Margrit Eleonore Haid im Interview
Dem eigenen Lebenstraum folgen

Margrit Eleonore Haid arbeitet als Psychotherapeutin in eigener Praxis in Innsbruck, hält Vorträge und leitet Seminare und Workshops.  | Foto: Haid
  • Margrit Eleonore Haid arbeitet als Psychotherapeutin in eigener Praxis in Innsbruck, hält Vorträge und leitet Seminare und Workshops.
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Die Psychotherapeutin Margrit Eleonore Haid zeigt in ihrem aktuellen Buch auf, wie Lebensträume gelingen können – unabhängig davon, wie alt man ist. Im Tiroler Sonntag-Interview erzählt sie, warum die Lebens-Träume nicht groß genug sein können und welche Rolle Leid und Tod in diesem Zusammenhang spielen.

Sie sprechen in Ihrem Buch von der Sehnsucht nach Erfüllung des LEBENS-Traums. Was steckt dahinter?
Margrit Eleonore Haid: Nicht nur wir haben Träume, die wir im Laufe des Lebens verwirklichen wollen, sondern das LEBEN träumt auch in uns von uns, denn es schließt auch unser Unbewusstes mit ein, d.h. den Körper, die Triebwelt, alle widersprüchlichen Gefühle und Gedanken. Dieses Leben strebt stets nach Ganzheitlichkeit. Wenn das kleine Tagesbewusstseins-Ich jedoch seine Lebensträume verwirklichen will, macht es oft die Rechnung ohne den Wirt, und dann läuft einiges quer. Denn die unbewussten Tendenzen drängen vielleicht in eine ganz andere Richtung.

Und dann erfüllt sich nicht, was man sich wünscht...
Haid: Das Ich ist nicht „Herr im eigenen Haus“. Die Träume der Nacht sind so etwas wie die Überbringer der Botschaften, die das zu Entwicklung drängende ganzheitliche Leben in unserem Unbewussten von uns träumt. Diese Träume sind vielleicht nicht so groß und ideal wie das kleine Ich und die Gesellschaft es möchten, dafür aber vielleicht unkonventioneller, mutiger, kreativer, lustvoller, unbekümmerter. Ja, auch nicht so ehrgeizig, leistungsorientiert und brav. Die Frage ist immer, wie können alle widersprüchlichen und auch „verpönten“ Persönlichkeitsanteile wie z.B. Aggression und Begehren, aber auch Bedürftigkeit, Sehnsucht, Trauer, Kreativität und Intelligenz samt der ganzen Begrenztheit so gelebt werden, dass nichts davon verdrängt und „verteufelt“ werden muss. Denn nur wenn alle gegensätzlichen Kräfte in einem selbst vereint gebündelt sind, kann man seine Lebensträume konstruktiv, zielgerichtet und eingebettet ins ganzheitliche Leben annähernd und zufriedenstellend verwirklichen. Somit kann man sagen: Lebensträume kommen aus dem Tagesbewusstseins-Ich, LEBENS-Träume jedoch schließen den unbewussten Seinsgrund mit seinen unbewussten Tendenzen mit ein.

Muss man nicht ein ganzes Leben an seinem Traum arbeiten? Was ist, wenn es jahrelang nicht in die gewünschte Richtung geht?
Haid: Ja, es ist eine Lebensaufgabe, und auch wenn es jahrelang aus irgendwelchen Gründen nicht möglich war, so kann man spät aber doch noch etwas ganz Neues beginnen oder versuchen, annähernd in die richtige Richtung zu gehen. Denn das ganzheitliche Leben im Untergrund ist immer hoffnungsvoll und ist eine unerschöpfliche Quelle mit Ideen, die sich z.B. im Nachttraum äußern, wenn im Tagesbewusstsein einem nichts einfällt. Man muss dem nur vertrauen und „ge-horch-en“. Vielleicht wird man kein Opernsänger mehr, aber man kann auch in der Pension Gesangsunterricht nehmen und zu einem Chor gehen.

