LEBENS_WEISE
Kinder und der Tod
Sigrid Eysn von Rainbows Oberösterreich und Krankenhaus-Seelsorgerin Sr. Rita Kitzmüller erklären, wie Kinder trauern und wie man sie dabei gut begleiten kann.
Kinder erleben Tod und Trauer anders als Erwachsene. „Sie leben mehr im Hier und Jetzt, während Erwachsene eher viel im Kopf trauern“, sagt Sigrid Eysn. Sie ist Leiterin der Landesstelle von Rainbows OÖ. Die Organisation betreut Kinder und Jugendliche nach Trennungen, Scheidungen oder Tod. „Sie erleben Tod und Trauer sehr realitätsbezogen und stellen oft die wirklich wichtigen Fragen“, bestätigt Sr. Rita Kitzmüller, Leiterin der Kranken-haus-Seelsorge am Ordensklinikum Linz-Elisabethinen. „Kinder haben ein feines Gespür für Situationen und Emotionen.“
LACHEN, DANN WEINEN
Wie bei Erwachsenen äußert sich die Trauer ganz individuell. „Ein Kind weint vielleicht und will auf den Arm eines Elternteils. Ein anderes scheint kaum zu realisieren, dass dort ein verstorbener Angehöriger im Bett liegt“, sagt Sr. Rita Kitzmüller. „All diese Reaktionen sind, gerade bei kleinen Kindern, normal.“ Die Kinder dosieren ihre Trauer im Alltag, sagt Sigrid Eysn. Sie vergleicht das mit Pfützenspringen: „Im Alltag können sie die Trauer zurückdrängen, gehen in die Schule, treffen sich mit Freunden, und so weiter. Während Erwachsene oft in einem Trauersumpf versinken, holen sich die Kinder ihre Trauer stückweise, weil sie es so gut aushalten können.“ Kindertrauer sei fast immer ambivalent, sagt Sr. Rita Kitzmüller: „Ein Kind spielt, auf einmal weint es und sucht Trost, dann lacht es wieder.“
STABILER ALLTAG
Kinder haben oft noch keine Erfahrung mit dem Thema Tod, deshalb brauchen sie Trauervorbilder, weiß Sigrid Eysn. Früher seien Kinder mehr eingebunden gewesen, waren bei Betstunde oder Nachtwache dabei, sahen den aufgebahrten Sarg in der Stube. „Es hängt immer davon ab, wie man Kinder auf solche Situationen vorbereitet. Sie können wesentlich besser damit umgehen, wenn man ihnen sagt, was passiert, oder sie einbezieht“, sagt Sigrid Eysn. Kinder hätten fühlen sich leicht verantwortlich dafür, dass die Mutter so traurig ist, deshalb sollten Eltern mit ihnen über die eigenen Gefühle sprechen: „Das hilft dem Kind, zu verstehen, dass es keine Schuld hat und die Gefühle normal sind“, sagt Sr. Rita Kitzmüller. Um sich sicher zu fühlen, brauchen Kinder außerdem ein stabiles und vertrautes Umfeld und ihre Alltagsroutine, sind sich beide Expertinnen einig. „Dazu gehören auch vertraute Personen, mit denen sie sprechen können und die ihnen zuhören. Rituale, vorlesen aus einem thematisch angepassten Kinderbuch und zeichnen können ihnen helfen, ihre Gefühle auszudrücken“, sagt Sr. Rita Kitzmüller.
Außerdem brauchen Kinder klare Antworten auf die Frage, wer sie (nach dem Tod eines Elternteils etwa) zum Fußball fährt, ihnen das Essen kocht, wer mit ihnen spielt oder sie ins Bett bringt.
SPRECHEN DARÜBER
Kinder haben ein Recht auf die Wahrheit und ein Recht auf Trauer, ist Sr. Rita Kitzmüller überzeugt: „Es ist wichtig, dass wir mit den Kindern über den Tod sprechen. Manchmal glauben wir, sie davor schützen zu müssen, doch dies wird ihnen nicht gerecht. Wichtig sei laut den beiden Expertinnen auch eine klare Sprache anstatt abstrakter Begrifflichkeiten: besser „Opa ist verstorben“ sagen als „Opa ist eingeschlafen“.
Kinder würden oft mehr aushalten, als wir Erwachsene glauben, doch können sie mit Tatsachen besser umgehen als mit Geheimniskrämerei. Nicht vergessen werden sollte dabei zum einen, eine alters- und kindgerechte Sprache zu verwenden, und zum anderen die Kinder nicht mit zu viel Informationen zu überfordern, sind sich Kitzmüller und Eysn einig.
LISA-MARIA HAMMERL
Die Organisaton Rainbows bietet Webinare für Eltern und Alleinerziehende zum Thema Trauer und Tod, Termine auf www.rainbows.at
Autor:martinus Redaktion aus Burgenland | martinus |
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