Studiendekan Prof. Nikolaus Wandinger über die Vielfalt des Theologiestudiums
Wozu Theologie studieren?
Als Studiendekan der Theologischen Fakultät sind Sie hauptverantwortlich für das Funktionieren des Lehrbetriebs. Um mit einer aktuellen Frage zu beginnen: Konnte man in den vergangenen Wochen überhaupt an der Theologischen Fakultät studieren oder musste der Unterricht wegen der Corona-Krise eingestellt werden?
Prof. Nikolaus Wandinger: Die Fakultät hat im März sehr rasch auf die geänderten Bedingungen reagiert und den Lehrbetrieb auf digitale Formate umgestellt, sodass die Studierenden während der Quarantäne von zuhause aus am Unterricht teilnehmen konnten. Was dabei natürlich verloren geht, sind die Gespräche zwischen den Vorlesungen. Auch die Qualität der Diskussionen ist online eine ganz andere. Zum Teil haben die geänderten Bedingungen aber auch dazu beigetragen, dass neue Formate entstanden sind, zum Beispiel die Online-Predigten unserer Studierenden, die im Rahmen einer Homiletik-Lehrveranstaltung daheim ihre Predigten gefilmt und dann auf Facebook geteilt haben.
Sie sind gebürtiger Bayer, aber trotzdem als Professor an der Theologischen Fakultät in Innsbruck tätig. Wie kam es dazu?
Wandinger: Mir ist das Theologiestudium in Innsbruck von einem Kaplan empfohlen worden. Ich bin also zum Studium nach Tirol gekommen und dann hier geblieben. Ich bin aber nicht der einzige, dem es so gegangen ist. Die Theologische Fakultät hat eine sehr internationale Studentenschaft. Neben dem engeren Einzugsgebiet Tirol, Südtirol, Vorarlberg kommen die Studierenden aus ganz Österreich, Deutschland, der Schweiz und im Rahmen der von den Studienhäusern vergebenen Doktoratsstipendien eigentlich aus der ganzen Welt.
Mit welchen Arbeiten ist die Funktion eines Studiendekans verbunden. Und welche Eindrücke gewinnen Sie?
Wandinger: Besonders spannend empfinde ich meine Tätigkeit als Vorsitzender bei den Abschlussprüfungen, wo die Studierenden ihre Arbeiten vorstellen – sei es eine Masterarbeit, eine Diplomarbeit oder gar eine Doktorarbeit. Weil ich bei all diesen Prüfungen den Vorsitz führe, bekomme ich einen guten Eindruck, was bei uns in den verschiedenen Gebieten der Theologie und Philosophie gemacht wird, was für Themen die jungen Leute bearbeiten und natürlich auch, welche Fähigkeiten sie im Lauf des Studiums erworben haben. Insgesamt entsteht dabei der Eindruck von einem sehr vielfältigen Studium und das ist für mich jedes Mal wieder eine schöne Erfahrung.
Die geplante Einführung des Ethikunterrichts hat viele verunsichert. Hat es überhaupt noch Sinn, sich als Religionslehrer oder -lehrerin ausbilden zu lassen?
Wandinger: Das hat auf jeden Fall Sinn. ReligionslehrerInnen sind in vielen Gegenden Österreichs, insbesondere auch in Tirol und Vorarlberg Mangelware. Es ist auch nicht geplant, den Religionsunterricht zugunsten eines Ethikunterrichts aufzugeben. Sondern es ist vorgesehen, dass diejenigen, die nicht am Religionsunterricht teilnehmen – weil sie sich abgemeldet haben oder weil sie keiner Religionsgemeinschaft angehören –, einen verpflichtenden Ethikunterricht erhalten. Alle anderen werden weiterhin Religionsunterricht haben und für die braucht es natürlich gute LehrerInnen.
Abgesehen vom Berufswunsch Religionslehrer oder -lehrerin: Welche anderen Studienangebote gibt es?Wandinger: Wir haben eine ganze Reihe von attraktiven Studiengängen. Was manche vielleicht überraschen wird: Bei uns kann man auch einen Bachelor-, Master oder gar ein Doktorat in Philosophie erwerben. Für all jene, die Priester werden oder in der Seelsorge arbeiten wollen, ist die Katholische Fachtheologie der richtige Studiengang. Hier erhalten die Studierenden eine fundierte theologische Ausbildung, mit der sie entweder in den Pfarren arbeiten können oder in der kategorialen Seelsorge wie etwa der Krankenhausseelsorge.
Wer das Lehramtsstudium Katholische Religion wählt, muss mit einem zweiten Schulfach kombinieren. Oder aber man studiert Katholische Religionspädagogik. In dem Fall hat man nur Religion und kein anderes Fach, kann aber nicht nur an den AHS und BHS, sondern an allen Schultypen – also zum Beispiel auch an der Volksschule – unterrichten.
Und wenn ich nicht Lehrer werden will?
Wandinger: Das Studium bildet zusätzlich für die Erwachsenenbildung und die Seelsorge aus, d.h. die Studierenden werden für eine große Bandbreite an Berufen vorbereitet. In beiden Fällen schließt man das Studium mit einem auf den Bachelor aufbauenden Master ab, wobei die Studienzeit bei der Katholischen Religionspädagogik fünf Jahre beträgt, beim Lehramtsstudium Katholische Religion sechs Jahre. Anschließend können natürlich auch Doktorate erworben werden. Das ist eine Option, die viele neben dem Beruf noch realisieren.
Interview: Claudia Paganini
Autor:TIROLER Sonntag Redaktion aus Tirol | TIROLER Sonntag |
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