Neuer Seelsorger in der Universitätspfarre Innsbruck
Ein frohes Herz
„Langsam“ war das erste deutsche Wort, das Anthony Raj Thomas, gerade im Innsbrucker Servitenkloster angekommen, lernte. Das war 2016. Doch langsam geht es Anthony nicht an. Ganz im Gegenteil. Er ist spontan, herzlich und manchmal recht unkonventionell.
Die Kirchenbesucher des Seelsorgeraumes „Westliches Mittelgebirge“ haben sich in den vergangenen zwei Jahren daran gewöhnt, dass in der Kirche auch gelacht und geklatscht werden darf. Für Kooperator
Anthony ist die Kirche ein Ort der Freude. „Wo sonst sollen wir froh und glücklich sein, wenn nicht in der Kirche, wo Gott, der Allerheiligste, der Heilende, unser Schöpfer, wohnt, der uns liebt“. Deshalb lockert er die Liturgie gerne mit anschaulichen Geschichten, mit dazupassenden Accessoires,
mit Taferln, mit Parolen oder indischen Liedern auf.
Der eine oder andere Witz sorgt für eine frohe Stimmung. Die Ministrant/innen bindet er als „Mitspieler“ in seine Predigten ein. „Wenn wir ernst, still und verschlossen in der Kirche sitzen, kann in unserem Herzen nichts passieren. Wir gehen unverwandelt wieder nach Hause“, ist Anthony überzeugt.
Für die Predigt-Vorbereitung nimmt sich der 37-jährige Mann eine Woche lang Zeit.
Mission im Linienbus. Mit seiner offenen Art spricht er Mitfahrende im Linienbus ins Mittelgebirge an: „Sind Sie auch gläubig?“, „Beten Sie in Ihrem Herzen?“ Obwohl die Leute erst überrascht reagieren, entwickeln sich tiefe Gespräche daraus.
Als drittgrößte Religion nach Hinduismus und Islam ist das Christentum in Indien mit 28 Millionen Gläubigen und 2,3 Prozent der Gesamtbevölkerung missionarisch sehr aktiv. Die vielen Kinder und Jugendlichen machen die Kirche dort lebendiger. Diese bringen sich mit Altarschmuck und Tänzen in die Liturgie und Diakonie der Pfarre ein. Denn wer den christlichen Glauben angenommen hat, „muss für die Gemeinschaft der Christen Taten bringen“, so Anthony Raj Thomas.
Die gegenseitige Ermutigung, der Vorbildcharakter und das Verantwortungsgefühl füreinander im Glaubensweg seien stark ausgeprägt. Hierzulande sehe man hingegen schnell die persönliche Freiheit angetastet.
Anthony bemüht sich in der Seelsorge um die Beziehung zu den Kindern und Firmlingen, „denn sie sind die Zukunft der Kirche“. Wichtig ist ihm zu vermitteln, wie notwendig wir auch hier – trotz sozialer Absicherungen und unseres materiellen Reichtums – die Gnade Gottes brauchen. Und Anthony zitiert ein Sprichwort: „Ein dankbares Herz ist der Wohnort Gottes.“
Große Dankbarkeit empfindet der Seelsorger für die Mitbrüder im Innsbrucker Servitenkloster, für alle kleinen bis zu den ältesten Gläubigen im Westlichen Mittelgebirge sowie für seine Freunde in Österreich und Indien. Sie ermutigen ihn auf seinem Glaubensweg.
Berührende Botschaft. Anthonys ursprünglich hinduistische Familie zählte zu den ersten im Dorf, die sich Anfang der 1980er Jahre taufen ließ. Mit der frohen Botschaft des Evangeliums hatte ein Priester den Großvater bei Besuchen so sehr berührt, dass er der Kirche Land und Haus vermachte. Dort, wo damals sein Elternhaus stand, steht heute eine Kirche. In dieser wurde er 2015 zum Priester geweiht. Mittlerweile leben 3000 christliche Familien im Umkreis der Kirche.
Für Anthony war von klein auf klar, dass er Priester werden und Gott und den Menschen dienen möchte. Nach 13 Jahren Ausbildung zum Priester im Servitenorden wurden er und ein Kollege vom Generalprior 2015 gebeten, in Österreich tätig zu werden. Seine Antwort: „Sie brauchen unsere Hilfe und wir werden dort dienen.“ Es war seine erste Reise nach Europa. Inzwischen spricht er hervorragend Deutsch, an Nahrung und Klima hat er sich gewöhnt.
Schmerzvoll. Anthony möchte die Mitmenschen inspirieren. Obwohl er viel Freude verbreitet, kennt er auch die schmerzlichen Seiten des Lebens. Der mit seiner Familie sehr eng verbundene Priester empfindet manchmal starkes Heimweh. Schicksalsschläge, wie der plötzliche Verlust des jüngeren Bruders Sebastian vor einem Jahr oder der kürzliche Corona-Tod seines Onkels und seiner Tante trafen ihn persönlich schwer.
Der aus dem südöstlichen Bundesstaat Tamil Nadu stammende Priester verrät das Geheimnis seines frohen Herzens, das die Gedanken leicht macht: „Wenn ich Gott die positiven Rückmeldungen genauso wie meine Sorgen, all das Negative gebe, kann ich im Herzen immer frei und froh sein“.
Gemeinsam mit Jakob Bürgler und Sr. Elisabeth Senfter gehört P. Anthony nun seit kurzem zum Seelsorgeteam der Unipfarre.
Eva-Maria Kircher-Pree
Autor:TIROLER Sonntag Redaktion aus Tirol | TIROLER Sonntag |
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