Beim Alter denken viele an Krankheit und körperliche Gebrechen. Was kann helfen, diese Erfahrungen in das Leben zu integrieren?
Haid: Es ist wichtig, den Schmerz und die Trauer zuzulassen und nicht zu verdrängen, aber trotzdem seine Interessen und Kontakte so gut es geht weiterhin zu pflegen und sich Ziele zu setzen, die man verwirklichen möchte. Das können auch ganz kleine und bescheidene Ziele sein. Es hilft auch zu wissen, dass es ein inneres Wachstum gibt und dass das Leid, welches man nicht ändern kann, eine Möglichkeit für dieses Wachstum sein kann. Es ist sehr ausschlaggebend, welche innere Haltung man hier gegenüber dem Leiden hat und welcher Segen hier die Bitte und das Gebet sein können. Aber gerade auch die Traumbotschaften aus dem ganzheitlichen Daseinsgrund können hier sehr hilfreich und tröstlich sein und ein Gefühl des Getragen- und Geborgenseins vermitteln.

Wie wichtig ist es, Körper, Geist und Seele gleichermaßen zu beachten und zu fördern?
Haid: Wir sind eine Einheit aus Bewusstsein und Unbewusstem, welches Körper, Seele und Geist einschließt. Gerade der Körper fordert immer mehr sein Recht ein, und für Pflege und Fitness benötigt man zusehends mehr Zeit und Energie. Dies gelingt am besten, wenn man sich konkret vornimmt, alle Bereiche gleichermaßen zu pflegen, also Körper, Seele und Geist. Um das bewerkstelligen zu können, muss man wahrscheinlich auch so manches streichen, und auch hierfür benötigt es wiederum genügend Zeit und Ruhe für Besinnung, sodass ich weiß, was jetzt für mich und meine ganzheitliche Entwicklung notwendig ist, was mich und das ganzheitliche Leben in und um mich nährt und fördert. Auch die Schulung des Willens spielt hier eine gewisse Rolle, denn um für die Ausgewogenheit von Körper, Seele und Geist zu sorgen, muss ich es auch tatsächlich wollen, und dazu braucht es auch Disziplin.

Welche Rolle spielt der Tod und wie findet man zu einem versöhnten Umgang mit der Sterblichkeit?
Haid: Die Tatsache des Todes ist der weiseste Ratgeber. Gerade weil unser Leben begrenzt ist und wir nicht wissen, wann es zu Ende ist, mobilisiert es in uns die Motivation, möglichst in der Gegenwart zu leben und zu versuchen, all das noch zu leben, was uns besonders wichtig und vielleicht noch ausständig ist. Wenn wir unsere winzige Lebensspanne und Individualität in Zeit und Raum in Beziehung zur ganzen Menschheitsgeschichte, zur Entwicklung aller Lebewesen hier auf der Erde und zum ganzen Kosmos sehen, dann kann man annähernd das Wunder der eigenen Existenz erahnen und sich eingebettet wissen in dieses große Ganze, als ein Teil davon, ein Übergang für evolutionäre Weiterentwicklung, und dann spürt man vielleicht auch, dass man ganz unbedingt das Seinige, welches „nur ich“ mit meinen Begabungen, Anlagen und Schwächen in die Welt bringen kann, ausdrücken und beitragen will.

Zum Buch

Das neue Buch „Altern, ein profitables Abenteuer mit Pfiff und Esprit“ ist ein buntes Kaleidoskop von Erkenntnissen und Erfahrungen, die Margrit Eleonore Haid über Jahrzente zusammengetragen hat. Die in Innsbruck lebende Psychotherapeutin stellt damit allen Menschen, die an der Verwirklichung ihres Lebenstraums arbeiten, ein erhellendes Buch zur Seite.

Margrit Eleonore Haid: Altern, ein profitables Abenteuer mit Pfiff und Esprit. Die Hoffnung auf Erfüllung des LEBENS-Traums.
292 Seiten, € 24,90. Auch als e-Book um € 16,99. Verlag epubli Berlin.

Homepage: https://www.mehaid.eu

Autor:

Walter Hölbling aus Tirol | TIROLER Sonntag

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