Die wöchentliche Kolumne von Prof. Józef Niewiadomski - Nr. 10/2020
Schlusspunkt
Er war eh schon einer der letzten Gläubigen, die regelmäßig zur Beichte gingen. SeineBekenntnisse glichen wohl der Schallplatte
mit einem Sprung. Immer wieder dieselbe Leier. Neben vielen Banalitäten klagte sich der Mann auch immer und immer wieder einer ernsteren Angelegenheit an. Dem Pfarrer ging er mächtig auf die Nerven. Irgend-
wann war die Geduld des Pfarrers am Ende. So drohte er dem armen Mann, er spräche wegen dieser Sache zum allerletzen Mal mit ihm: „Merke dir, das muss ein Ende haben. Du musst dich ändern. Dieses Beichten hat ja sonst keinen Sinn. Es gibt bei dir keinen Fortschritt.” Der Mann entfernte sich, kam aber einen Monat später wieder zu Beichte. Und beichtete wiederum dasselbe. „Ich habe dich doch gewarnt”, warf zornig der Pfarrer ein. „Ich werde dir heute die Lossprechung verweigern. Nur so wirst du wohl lernen.” Gedemütigt und beschämt erhob sich der Mann von den Knien und warf einen Blick zu dem großen Kruzifix, das direkt über dem Beichtstuhl hing. Und er traute seinen Augen nicht. Der am Kreuz hängende Jesus wurde lebendig. Er erhob seinen Arm, machte ein Kreuzzeichen und sprach: „Ich spreche Dich los von all deinen Sünden. Geh in Frieden!” Dankbar warf der Mann dem Gekreuzigten ein Lächeln zu.
Autor:TIROLER Sonntag Redaktion aus Tirol | TIROLER Sonntag |
Kommentare