70. Geburtstag: Interview mit Bischof Schwarz
„Ich habe Freude am Leben und liebe die Menschen“
Am 14. Juni beging Bischof Alois Schwarz seinen 70. Geburtstag. Im „Kirche bunt“-Interview hält er Rückblick, spricht über seinen Alltag und erinnert sich an seine Geburtstage. Der Bischof sagt auch, was ihm in schwierigen Zeiten Kraft gibt und wie er seine vielen Aufgaben und Arbeit bewältigt. Er geht auf den Synodalen Prozess ein und was er sich von diesem für unsere Diözese und die ganze Weltkirche erwartet. Und Bischof Alois sagt, welche Fragen er aktuell als die drängendsten für die Kirche hält.
Wie feiert ein Bischof Geburtstag? Feiert er überhaupt?
Bischof Alois Schwarz: Gerne feiere ich, weil jede Feier eine Gelegenheit ist zu danken und das Leben als Geschenk zu sehen. Die Kostbarkeit der Lebenszeit mit anderen zu teilen in der Freude über das, was geschaffen werde konnte, schenkt Zuversicht. Ich freue mich, direkt an meinem Geburtstag bei der „Dienstagsmesse“ mit vielen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern zusammen Messe zu feiern und Danke sagen zu können.
Es gibt Priester, die sagen, der Geburtstag bedeute ihnen nichts und sie feiern nur Weihe- und Namenstage größer. Wie ist das bei Ihnen? Sie haben heuer im Februar ja auch Ihr 25-jähriges Bischofsjubiläum begangen.
Bischof Schwarz: Jeder Gedenktag, ob Geburts- oder Namenstag und auch der Weihetag, erinnert mich an Menschen, die mir das Leben geschenkt und mich auf meinem Weg begleitet und geführt haben. Da denke ich besonders an meine Eltern, die nach dem Zweiten Weltkrieg mir und weiteren vier Kindern das Leben geschenkt haben. Zu meinem Weihetag erinnere ich mich an die große Feier im Stephansdom und danke, dass ich mit 45 Jahren von Kardinal Christoph Schönborn zum Bischof geweiht wurde. Seine große Kraft des Brückenbauens bewundere ich immer wieder.
Erinnern Sie sich noch an Geschenke, die es daheim zum Geburtstag gab?
Bischof Schwarz: Es gab immer eine Kleinigkeit, auch etwas zum Anziehen. Der Brief und das Paket von meiner Mutter zu den Geburtstagen waren in meiner Internatszeit immer etwas Besonderes.
Wen würden Sie nennen, wenn man Sie nach Vorbildern in Ihrem Leben fragt?
Bischof Schwarz: Zuerst und ganz spontan fällt mir Jesus ein, von dem ich jeden Tag in der Bibel lese, mit dem ich feiere und eigentlich alles bespreche. Meine Eltern waren mir große Vorbilder: ihre unaufgeregte Art, den Glauben zu leben, ihr Pflichtbewusstsein, ihre Dynamik, ihr Miteinander für uns Kinder.
Kardinal Franz König hat mich zum Priester geweiht und ist mir – gerade auch als ehemaliger Bischof von St. Pölten – ein Fürsprecher. Papst Johannes Paul II. hat mich mit seinem Wort, dass der Mensch der Weg der Kirche ist, immer begeistert. Von Papst Benedikt lernte ich die Liebe zur Theologie und die Freundschaft zu Jesus schätzen. Für Papst Franziskus bete ich jeden Tag und staune über seine bilderreiche Sprache der Verkündigung.
Andere sind mit 70 Jahren im Ruhestand. Sie stehen mitten im Berufsleben und haben viele Termine, viel Arbeit zu bewältigen. Wie geht es Ihnen damit?
Bischof Schwarz: Ich habe Freude am Leben und liebe die Menschen. Mit großem Staunen darf ich in dieser Diözese so viele pastorale Initiativen sehen und engagierten Priestern und Pfarrangehörigen begegnen. Ich bin dankbar für die Gesundheit und die Kraft, die mir gegeben sind, und ich bin dankbar für mein Team aus Führungskräften, die gemeinsam mit vielen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern so großartige Arbeit für die Diözese leisten. Als Bischof mache ich die Arbeit aber nicht allein. Ich habe versprochen, mein Leben in den Dienst der Menschen zu stellen, für sie und mit ihnen zu arbeiten: In dieser Freiheit liegt viel Kraft.
Kann man als Bischof den Kontakt zum „normalen Alltagsleben“ behalten? Kaufen Sie sich beispielsweise Ihre Anzüge selbst, machen Sie Ihre eigene Steuererklärung, oder kommt es auch mal vor, dass Sie sich selber ein Ei in die Pfanne schlagen?
Bischof Schwarz: Selbstverständlich kaufe ich meine Anzüge selbst, mache meine Steuererklärung und bereite mir etwas zu essen zu; mein Alltag ist strukturiert durch Gebetszeiten, Arbeitszeiten, Ruhezeiten. Hin und wieder gehe ich auf den Markt am Domplatz und freue mich über die Produkte aus der Region. Dabei treffe ich Leute von überall her.
Als Bischof absolvieren Sie ein sehr dichtes Programm. Wo schöpfen Sie selber Kraft für Ihren Glauben?
Bischof Schwarz: Ich sehe so viele Wunder, die Gott in dieser Diözese wirkt und wie er in den Menschen den Menschen nahe ist. Jeden Morgen beginne ich mit einem Wort aus der Bibel. Ich hole, wie es Willi Bruners (Theologe und Dichter, Anm. der Red.) empfohlen hat, die ersten Informationen aus den Liedern Davids (Psalmen), dann lese ich die Nachrichten. Die Reihenfolge ist mir ganz wichtig. Tagsüber nähre ich meine Seele mit der täglichen Eucharistie. Ich feiere für andere und werde selber gestärkt.
