Weihnachtsinterview mit Bischof Schwarz
Heiliges Jahr ist "Aufatmen der Seele"
Papst Franziskus eröffnet am Heiligen Abend mit dem Aufstoßen der Heiligen Pforte im Petersdom das Heilige Jahr 2025 (siehe Bericht Seite 3). Im Weihnachtsinterview geht Bischof Alois Schwarz auf Fragen zum Heiligen Jahr und zum Weihnachtsfest ein.
Zu Weihnachten beginnt das Heilige Jahr, das Papst Franziskus am Heiligen Abend eröffnet. Hat dieses Weihnachten – über die Freude von Christi Geburt hinaus – deshalb heuer noch eine besondere Botschaft?
Bischof Alois Schwarz: Ausgehend vom Advent als dem Beginn eines neuen Kirchenjahres, gefolgt von Weihnachten, der Geburt des Kindes von Betlehem, dem Sohn Gottes als Friedensbringer und Hoffnungsträger, setzt Papst Franziskus als Zeichen der Hoffnung das Heilige Jahr 2025. Wohlüberlegt mitten hinein in eine von Kriegen, Terror und Naturkatastrophen gebeutelte Welt wird dieses Weihnachtsfest und das daran anschließende Heilige Jahr 2025 zum Aufatmen der Seele. Die Botschaft an die Welt lautet: Mensch, lebe aus der Hoffnung, dass Gott alles zum Guten führt, denn so heißt es bei Paulus im Römer-Brief: „Wir wissen, dass Gott bei denen, die ihn lieben, alles zum Guten führt, bei denen, die nach seinem ewigen Plan berufen sind“ (Röm 8,28). Die Feier der Geburt Jesu nimmt uns mit, aus dieser Hoffnung erneut leben zu können. Durch diese Botschaft sind Weihnachten und das kommende Heilige Jahr 2025 ein Geschenk der Hoffnung an die krisengeschüttelte Menschheit unserer Zeit.
Diese Tage rund um Weihnachten sind von vielen Heiligenfesten mit uralten Traditionen und Riten begleitet. Wie wichtig sind solche Formen des lebendigen Glaubens?
Bischof Schwarz: Tradition und Ritus sind etwas über viele Jahre Erprobtes. Es stärkt und stützt und lässt uns teilhaben am Feiern vieler Generationen. Gerade in unsicheren Zeiten geben Traditionen und Riten den Menschen Hoffnung, Halt und Zuversicht. Meines Erachtens sind sie die Eckpfeiler in den Stürmen des Alltags. Diese Erfahrung wünsche ich mir für die Menschen.
Die Botschaft an die Welt
lautet: Mensch, lebe aus
der Hoffnung, dass Gott
alles zum Guten führt.
Die allermeisten Familien feiern Weihnachten unter dem Christbaum, eine Krippe wird vielerorts gar nicht mehr aufgestellt. Sehen Sie das mit Sorge?
Bischof Schwarz: Da bin ich ja schon froh, wenn die allermeisten Menschen einen Christbaum haben, unter dem sie Weihnachten feiern, denn unbewusst oder bewusst sehnt sich der Mensch nach dem Lichtschein, der in lebendigen Kerzen am Baum noch einmal eine ganz besondere Ausstrahlung hat. Natürlich gehört eine Krippe zum christlichen Weihnachtsfest dazu, denn Weihnachten gäbe es ohne die Geschichte von Maria und Josef nicht. Ich bedauere sehr, wenn viele Menschen die Geschichte von Weihnachten nicht mehr kennen und somit der Bezug zur Krippe fehlt.
Zurück zum Heiligen Jahr: Welche Relevanz hat dieses in der heutigen Zeit?
Bischof Schwarz: Die Idee der Heiligen Jahre geht auf Papst Bonifaz VIII. zurück, der für das Jahr 1300 ein besonderes, zunächst nur für die Römer gedachtes Pilgerjahr ausrief. Der Rhythmus der Heiligen Jahre war von Beginn an Schwankungen unterworfen. Bonifaz VIII. legte ihn auf alle 100 Jahre fest, schon bald folgten Änderungen auf einen Abstand von 50 und 33 Jahren. Papst Paul II. legte 1470 endgültig den Rhythmus auf 25 Jahre fest.
Das Jahr 2025 ist für die katholische Kirche ein Heiliges Jahr, für das Papst Franziskus das Motto „Pilger der Hoffnung“ verkündet hat. Ein solches sogenanntes ordentliches Heiliges Jahr (oder auch „Jubeljahr“) findet alle 25 Jahre statt. Aus aller Welt werden Katholikinnen und Katholiken nach Rom pilgern.
Verbinden Sie damit auch die Hoffnung auf Impulse für die Kirche in unserer Diözese?
