Pfarrgemeinderatswahlen 2022
Gelebte Mitbestimmung
Seit mehr als 50 Jahren gehören die Pfarrgemeinderäte zur Grundausstattung jeder Pfarre. Ein Gespräch über Mitbestimmung, ehrenamtliches Engagement und darüber, was es heißt, vor Ort Kirche zu leben.
Wie ist die Stimmungslage in den Pfarren?
Christian Nuener: Corona war ein riesiger Einbruch fürs pfarrliche Leben. Jetzt ist die Stimmung vielerorts von der Sorge geprägt, ob die Menschen wiederkommen, ob es gelingt, wieder neu anzufangen. Gleichzeitig ist auch Hoffnung da, weil viele wieder die Gemeinschaft suchen und froh über Angebote in den Pfarren sind.
Und wie ist die Stimmung in Hinblick auf die anstehenden Pfarrgemeinderatswahlen?
Nuener: Die Stimmung ist unaufgeregt und gut. Flächendeckend haben sich Wahlkommissionen gebildet, Ehrenamtliche bemühen sich um die Organisation der Wahlen, überall hat es Gespräche gegeben, um Menschen zu motivieren, sich zur Wahl aufstellen zu lassen. Ich sage gern, diese vielen hundert Gespräche in der ganzen Diözese sind ein riesiges missionarisches Projekt.
Ist es schwierig, genug Kandidat/innen zu finden?
Nuener: Wir sind froh um jede/n Einzelne/n, der/die sich engagiert und bereit ist, sich für die nächsten fünf Jahre zur Verfügung zu stellen. Das ist keine Selbstverständlichkeit. Insgesamt sehen wir schon, dass die Anzahl von Ehrenamtlichen begrenzt ist, und viele „Anbieter“ um sie werben. Das Image von Kirche boomt auch nicht gerade. Insgesamt ist der Trend zur Bestätigungswahl groß. Mir ist wichtig, diese Gremien für ihren Einsatz mit einem ordentlichen Votum auszustatten, denn das ist ein Zeichen von Wertschätzung für ihre Arbeit. Daher bitte ich sehr darum, vom Wahlrecht Gebrauch zu machen, es ist ein Akt der Bestätigung und der Unterstützung.
Was könnte helfen, wieder mehr Menschen für den PGR und für die Pfarre zu gewinnen?
Nuener: Die Menschen mit ihrer Meinung und Lebenserfahrung wollen mitgestalten und mitbestimmen, nicht nur Befehlsempfänger oder Ausführende sein. Das muss ernst genommen werden. Es ist laut Statut Aufgabe des PGR, den Pfarrer mitverantwortlich bei der Leitung der Pfarre zu unterstützen. Der PGR ist einer der wenigen Orte von institutionalisierter gelebter Synodalität.
Das Motto der PGR-Wahl ist „mittendrin“. Ist Kirche überhaupt noch „mittendrin“?
Nuener: Die Menschen, die in der Kirche sind, sind mittendrin: in ihren Lebensumständen, Familien, Berufen... Sie können Kirche konkret werden lassen, Kirche erden. Dann ist Kirche auch mittendrin. Denn die Gefahr, abzuheben, ist für eine Institution wie die Kirche groß. Christliche, kirchliche Werte werden auch an anderen Orten gepflegt, z.B. in gelebter Nachbarschaftshilfe, im örtlichen Vereinsleben oder im Fußballclub. Die Gefahr ist, hier zu eng unterwegs zu sein.
Sie waren selbst auch 30 Jahre im PGR. Was war Ihnen dabei besonders wichtig?
Nuener: Kirche wird in der Nähe gelebt, vor Ort. Da mitzugestalten, sich zu bemühen, die Botschaft des Evangeliums in alltägliche Situationen zu übersetzen, liegt mir sehr am Herzen. Pfarrer und Hauptamtliche kommen und gehen, die Kirche vor Ort und der PGR bleiben. Gerade in Krisenzeiten ist das sehr wichtig. Insgesamt geht es um den alltäglichen Bestand von Pfarre, darum, auch jenseits von Events einladend zu sein und kontinuierlich Pfarre mitzugestalten, vor Ort den christlichen Glauben zu leben.
Infos zur PGR-Wahl 2022:
- Derzeit engagieren sich in der Diözese ca. 3000 Menschen in 268 Pfarrgemeinderäten. 56,4 Prozent sind Frauen, das Durchschnittsalter liegt bei 44,7 Jahren.
- Ca. 311.00 Katholik/innen sind in der Diözese wahlberechtigt. Die Wahlen finden zum Großteil am 19. und 20. März rund um die Gottesdienste statt.
- Weiterführende Informationen gibt es unter www.dibk.at/pgr.
Autor:Lydia Kaltenhauser aus Tirol | TIROLER Sonntag |
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