Fastenserie
Ich teile mit dir

- Father Leonard (3. v. r.) mit Schwestern der Vidiyalgemeinschaft aus Tamil Nadu in Südindien zu Besuch in St. Pölten.
- Foto: Fastenaktion
- hochgeladen von Kirche bunt Redaktion
In der Fastenserie greift „Kirche bunt“ heuer die sieben neuen Werke der Barmherzigkeit auf, die der deutsche Altbischof Joachim Wanke auf Grundlage der klassischen Werke der Barmherzigkeit, wie sie Jesus im Evangelium nach Matthäus nennt, neu formulierte. Persönlichkeiten aus der Diözese schreiben dazu ihre Gedanken. In der zweiten Folge widmet sich die Leiterin der Fastenaktion in der Diözese
St. Pölten, Marianne Ertl, dem neuen Werk „Ich teile mit dir“.
Auf dem Weg in Richtung Ostern, in der Fastenzeit, sind wir zum Innehalten eingeladen: Das eigene Leben betrachten, reflektieren, was wir wirklich brauchen und wie viel genug ist, sich bewusst wieder auf den dreieinigen Gott hin ausrichten. Bestimmte Vorsätze begleiten viele Menschen durch die Fastenzeit: Verzicht auf Süßigkeiten, Fleisch oder Alkohol, mehr Bewegung, weniger Zeit vor dem Bildschirm.
„Geteiltes Leid ist halbes Leid, geteilte Freude ist
doppelte Freude!“
Die Fastenzeit ist auch eine Zeit des Teilens. Teilen kann viele Gesichter und Facetten aufweisen. Ich teile mit dir das Gute, das Schöne, das Positive, all das gibt es – trotz vieler Krisen – im Leben eines jeden Menschen. Teilen kann man auch Zeit, Aufmerksamkeit, Mitgefühl, ein Lächeln. Ebenso gewinnt die alte Spruchweisheit gerade angesichts wachsender gesellschaftlicher Anonymität neues Gewicht: „Geteiltes Leid ist halbes Leid, geteilte Freude ist doppelte Freude!“
Teilen bedeutet auch, gerecht und solidarisch mit den Menschen und der ganzen Schöpfung zu leben. Hier geht es um das Teilen von Möglichkeiten, Chancen und menschlicher Nähe. Weil es auch in Zukunft keine vollkommene Gerechtigkeit auf dieser Welt geben wird, braucht es Hilfe für jene, die sich selbst nicht helfen können. Das Teilen von Geld und Gaben, von Möglichkeiten und Chancen wird in einer Welt noch so perfekter Fürsorge notwendig bleiben. „Ich teile mit dir“ – diese einfache und dennoch tiefgehende Formulierung beschreibt eine Haltung, die in allen großen religiösen Traditionen verwurzelt ist: die Haltung der Nächstenliebe. Die Fastenzeit ist in unserer Diözese auch die Zeit wichtiger Spendensammlungen in den Pfarren, bei denen es um einen Beitrag der Solidarität, um das Teilen mit Menschen am Rande der Gesellschaft geht.
In unserer Diözese wird etwa die Aktion Familienfasttag der Katholischen Frauenbewegung in vielen Pfarren durchgeführt, die sogenannten „Suppensonntage“ haben eine lange Tradition. Seit dem Jahr 1963 gibt es in der Diözese St. Pölten auch die Fastenaktion, bei der in allen Pfarren während der Fastenzeit für Projekte in Afrika, Asien, Lateinamerika und Österreich mit den allseits bekannten Spendenwürfeln gesammelt wird. In meiner Kindheit gab es noch die bunten Fastenwürfel aus Kunststoff – ich kann mich noch gut daran erinnern, dass sie bei uns zu Hause auf dem Esstisch standen.
Vor rund einem Jahr übernahm ich die Leitung der Fastenaktion und habe mich sehr gefreut, ein paar Exemplare der Plastikwürfel in meinem Büro zu entdecken; einige sind dort archiviert. Seit mehreren Jahren gibt es die wesentlich umweltfreundlicheren Fastenwürfel aus Karton – 150.000 Würfel sind derzeit in den Pfarren, Wohnungen und Häusern unserer Diözese im Umlauf. An dieser Stelle ein herzliches Danke an alle Menschen, die diese wertvollen Aktionen in den Pfarren Jahr für Jahr durchführen und unterstützen.
„Indem wir teilen, was auch immer es sein mag, kommen wir der Liebe Gottes und dem christlichen Gebot der Nächstenliebe ein Stück näher.“
Bei der Fastenaktion der Diözese spielt der Satz „Ich teile mit dir“ natürlich eine entscheidende Rolle. Wenn wir das Logo der Fastenaktion links genauer ansehen, wird sichtbar, worum es geht. Es ist ein Kreis, quasi eine Torte, zu sehen, bei dem ein Stückchen abgegeben wird. Die Botschaft dahinter: Ich gebe von meinem „Kuchen“ ein Stück an andere Menschen, die weniger haben. Wenn wir einen kleinen Teil von unseren Ressourcen abgeben und mit anderen Menschen teilen, können wir damit viel Gutes bewirken.
Kurz nachdem ich im März 2024 die Leitung der diözesanen Fastenaktion übernommen habe, durfte ich erste Gäste aus dem südindischen Bundesstaat Tamil Nadu in St. Pölten begrüßen. Sie sind Mitglieder der Mahalir Vidiyal Gemeinschaft. Diese Gemeinschaft wurde 1994 von Father Leonhard Fernando CSC gegründet und ist seit über zehn Jahren mit der Fastenaktion verbunden. Es ist ein großes Geschenk und eine Bereicherung, die Menschen persönlich kennenzulernen, deren Projekte mit den Spendengeldern der Fastenaktion unterstützt werden.
So trug die Fastenaktion in der Vergangenheit zur Ausstattung einer Schule der Gemeinschaft bei, aktuell werden dort über 800 Kinder, vorwiegend aus benachteiligten Familien, unterrichtet. Die Kinder erhalten täglich ein Mittagessen aus dem Gemüse von den eigenen Feldern, zubereitet von den Ordensfrauen. Die Region ist immer wieder von extremer, jahrelanger Dürre betroffen. Daher wurde eine neue Technologie, die der Tröpfchenbewässerung für die Landwirtschaft, installiert – auch mit Unterstützung der zahlreichen Spenderinnen und Spender der Fastenaktion. Der Wasserverbrauch konnte so um 80 Prozent reduziert und die landwirtschaftliche Produktion und damit die Ernährung der Schulkinder und der Gemeinschaft langfristig gesichert werden.
„Ich teile mit dir“ – das ist eine Einladung, aktiv zu werden, Verantwortung zu übernehmen und in einer Welt, die im Kleinen wie im Großen Solidarität braucht, gemeinsam eine gerechtere und menschenfreundlichere Zukunft zu gestalten. Indem wir teilen – was auch immer es sein mag – kommen wir der Liebe Gottes und dem christlichen Gebot der Nächstenliebe ein Stück näher. In diesem Sinne wünsche ich Ihnen und Ihren Lieben eine segensreiche, solidarische Fastenzeit!
Autor:Kirche bunt Redaktion aus Niederösterreich | Kirche bunt |
Kommentare