Die Karwoche in Zeiten von Corona
Stanzertal: Ratschen am Balkon
In diesem Jahr ist im Stanzertal durch die Corona-Pandemie vieles anders – auch in kirchlichen Belangen. Daher startete der Initiator der Ratschen-Initiative, Edmund Alber, einen Aufruf, alle „Ratschenkinder“ mögen am Karfreitag und am Karsamstag vom Balkon aus zeitgleich ihre hölzernen Instrumente schwingen. Hinter der Initiative steht die „Soziale Vision Stanzertal“, ein gemeinnütziger Verein, der Generationen verbindet und das Miteinander der dort lebenden Menschen fördert.
„Das ganze Stanzertal soll klappern“, wünscht sich „Ratschenedi“, wie Edmund Alber liebevoll genannt wird. Er hat die Ratschentradition im Stanzertal wiederbelebt. Wie diese alte Tradition des Ratschens trotz der behördlichen Beschränkungen stattfinden kann? Auch darüber hat er sich Gedanken gemacht.
Ursprung der Tradition. Seit vielen Jahren schon wird im Tiroler Stanzertal wieder fest geratscht. Die Wiederbelebung des Brauchs hat mit einer Begegnung Edmund Albers vor vielen Jahren in Salzburg zu tun. Er traf dort ein kleines, vier Jahre altes Mädchen, dem noch die Kraft für die Bedienung einer hölzernen Ratsche fehlte. Die Begegnung ging Edmund Alber so zu Herzen, dass er diese alte Tradition auch in seiner Heimat wieder einführen wollte. Und die Geschichte geht weiter, wie der St. Antoner Ideengeber erklärt: „Irgendwann ist es dem kleinen Mädchen gelungen, einen Ton herauszubringen – das Strahlen in ihrem Gesicht werde ich nie vergessen“, erinnert sich Edmund Alber. Bereits 2008 begann er in Kooperation mit Bildungseinrichtungen und Klienten der Lebenshilfe Landeck Ratschen zu bauen.
1.800 hölzerne Instrumente. Seit 2008 sind mehr als 1.800 hölzerne Instrumente entstanden. Auch ist das Karfreitagsratschen zwischenzeitlich zum immateriellen Kulturerbe der UNESCO ernannt geworden. Normalerweise ziehen Kinder in Gruppen am Karfreitag und Karsamstag durch die Gemeinden des Stanzertales. Mit ihren kreativ geschmückten und selbst gebastelten Ratschen tun sie das seit mehr als zehn Jahren. Sie schwingen dabei ihre hölzernen Instrumente und sammeln Spenden für den guten Zweck.
Heuer ist dies anders: Aufgrund der Corona-Pandemie sind auch die Ratschenumzüge abgesagt, Edmund Alber ruft aber auf, der Idee zu folgen, die in ähnlicher Weise auch in Salzburg praktiziert wird: „Alle Ratschenkinder aus St. Christoph, St. Anton und St. Jakob am Arlberg sowie der Volksschulen Schnann, Flirsch und Strengen sowie die Gastratschengruppe aus Tobadill sind aufgerufen, am Karfreitag um 12 und 15 Uhr sowie am Karsamstag um 12 Uhr von ihrem Balkon bzw. Garten aus, zu ratschen – das ganze Tal soll klappern“, wünscht sich Edmund Alber, der ergänzt: „Jedes Kind wird dadurch zu einem Teil des immateriellen Unesco-Kulturerbes.“
Gelebtes Miteinander. Im Vordergrund steht für Ideengeber Edmund Alber immer die „gemeinsame Sache“: „Gemeinschaft wird auch so gelebt“, ist Edmund Alber überzeugt. Eine eigene Ratsche besitzt übrigens nicht nur jedes Stanzertaler Kind, auch jeder Verein in St. Anton am Arlberg – der sogenannte Ratschenbaum ist im örtlichen Gemeindeamt aufgestellt.
Edmund Alber geht es mit seiner Initiative auch darum, aufmerksam zu machen: „Wir möchten aufrütteln, zeigen, dass wir leben.“ Dabei ist es Alber sehr wichtig, Kinder und Jugendliche zu sensibilisieren und wieder stärker an die Kirche heranzuführen.
Der gute Zweck. Ein überaus wichtiger Aspekt der Ratschen-Initiative ist der soziale: Die Einnahmen der Ratschen-Umzüge kommen dem guten Zweck, dem Verein SoViSta, zugute – erwähnenswert dabei ist, dass die Bruderschaft St. Christoph die gesammelten Spenden verdoppelt. Rund 30.000 Euro sind im Laufe eines Jahrzehntes an Spendeneinnahmen zusammen gekommen.
Autorin: Elisabeth Zangerl
Autor:TIROLER Sonntag Redaktion aus Tirol | TIROLER Sonntag |
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