Kraft schöpfe ich aus meinem Glauben und aus meinem Dienst im Zusammensein und Miteinander mit Menschen. Gerade wenn ich sehe, dass Bewegung und Aufbruch möglich sind, ist das „dichte Programm“ nicht Selbstzweck, sondern dynamisch und notwendig. Gerade war ich mit vielen jungen Menschen in Wieselburg beim Pfingstfest. Ich sehe, wie viele Menschen nun nach der Pandemie zu den Firmungen, Taufen, Hochzeiten kommen: Das sind Momente zum Aufatmen.
In den letzten Jahren gab es für Sie auch schwierige Situationen. Wie konnten Sie damit umgehen?
Bischof Schwarz: So manche Vorgänge und Entscheidungen wurden nochmals gut analysiert und wir haben genau hingeschaut. Es gab auch viele, denen ich in Dankbarkeit verbunden bin. Ich darf auf viele Jahre eines guten Miteinanders zurückblicken und bin begeistert von jungen Menschen, die nach Gott fragen und ihren Glauben mit Freude leben wollen. Die Initiative der Studentenseelsorge in Krems ist so ein neuer Aufbruch, den wir im Herbst dann auch in St. Pölten beginnen.
Was mir immer Kraft gegeben hat, waren gute Freunde, die mir ganz offen und ehrlich sagten, wie ich durchhalten kann und was alles – neben jenem, was nicht gelungen ist – auch gut war. Das Gebet so vieler Menschen, die mich kennen, hat mich getragen. Das Lesen der Psalmen, die alles zur Sprache bringen, schenkt mir innere Ruhe. Die Gottesmutter von Mariazell war mir dabei immer wieder ein Zufluchtsort.
Auch in unserer Diözese geht nun die dritte Phase des Synodalen Prozesses zu Ende. Was erwarten Sie sich für die Diözese St. Pölten davon?
Bischof Schwarz: Wir haben viel über Synodalität gelernt: Wo leben wir sie bereits, wo ist es einfach ein neuer Name für bereits Bestehendes, aber auch, wo uns Strukturen fehlen. Wie kommen wir an Ränder, wie kommen wir an die Mitte, wie kommunizieren wir mit Menschen – und wie kommunizieren sie mit uns? Welche Möglichkeiten bieten sich uns? Wie können Pfarren, Gruppierungen, Gemeinschaften gut in den Blick genommen werden? Ein großer Lernmoment war auch: Synodalität braucht Zeit, braucht spirituelles Miteinander, braucht das Gebet, braucht Wohlwollen und Offenheit. Synodalität kann nicht „eingefordert“ werden; von keiner Seite. Synodalität ist keine Einbahnstraße. Ein Lernmoment war auch, dass Synodalität zumeist missverstanden wird als Demokratie und damit ein Stück weit als institutionalisiertes Misstrauen. Das ist schade.
Und was erwarten Sie sich durch den Synodalen Prozess für die Weltkirche?
Bischof Schwarz: Ein stärkeres Wahrnehmen der Gemeinschaft in der Weltkirche, über alle Kontinente hinweg, ohne ständiges Auseinanderdividieren von nationalen oder kontinentalen Kontexten. Und ich erhoffe mir das Wieder- und Neu-Entdecken der Berufung aus der Taufe zu Gemeinschaft, zu Teilhabe und zur Sendung. In manchen Bereichen sind wir als Christinnen und Christen stark und aktiv, in anderen sind wir oft recht zurückhaltend.
Wie schaut Ihre Zukunftsvision für unsere Diözese aus?
Bischof Schwarz: Meine Vision ist ein Netzwerk von Gemeinschaften mit Jesus in ihrer Mitte, die sich in den Pfarrgemeinden bilden und Verbündete für das Evangelium suchen. Der Dienst an den Armen und Benachteiligten macht den Satz unserer Vision konkret: Ich bin. Mit dir: Kommt und seht. In unseren Häusern und Kirchen wird gebetet und gefeiert.
Wir haben Grundaufträge als Kirche, die brauchen wir nicht neu erfinden: Wie kommt die Frohbotschaft in die Welt? Die letzten Wochen und Monate habe ich mit vielen Menschen über Vision und Auftrag gesprochen und um Rückmeldungen gebeten zu Überlegungen und Fragen. Gott ist mit uns, und wir sind mit den Menschen. Diesen Satz durchzubuchstabieren in Arbeit, Alltag, Auftrag, Diensten und Angeboten: Das wäre mir ein großes Anliegen.
Was sind Ihrer Meinung nach aktuell die drei drängendsten Aufgaben der katholischen
Kirche?
Bischof Schwarz: Dass wir mit dem Evangelium präsent sind im Leben der Menschen und im Miteinander; dass wir Antworten haben auf Fragen der Seele und des Geistes; und dass wir uns nicht pausenlos mit uns selbst beschäftigen.
Machen Sie sich zum Geburtstag auch selbst ein Geschenk?
Bischof Schwarz: Ich bin reich beschenkt mit einem langen Leben, mit Gesundheit, mit dem Glauben, im Miteinander der Diözese. Und ich lese jede Woche in „Kirche bunt“ wieviel Gutes und vom Geist Gottes erfülltes Wirken in unserem Land zu sehen ist. Ich danke Gott mit der Zeitung in der Hand.
Autor:Kirche bunt Redaktion aus Niederösterreich | Kirche bunt |
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