Glaube, Trauer und Trost
Allerseelen: Zeit, der Verstorbenen zu gedenken

Der geöffnete Himmel: Sehnsuchts- und Verheißungsort. Deckenfresko im Marmorsaal des Stifts Seitenstetten. 
 | Foto: commons.wikimedia
  • Der geöffnete Himmel: Sehnsuchts- und Verheißungsort. Deckenfresko im Marmorsaal des Stifts Seitenstetten.
  • Foto: commons.wikimedia
  • hochgeladen von Kirche bunt Redaktion

Zu Allerseelen denken wir an unsere Verstorbenen: die Freunde, Familienmitglieder, Kollegen, die uns vorangegangen sind und die wir schmerzlich vermissen. Dieses Gefühl der Trauer kennt jeder und viele finden wundervolle Worte des Trostes.

Das Fest Allerseelen nahm seinen Anfang in einem Kloster: Die Cluniazenser der Abtei Cluny in Frankreich nahmen ihre monastische Verpflichtung zum Gebet sehr ernst, was sich auch in ihrer Art des Totengedenkens zeigte. Fast rund um die Uhr hatten die Mönche liturgische Zeiten einzuhalten, im Winter hatten sie täglich bis zu 215 Psalmen zu beten, für unterschiedlichste Personen und Zwecke.

Allerseelen im fließenden Übergang mit Allerheiligen

Um das Jahr 1000 herum – eine Quelle spricht vom Jahr 998 – führte der später heiliggesprochene Abt Odilo von Cluny (Amtszeit: 994-1049) Allerseelen
am 2. November per Dekret als Gedenktag in allen von Cluny abhängigen Klöstern ein. Zur Blütezeit der Abtei im 11. Jahrhundert waren das etwa 1.200. Das Fest stand in fließendem Übergang von Allerheiligen tags zuvor (1. November). An beiden Tagen wurden alle des Weges kommenden Armen mit Brot und Wein gespeist. Die Glocken läuteten wie an Hochfesten; die Totenvigil wurde mit neun Lesungen begangen und bei allen Gottesdiensten des Tages wurden zusätzliche Psalmen gesungen.
Gebete, Fürbitten und Messfeier an Allerseelen sollen dazu beitragen, dass alle Toten Vollendung in Gott finden. Die Nähe zu Allerheiligen rückt die einzelne arme Seele des Verstorbenen auch spirituell an die Heiligen heran – eine Nähe, die seit jeher gesucht wird, zum Beispiel durch die Wahl der Begräbnisstätte „apud sanctos“ (bei den Heiligen). Deren Fürsprache könnte schließlich der Schlüssel zur Erlangung des ewigen Heils sein.
Abt Odilo setzte bei der „Erfindung“ des Festes durchaus auf vorhandene Elemente der Volksfrömmigkeit, etwa der österlichen Lichtsymbolik zur Vertreibung des Karfreitags respektive des Todes durch das Leben. Auch Familienbesuche an den Gräbern, die im Frühmittelalter vor allem zu Ostern und zu Pfingsten getätigt wurden, verlagerten sich auf Allerseelen.

Das universelle Gefühl der Trauer. Sogar Jesus kannte es.

Offenbar traf der Gedanke des Festes auf ein allgemeines Bedürfnis – denn bald schon wurde der Allerseelentag von Cluny auch außerhalb der cluniazenischen Klöster gefeiert, bis zum 12. Jahrhundert bereits in Pfarren von Lüttich bis Mailand. Für Rom ist der Festtag seit 1311 bezeugt. Die Gläubigen besuchen zu Allerseelen die Gräber ihrer Verstorbenen – und hoffen, dass sie alle einst in die Gemeinschaft der Heiligen aufgenommen werden.
Es scheint eine Form der Trauerbewältigung mit denen, die einem selbst in den Tod vorausgegangen sind, Kontakt zu halten – für sie zu beten, sie am Grab zu besuchen, vielleicht auch mit ihnen zu sprechen. Das Gebet, die Sprache, die Dichtung, der Ausruf, das Weinen sind Wege, auszdrücken, was eigentlich jeden Ausdruck übersteigt: das universelle Gefühl der Trauer, das jeder kennt. Sogar Jesus kannte es, als sein Freund Lazarus verstorben war und er erst Tage später sein bereits verschlossenes Grab besuchte (Joh 11).

Gott offenbart sich als zuhörender, einfühlsamer Freund, der nicht belehrt, die Trauer nicht verurteilt, sondern mitleidet und mittrauert.

Maria aus Magdala warf Jesus vor, dass er ihren Bruder hätte retten können, wäre er hier gewesen – eigentlich ein Skandal: Sie macht dem Gottessohn einen Vorwurf, sagt ihm, was er hätte tun sollen. Es spricht die Trauer aus ihr. Doch Jesus versteht sie, weil er genauso fühlt. Er weint mit ihr, eigentlich etwas Unglaubliches: Ein Gott, der mit den Menschen weint!
Gerade hier zeigt sich der Trost, den Gott uns zuteil werden lassen will. Auch wenn Trauer und Schmerz den Menschen zu übermannen drohen, offenbart sich Gott als zuhörender, einfühlsamer Freund, der nicht belehrt, die Trauer nicht verurteilt, sondern mit-leidet und mit-trauert.

„Wenn du glaubst, wirst du die Herrlichkeit Gottes sehen.“

Dass nach dem Leid die Herrlichkeit kommt und nach dem Tod die Auferstehung, zeigt sich am Osterfest, an dem Christus vom Tod auferstanden ist. Sie zeigt sich auch im Evangelium von der Erweckung des Lazarus, in dem auf die Trauer über den Tod des Freundes die Auferstehung folgt. Gott vermag Wunderbares, sogar die Auferstehung der Toten ist ihm nicht unmöglich. Doch selbst wenn die Auferstehung unserer lieben Verstorbenen verborgen bleibt, tröstet uns Gott durch seine Nähe, durch seine liebevolle Zuneigung und durch sein Wort: „Wenn du glaubst, wirst du die Herrlichkeit Gottes sehen.“

Autor:

Kirche bunt Redaktion aus Niederösterreich | Kirche bunt

Kommentare

online discussion

Sie möchten kommentieren?

Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.

add_content

Sie möchten selbst beitragen?

Melden Sie sich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.

Powered by PEIQ