Erinnerung an Alois Kothgasser
Herzlich, geistreich, humorvoll

Bischof Alois Kothgasser kurz nach seiner Weihe zum Bischof der Diözese Innsbruck. | