23.Sonntag: H. Leopold Klenkart
Innehalten und sich vor Gott stellen
An diesem Text aus dem Markus-Evangelium fällt eine Änderung im Vokabular auf: In der Einheitsübersetzung von 1984 hörten wir: „Da brachte man einen Taubstummen zu Jesus und bat ihn, er möge ihn berühren.“ Seit der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts gilt das Wort „taubstumm“ als veraltet und wird von Betroffenen als diskriminierend empfunden (Quelle: Wikipedia). Die Betroffenen bezeichnen sich selbst als „gehörlos“ und wehren sich gegen das Wort „stumm“, weil sie über eine vollwertige Sprache – die (österreichische) Gebärdensprache – verfügen. Zudem bedienen sich Gehörlose im Alltagsleben mehr oder weniger verständlich der Lautsprache (Quelle: Handlaut. Gebärdensprachdolmetschen Vorarlberg). Die neue Einheitsübersetzung von 2016 korrigiert folgerichtig. Nun lesen wir: „Da brachten sie zu ihm einen, der taub war und stammelte.“
Für mich sind die entscheidenden Schritte dieses Heilungswunders: Jesus nahm ihn beiseite, von der Menge weg; er sprach ihm ein gutes, erlösendes Wort zu; er forderte sie auf, nicht darüber zu reden.
Setzen Sie sich in der Kirche still vor den Tabernakel. Wer sich darauf einlässt, erfährt dies oft als ein heilsames Wunder.
Das, so bin ich überzeugt, braucht unsere Gesellschaft heute: eine Pause, Unterbrechung, Alleinsein, Stille. In der Hektik des Alltags ist ein solches Innehalten geradezu heilsam. Dazu reicht es aber nicht, das Radio, den Fernseher oder das Handy abzudrehen. Es geht darum, dass ich mich selbst vor Gott hinstelle, vor sein Angesicht, in seiner Gegenwart innehalte. Wie das geht? Am besten in der Anbetung. In Ihrer Pfarre gibt es sicher auch Angebote der Anbetung oder Sie setzen sich in eine Kirche still vor den Tabernakel. Stellen Sie auch das nonverbale Reden der Gedanken ein. Geben Sie nicht auf, wenn es Ihnen nicht gleich gelingt – das braucht Übung! Wer sich darauf einlässt, erfährt dies oft als ein heilsames Wunder.
Die berüchtigten „3 K“ – Kriege, Krisen, Katastrophen – dominieren die Berichterstattungen frei nach dem Motto „Bad news are good news“ (schlechte Nachrichten sind gute Nachrichten). Jesus setzt einen Kontrapunkt: Effata, öffne dich! Es ist dieses eine gute Wort, das Jesus dem Kranken sagt. Es ist das gute Wort Gottes. Sie können es heute noch finden! In der Bibel! Es sind Worte, die den Blinden die Augen auftun, die Ohren der Tauben öffnen. Der Lahme springt wie ein Hirsch, die Zunge des Stummen frohlockt. In der Wüste wird Wasser hervorbrechen (vgl. Jes 35,5f). Es sind Worte, die Recht und Gerechtigkeit bringen und mir und den Menschen, die sie lesen und hören, Augen und Ohren öffnen für Gottes Liebe. Ich erkenne: Gott wird alles gut machen.
Besondere Erlebnisse bewahren
Jesus bittet die Menschen, nicht darüber zu sprechen. Ja, er verbietet es ihnen sogar. Jesus weiß um die Gefahr, Ereignisse zu zerreden. Immer wieder bin ich versucht, mich schnell, aber oberflächlich an Ergebnissen zu erfreuen und sie hinaus zu posaunen. Ihre tiefere Bedeutung geht mir verloren. Jesus wünscht, dass ich besondere Erlebnisse in meinem Herzen bewahre, darüber nachdenke, sie hüte, wie einen wertvollen Schatz. Dann können sie ihre ganze Wirkung entfalten, mich von innen her ausfüllen, erleuchten.
Wenn ich mich Jesus so anvertraue, werde ich das, was mir Ohren und Stimme verschlägt, erkennen. Er wird auch mir „Effata“ zurufen und ich kann mich heilsam öffnen. Ich erfahre, dass ich nicht für immer auf das, was mich niederdrückt, einschränkt, abhängig hält und krank sein lässt, festgelegt bin. Ich erfahre Heilung.
Innehalten und sich vor Gott stellen, in der Bibel sein heilendes Wort entdecken und es im Herzen bewahren und darüber nachdenken. Das sind die Heilungsmechanismen, die ich mir als Christ selbst aneignen darf und der Gesellschaft weiter geben soll.
Autor:Kirche bunt Redaktion aus Niederösterreich | Kirche bunt |
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