Fastenserie, Teil 6
Ich bete für dich

Seit 1985 beleben Karmelitinnen das Kloster in Maria Jeutendorf. Um ihren Lebensunterhalt möglichst selbst zu verdienen, betreibt die Gemeinschaft eine Hostienbäckerei und es werden Ikonen geschrieben. | Foto: zVg
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  • Seit 1985 beleben Karmelitinnen das Kloster in Maria Jeutendorf. Um ihren Lebensunterhalt möglichst selbst zu verdienen, betreibt die Gemeinschaft eine Hostienbäckerei und es werden Ikonen geschrieben.
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In der Serie zur Fastenzeit greift „Kirche bunt“ die sieben neuen Werke der Barmherzigkeit auf, die der deutsche Altbischof Joachim Wanke auf Grundlage der klassischen Werke der Barmherzigkeit, wie sie Jesus im Evangelium nach Matthäus nennt, neu formulierte. In der 6. Folge widmet sich Sr. Maria Johanna Jarma von den Karmelitinnen in Maria Jeutendorf dem Werk „Ich bete für dich“.

Vor 40 Jahren zogen acht Karmelitinnen aus dem Karmel in Mariazell in das frisch renovierte Kloster in Maria Jeutendorf ein. Bischof Franz Žak hatte sich sehr für die Errichtung eines kontemplativen Klosters in der Diözese St. Pölten eingesetzt. Am 15. September 1985 weihte er das Karmelitinnenkloster in Maria Jeutendorf ein.
Wozu brauchte es Orden, die nicht in der Seelsorge, in der Krankenpflege oder in der Bildung tätig sind? Wozu brauchen wir Gemeinschaften, die das Gebet in die Mitte ihrer Berufung und Sendung stellen? Wie bin ich dazu gekommen, in eine solche Gemeinschaft einzutreten?

Ich war eine junge, idealistische Frau. Ich wollte für andere Menschen da sein und ich überlegte auch, in die Entwicklungshilfe zu gehen. Nach der Matura absolvierte ich die Ausbildung zur Physiotherapeutin und arbeitete unter anderem auch mit behinderten Kindern. Diese Arbeit bereitete mir große Freude. Es ist schön, Menschen zu helfen, ihre Beweglichkeit und Muskelkraft wieder zu erlangen, sie zur Freude an der Bewegung zu führen und Schmerzen zu lindern.

Das betende Mit-Gott-Sein empfand ich immer mehr als meinen Auftrag für unsere Welt.

In mir spürte ich aber immer wieder, dass diese Arbeit „noch nicht alles gewesen sein kann“. Es gab für mich noch eine andere „Aufgabe“. Von Kind an spürte ich eine tiefe Verbindung mit Gott und erahnte auch die Möglichkeit, alles für Gott zu verlassen, um die Beziehung, die Freundschaft mit ihm in den Mittelpunkt meines Lebens zu stellen. Ich betete gerne und hatte tiefe Sehnsucht nach der Begegnung mit Gott, mit Jesus Christus, dem Urquell unseres Lebens. Das betende Mit-Gott-Sein empfand ich immer mehr als meinen Auftrag für unsere Welt, als das Wichtigste, was ich geben könnte. Mit 26 Jahren folgte ich dann dem Ruf Gottes in das Karmelitinnenkloster in Maria Jeutendorf.

Wir Schwestern beten. Wie sieht das konkret aus?

Wir Schwestern feiern täglich die heilige Messe, wir haben zwei Stunden inneres Gebet, das ein einfaches Verweilen bei Gott, unserem Freund, ist, und wir beten über den Tag verteilt das Stundengebet der Kirche. Auch während der Arbeit, die wir in Stille verrichten, öffnen wir uns für Gottes Gegenwart.
Beten ist Begegnung mit Gott. Es bedeutet nicht, eine Gebetsleistung zu vollbringen, sondern Beten ist Beziehung mit Gott, Vertrauen, Hingabe und Liebe. Beten ist sehr lebendig!

Alles, was wir im Herzen tragen, kommt zu Gott.

Es gibt vieles in unserer Welt, das nicht dem Plan Gottes für uns Menschen entspricht. Es gibt sehr viel Not und es gibt viel persönliche Not, von der wir erfahren. Unser Herz bleibt davon nicht unberührt und wir tragen diese Nöte mit uns. Im Gebet öffnen wir unser Herz für Gott und können ihm alles anvertrauen. Alles, was wir im Herzen tragen, kommt zu Gott. Wir können ihm alles übergeben, und das ist sehr befreiend. Jesus Christus hat sich in seiner Menschwerdung mit jedem Menschen vereint, er liebt jeden von uns ganz persönlich und hat uns alle in seiner Hingabe am Kreuz erlöst. Auf Jesu Tod folgte seine Auferweckung durch den Vater. Jesus ist der Auferstandene, der Lebendige, der Tod und Leid jeden Stachel genommen hat.

So führen das Gebet für andere und der Glaube zu einer großen Freude und Freiheit: Letztlich wird alles gut!
Die Menschen aus unserer Pfarre sagen uns immer wieder, wie dankbar sie sind, dass wir betend da sind. Wenn sie sehen, dass in unserem Gebetschor schon zeitig in der Früh das Licht brennt, fühlen sie sich für ihren Tag begleitet und beschützt. Gäste schließen sich unserem Gebet an und das gemeinsame Gebet in unserer wöchentlichen kontemplativen Gebetsgruppe ist für viele Teilnehmerinnen und Teilnehmer ein Fixpunkt.

Es versteht sich von selbst, dass das Gebet für andere nicht eine „Ersatzleistung“ sein kann. Die sieben „neuen Werke der Barmherzigkeit“ gehören zusammen und es geht um eine Herzenshaltung des Daseins für den anderen, die wir besonders auch in der Fastenzeit einüben können. Betende und liebende Menschen sind wie Fenster, durch die das Licht Gottes in unsere Welt strahlen kann.

Seit 1985 beleben Karmelitinnen das Kloster in Maria Jeutendorf. Um ihren Lebensunterhalt möglichst selbst zu verdienen, betreibt die Gemeinschaft eine Hostienbäckerei und es werden Ikonen geschrieben. | Foto: zVg
Das Kloster Maria Jeutendorf steht mit der Wallfahrtskirche weithin sichtbar auf einer Hügelterrasse an einer steilen Geländekante in der Ortschaft Maria Jeutendorf in der Marktgemeinde Böheimkirchen (Bezirk St. Pölten-Land ). 
Das ehemalige Servitenkloster steht unter Denkmalschutz. | Foto: Wikimedia Commons
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Kirche bunt Redaktion aus Niederösterreich | Kirche bunt

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