Bischof Schwarz: „Spes non confundit“ – „die Hoffnung lässt nicht zugrunde gehen“ (vgl. Röm 5,5). Im Zeichen der Hoffnung macht der Apostel Paulus der christlichen Gemeinde von Rom Mut. Hoffnung ist auch die zentrale Botschaft des bevorstehenden Heiligen Jahres. Alle Menschen hoffen. Im Herzen eines jeden Menschen lebt die Hoffnung als Wunsch und Erwartung des Guten, auch wenn er nicht weiß, was das Morgen bringen wird. Die Unvorhersehbarkeit der Zukunft ruft jedoch teilweise widersprüchliche Gefühle hervor: von der Zuversicht zur Angst, von der Gelassenheit zur Verzweiflung, von der Gewissheit zum Zweifel. Oft begegnen wir entmutigten Menschen, die mit Skepsis und Pessimismus in die Zukunft blicken, so als ob ihnen nichts Glück bereiten könnte. Möge das Heilige Jahr für alle eine Gelegenheit sein, die Hoffnung wieder aufleben zu lassen. Das Wort Gottes hilft uns, Gründe dafür zu finden. Lassen wir uns von dem leiten, was der Apostel Paulus an die Christen in Rom schreibt.
Wie fühlen sich Menschen eingeladen, zum Heiligen Jahr nach Rom zu reisen?
Bischof Schwarz: Die Wege, die seit Jahrhunderten Osten und Westen verbinden, bieten nicht nur spirituelle Erlebnisse, sondern ermöglichen auch tiefe Einblicke in Geschichte und Natur. Das Heilige Jahr kann als Möglichkeit genutzt werden, allein oder gemeinsam mit anderen nach Rom zu pilgern. Eindrucksvolle Landschaften, historische Stätten und heilige Orte können auf der Pilgerreise inspirieren – ein Weg der Besinnung, Erneuerung und Begegnung, das bietet sich an im Heiligen Jahr 2025.
Hat das Heilige Jahr auch das Potenzial, kirchenferne Menschen anzusprechen?
Bischof Schwarz: Das Heilige Jahr 2025 bietet eine besondere Gelegenheit, seinen Platz in der Gemeinschaft der Kirche zu finden. Es ist eine Zeit der Versöhnung, des Neubeginns und der Gnade. Wer darüber nachdenkt, den Glauben neu zu entdecken und den Weg zurück in die Kirche zu finden, den laden wir herzlich ein, diesen Schritt im Heiligen Jahr zu wagen. Unsere Kommunikationsabteilung unter der Leitung von Thomas Fischbacher und seinem Team nimmt mit all jenen Menschen, die den Weg zur Kirche suchen, gerne Kontakt auf. Auf der Website der Diözese St. Pölten unter https://www.heiligesjahr25.at finden Sie genauere Informationen dazu.
Die Welt um uns scheint rauer zu werden: Die Wirtschaft schrumpft, Betriebe sperren zu und Arbeitsplätze gehen verloren, die Stabilität in Europa scheint zu wanken, der Klimawandel fordert uns – was gibt den Menschen Hoffnung und Zuversicht?
Bischof Schwarz: Das kommende Heilige Jahr wird, wie gesagt, von der Hoffnung geprägt sein, die nicht schwindet, der Hoffnung auf Gottes Güte und Barmherzigkeit. Es helfe uns, das nötige Vertrauen wiederzufinden, in der Kirche, in Wirtschaft und Gesellschaft, in den zwischenmenschlichen Beziehungen, in den internationalen Beziehungen, in der Förderung der Würde eines jeden Menschen und in der Achtung der Schöpfung. Möge unser gläubiges Zeugnis in der Welt ein Sauerteig echter Hoffnung sein, die Verkündigung eines neuen Himmels und einer neuen Erde (vgl. 2 Petr 3,13), in der wir in Gerechtigkeit und Eintracht zwischen den Völkern leben können und die Erfüllung der Verheißung des Herrn erwarten. Die Hoffnung entwickelt sich aus unserem Inneren. Sie entsteht aus unserem Denken und manifestiert sich im Umgang mit den Menschen. Hoffnungsfrohe Menschen verbreiten die liebenswürdige Haltung unseres lebensfrohen Gottes.
Was wünschen Sie uns allen heuer zu Weihnachten?
Bischof Schwarz: Mein Wunsch für Sie, liebe Leser und Leserinnen, ist es, dass Sie Weihnachten als Fest des Friedens und der Hoffnung wahrnehmen und feiern können. Möge das Kind in der Krippe durch Sie alle zum Friedensbringer für unsere Welt werden.
Interview: Sonja Planitzer
Das Interview führte Sonja Planitzer
Autor:Kirche bunt Redaktion aus Niederösterreich | Kirche bunt |
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