GEIST_REICH
Wozu beten? Hilft beten?
Viele haben das Beten aufgegeben oder halten es gar für nutzlos. In diesem Jahr 2024, das nach Papst Franziskus zur Vorbereitung auf das Heilige Jahr 2025 ein Jahr des Gebetes sein soll, sind alle Christen eingeladen, die Bedeutung des Betens zu entdecken, die eigene Gebetspraxis zu vertiefen und auch das Gebet in der Familie neu zu beleben.
Vom deutschen Theologen Romano Guardini (1885 – 1968) stammt der Satz: „Man kann auf die Dauer kein guter Christ sein, ohne zu beten, so wenig man leben kann, ohne zu atmen.“
Warum ist beten so wichtig wie atmen? – Beten hängt ganz wesentlich mit dem Bild zusammen, das wir von Gott haben. Zu einem bloß „höchsten Wesen“ kann man nicht beten. Das ist aber nicht das Bild, das uns die Bibel von Gott zeigt. Der Gott der Bibel ist ein personales Wesen, das den Menschen ruft anspricht, sich mitteilt, liebt. Demnach ist der Mensch derjenige, der diesem liebenden, rufenden und sich mitteilenden Gott antworten kann, ja antworten muss, will er den Sinn seines Lebens nicht verfehlen.
WAS IST BETEN?
Beten ist „reden mit Gott wie mit einem Freund, mit dem wir oftund gern allein zusammenkommen, weil wir sicher sein können, dass er uns liebt“ (Theresia von Avila).
KANN MAN BETEN LERNEN?
Es gibt bestimmte Dinge des Lebens, die man durch Worte allein nicht erklären kann. Für bestimmte Erfahrungen fehlen uns nämlich die Begriff. So haben wir keine Begriff, um jemandem den Geschmack eines Wiener Schnitzels zu erklären, wenn er noch nie eines gegessen hat. Dasselbe Problem haben wir beim Phänomen Gebet. Diejenigen, die beten können, werden bezeugen, dass es Freude macht, dass es Kraft gibt, dass es einfach schön ist, mit Gott auf Du-und-Du zu sein. Sie werden berichten können, dass das Beten ihr Leben verändert hat. Und doch wird der, dem sie es erzählen, das alles nicht wirklich begreifen können. Wenn man wissen will, wie ein Schnitzel schmeckt, gibt es dafür nur eine Möglichkeit: Man muss reinbeißen! Das gilt noch mehr für das Gebet. Da hilftnur: „Learning by tasting“ (Karl Wallner), Lernen durch Ausprobieren.
Warum fällt uns das Beten oftso schwer? Warum haben wir immer wieder so viele Gründe und Ausreden, weshalb wir nicht beten? – Der Katechismus der Katholischen Kirche (Kompendium) antwortet auf diese Frage in der Nummer 572 folgendermaßen: „Wer betet, kämpftgegen sich selbst, gegen die Umgebung und vor allem gegen den Versucher, der alles unternimmt, um ihn vom Gebet abzuhalten.“ Und beim Mönchsvater Agathon heißt es diesbezüglich: „Überall, wo der Mensch beten will, wollen ihn die Widersacher des Heils abhalten. Denn sie wissen, dass ihnen von keiner Seite mehr Behinderung droht als vom Gebet zu Gott.“ (Michael Schneider, Leben aus dem Gebet, S. 4)
Beten ist „reden mit Gott wie mit einem Freund, mit dem wir oftund gern allein zusammenkommen“
THERESIA VON AVILA
Papst Franziskus schläft nach eigenem Eingeständnis beim Beten gelegentlich ein. „Aber das macht nichts. Ich bin wie ein Sohn beim Vater, und das ist wichtig“, schreibt er in einem sehr persönlich gehaltenen Vorwort für die „Youcat-Jugendbibel“. Er bete im Sitzen, denn es tue ihm weh niederzuknien, bekennt Franziskus. Beim Beten spüre er „zutiefst die Dinge, die der Herr mir sagt“. Manchmal spreche Gott auch nicht. „Ich fühle dann nichts, nur Leere, Leere, Leere ... Aber ich bleibe geduldig da, und so warte ich.“
HILFT BETEN?
Beten bringt unser Leben in Übereinstimmung mit dem Willen Gottes. Insofern gilt: „Gebete ändern nicht die Welt. Aber die Gebete ändern die Menschen. Und die Menschen ändern die Welt“ (Albert Schweitzer).
Hört Gott unsere Bitten? – „Gott überhört keine einzige Bitte“ (Youcat für Kids, Nr.143). Er erfüllt unsere Wünsche aber of anders, als wir das möchten.
Beten kann ich auch im Wald!? – Gewiss, aber das Beten allein (im Wald) ersetzt nicht das gemeinsame Beten. Jesus wollte das Gottesvolk sammeln. Wer „in die Kirche“ geht, betritt nicht bloß ein Gebäude, sondern die von Christus ge- und versammelte Gemeinde, in deren Mitte Er „da“ ist. Und auch wir, die Christen, seine Freunde, sind da, um bei ihm, Jesus, zu sein, um ihm zu begegnen, um auf ihn zu hören und mit ihm und durch ihn im Heiligen Geist Gott zu loben, ihm zu danken und ihm die Ehre zu erweisen.
Beim Beten spüre ich „zutiefst die Dinge, die der Herr mir sagt“.
PAPST FRANZISKUS
Was heißt Gott anbeten? – „Gott anbeten, heißt sagen: Du allein bist der Heilige, Du allein der Herr, Du allein der Höchste“ (Youcat für Kids, Nr.142).
Die Kniebeuge oder das Niederknien ist ein sichtbarer Ausdruck dafür, dass wir uns vor Gott klein machen und anerkennen, dass er Gott ist, und wir nur seine Geschöpfe sind.
Gott allein darf angebetet werden, niemand sonst, nicht Maria und auch nicht die Heiligen.
ERICH SEIFNER, EM. STADTPFARRER
Autor:martinus Redaktion aus Burgenland | martinus |
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