Der Südtiroler Priester und Publizist Josef Innerhofer schreibt einen Brief an den hl. Josef
Hört, hört!

Foto: Hans Dambruch

Heiliger Josef, lieber Namenskollege! Beinahe neun Jahrzehnte schon hab ich die Ehre, Deinen Namen zu tragen. In meiner Jugend war ich besonders stolz darauf, da Du meiner Ansicht nach alle anderen Heiligen überragst und gleich nach Maria Deinen Platz im Himmel einnimmst. Klar, kein anderer Heiliger kann sich mit Dir messen. Dein Festtag wurde bei uns daheim besonders feierlich begangen, zumal auch mein Vater diesen Namen trug. Leider hat man Deinen einst gebotenen Feiertag in Italien – und somit auch bei uns – zu einem Werktag abgestuft.

Vergebens mein Bemühen im diözesanen Priesterrat, für Südtirol den Festtag zu retten. Ausgerechnet die Pfarrer waren dagegen. Sie scheuten wohl eine zusätzliche Predigt. So dürfte auch das unentwegte Bemühen eines Josefverehrers in Bozen, den Festtag wieder staatlich einzuführen, wenig Aussicht auf Erfolg haben.Ich nehme an, dass Dich das ziemlich gleichgültig lässt. Du bist es ja gewohnt, auf die Seite geschoben zu werden. Auf den weihnachtlichen Darstellungen spielst Du meist auch nur eine Nebenrolle, stehst meist im Hintergrund und darfst bestenfalls die Laterne tragen. Auch in der Bibel steht kein einziges Wort von Dir, was manche Prediger dazu verleitet, Dich zu einem großen Schweiger zu deklarieren.

Meiner Ansicht eine schwache Begründung für Dein Schweigen. Denn diese Deine Zurückhaltung hat es in sich. Du gibst ein Beispiel, das gerade heute aktuell ist. In unserer Gesellschaft, wo nur die ersten Plätze zählen, und die sie einnehmen dann große Worte von sich geben, scheint es mir wichtig, darauf hinzuweisen, dass es im Leben nicht auf die ersten Plätze ankommt, sondern wie man seinen Dienst verrichtet, auch wenn man in der 10. oder 20. Reihe zu stehen kommt. Für mich bist Du gerade deshalb ein wichtiger und zeitgemäßer Heiliger.
Deine Bescheidenheit kann ein wichtiges Signal für unseren Lebensstil sein. Nicht Superleistungen sind für ein gelingendes Leben entscheidend, sondern der treue und selbstlose Dienst am Nächsten. Wer sein Leben nach diesem Maßstab ausrichtet, der braucht keine krummen Schachzüge zu tätigen, um beachtet zu werden.

Dein Lebensschicksal teilst Du mit vielen unserer Zeitgenossen. Um das Leben Deines Ziehsohnes zu retten, musstest Du die Heimat verlassen und in der Fremde eine neue Existenz aufbauen. Wie die meisten der Zuwanderer heute bist Du dort ein Fremder geblieben. So kamst Du wieder in Deine alte Heimat zurück, als sich die Möglichkeit dazu bot. Aber auch dort hast Du keine großen Leistungen vollbracht, sondern bist ein bescheidener Handwerker geblieben. Für die biblischen Schriftsteller kein Anlass, über Dich auch nur ein Wort zu verlieren.

Eines aber hat sie doch beeindruckt, nämlich wie Du zur Rolle des Ziehvaters Jesu gekommen bist. Da legtest Du tiefe Gläubigkeit und Charaktergröße an den Tag. Andere hätten wahrscheinlich Maria den Rücken gekehrt, als sie bemerkten, dass sie ohne Dein Zutun schwanger geworden war und sie einfach ihrem Schicksal überlassen. Da man Dich bei diesem Plan zunächst gar nicht einbezogen hatte, hättest Du die beleidigte Leberwurst spielen können, nach dem Motto: ich bin nicht einbezogen worden, nun schaut selber, wie ihr da herauskommt. Nein, diese Einstellung passt nicht zu Dir. Du sahst Dich als Werkzeug Gottes und machtest das Beste aus dieser Situation, das dann auch das Beste für uns alle wurde. So bist Du für uns ein Vorbild, wie wir uns in oft unerklärlichen Situationen benehmen sollten. Wissend, dass Gottes Wege oft schwer durchschaubar, aber dennoch zu unserem Wohle sind.

Heiliger Josef, verehrter und geliebter Namenspatron, lass uns teilhaben an Deinem starken Glauben und Deiner tiefen Demut, stets bereit Gottes Willen zu erkennen und zu befolgen.«

Autor:

TIROLER Sonntag Redaktion aus Tirol | TIROLER Sonntag

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