Heilige
Utopien, Torheiten und katholischer Widerstand

Thomas Morus als Kanzler des Herzogtums Lancaster. Ausschnitt aus einem Gemälde von Hans Holbein dem Jüngeren (1527).  | Foto: Wikimedia Commons
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Die Kirche gedenkt am 22. Juni der zwei Märtyrer Thomas Morus und John Fisher. Hingerichtet im Widerstand gegen den englischen König Heinrich VIII., der sich zum Oberhaupt der
anglikanischen Kirche erklärte, bleibt ihr Vorbild bis heute aktuell.

Eines der bekanntesten Werke des Humanismus ist das Spottgedicht „Lob der Torheit“ von Erasmus von Rotterdam. Das Werk, in dem eine Frau mit Namen Stultitia sich als Personifikation der Torheit ausgibt und Kirche, Heilige, Könige und Gelehrte aufs Korn nimmt, hat der Renaissancegelehrte seinem engen Freund gewidmet: Thomas Morus. Dieser war selbst schriftstellerisch ambitioniert und schuf mit seinem Roman „Utopia“ eine ganze literarische Gattung, die Utopie, die in Worte gegossene Vorstellung einer besseren, erfüllteren, vollkommeneren Welt.

Streit zwischen London und Rom

Thomas aber war kein Träumer: Er war Politiker und Jurist, hingebungsvoller Familienvater und Berater des Königs von England, Heinrich VIII. Dessen Gunst war allerdings durchaus wankelmütig. Das zeigt sich allein schon an seinen vielen Ehen, die letztlich der Grund für das Zerwürfnis zwischen ihm und dem Papst wurden. In diesem Streit zwischen Rom und London wurde aber auch Thomas Morus zum Opfer von Heinrichs Ambitionen.

Als der Papst die erste Ehe von Heinrich nicht für ungültig erklären wollte, beschloss dieser, sich von Rom loszusagen und sich zum Oberhaupt seiner eigenen Kirche ernennen zu lassen. In der darauffolgenden Auseinandersetzung waren es vor allem zwei, die öffentlich, unbeeindruckt von den Repressalien und Epressungsversuchen des Königs, gegen ihn und seine Staatskirche aussprachen: Thomas Morus, dereinst Lordkanzler des Königs, und John Fisher, Bischof von Rochester. Das Oberhaupt der Kirche auf Erden sei der Papst, nicht der König, proklamierten sie vehement, was ihnen letztlich das Martyrium einbrachte.

Die Kirche adelte ihren Einsatz für das Papsttum und gegen die Tyrannei des Königs auf zweifache Weise: John wurde während seiner Inhaftierung im Tower von London zum Kardinal ernannt, und beide wurden 1935, am Beginn der Naziherrschaft in Deutschland, heiliggesprochen. Der Bischof und der realistische Utopist wurden zum Ankläger des Königs, was für sie den Tod bedeutete. Gleichzeitig wurden sie zum Beispiel eines klugen, katholischen, vom Glauben an eine bessere Welt getragenen Widerstandes.

Autor:

Kirche bunt Redaktion aus Niederösterreich | Kirche bunt

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