Kraft fürs Leben
Was mich trägt...
Was trägt mich in schwerer Zeit? Was gibt mir Kraft und Zuversicht? Worauf gründet sich meine Hoffnung? Der Tiroler Sonntag hat bei Sr. Notburga Maringele vom Orden der Tertiarschwestern und Benedikt Zecha, Geschäftsführer vom Verein Emmaus, nachgefragt.
Beten heißt den Horizont öffnen: Sr. Notburga Maringele, Tertiarschwester in Hall
Glaubende leben nicht unter einer Käseglocke. Sie sind dem Leben ausgesetzt, wie andere auch. Aber die Perspektive ist anders: die Welt, die Katastrophen, jeder einzelne Mensch, jede Träne sind eingebettet in etwas Größeres, in Gott – und seine Zuwendung ist unwiderruflich. Beten bedeutet für mich nicht, Gott auf unsere Not aufmerksam zu machen. Er weiß um sie und trägt sie mit, aber es bedeutet, mich und alle Menschen in dieses Größere hineinzubetten. Unter allem gibt es eine große, unendlich zärtliche Hand, aus der niemand fällt. Was das Gebet bringt? Gelassenheit und Mut, trotz aller Unsicherheit.
Konkrete Tipps?
Wiederholungsgebete, in die man sich bergen kann. Der Rosenkranz oder ganz kurze Gebete,zum Beispiel beim Einatmen: „die ganze Welt“ – beim
Ausatmen „in deiner Liebe geborgen“ oder Ähnliches. Und natürlich eignen sich viele Psalmen: 23, 27, 91, 71. Wir Ordensschwestern fühlen uns verpflichtet, stellvertretend zu beten: für alle, denen es viel schlechter geht als uns. Unsere Schwestern in Bolivien berichten von vielen Familien, die durch die Ausgangsbeschränkungen keinerlei Verdienst mehr haben und hungern. Die Schwestern verteilen Nahrungsmittel und Medikamente, um die größte Not zu lindern. Beten heißt einerseits, den Horizont für sie öffnen und sie in unser Herz lassen und andererseits aber auch zu helfen, wo wir können.
Für unsere Ordensgemeinschaft?
Wir rücken als Gemeinschaft zusammen, auch wenn wir räumlich Abstand halten. In unserem Haus ist ein Pflegeheim für 60 pflegebedürftigen Menschen und viele alte Schwestern. Für sie tragen wir Verantwortung und das beeinflusst alle unsere Entscheidungen.Ostern wurde heuer weltweit ohne öffentliche Gottesdienste gefeiert, aber es geht ja nicht um äußere Formen, sondern um das Geschenk, das uns Gott in seinem solidarischen Handeln macht.
In seiner Auferstehung verheißt uns Jesus sozusagen ein Happy End für die ganze Weltgeschichte.
Reich Gottes in seinen Höhen und Tiefen: Benedikt Zecha, Leiter der Emmausgemeinschaft in Innsbruck
Ich formuliere es mal eher einfach: Gott trägt mich. Seit über 20 Jahren darf ich die Emmausgemeinschaft in Innsbruck leiten und mit unserer Gemeinschaft wachsen und reifen. In all den Jahren habe ich immer wieder die Erfahrung gemacht, dass Gott nicht nur mich, sondern unsere Gemeinschaft trägt.
Sie zeichnet sich aus durch aufrichtige Beziehungen, Dankbarkeit, Unbeholfenheit, Zerbrechlichkeit,
Humor, Verletzungen, Gastfreundschaft, für einander Dasein, Solidarität, Verzweiflung, Spiritualität,
Vertrauen, Hilflosigkeit, Entschlossenheit, Respekt,
Verpflichtung, Sinn, … kurz: Menschlichkeit.
So verstehe ich Reich Gottes in all seinen Höhen und Tiefen.
Gott gibt mir Kraft und Zuversicht.
Gott ist meine Höhere Macht und gleichzeitig
in meinem tiefsten Inneren, die Lebensenergie des
Universums und meiner selbst, die Kraft der
Verbundenheit alles mit allem, ein Gegenüber in schweren Zeiten.
Was mich außerdem trägt und immer wieder
durchhalten lässt, ist meine Aufgabe innerhalb des
Vereins, die Verpflichtung den Menschen gegenüber, die mir vertrauen. Die meisten von ihnen sind auf dem Weg der Genesung, auf dem Weg der Reifung sind wir alle. Es geht darum, Abhängigkeiten von
Suchtmitteln gegen Beziehungen zu tauschen.
Misstrauen aufzugeben, sich selbst und anderen eine Chance zu geben.
„Tausche Alkohol und Drogen gegen Solidarität und Vertrauen“. Eine Gemeinschaft ist entstanden, die trägt.
Meine Familie. Sich auf das Heimkommen freuen nach einem anstrengenden Tag. Die Welt mit anderen Augen sehen. Lieben und geliebt werden. Das alles trägt mich vor Corona, während und noch lange danach.
Autor:TIROLER Sonntag Redaktion aus Tirol | TIROLER Sonntag |
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