“ soll ein Waldlehrpfad zur Antoniuskirche führen. „Meine größte Freude ist, wenn das Gotteshaus mit Leben erfüllt ist,“ so Pepi Kranebitter.

Eva-Maria Kircher-Pree

Autor:

TIROLER Sonntag Redaktion aus Tirol | TIROLER Sonntag

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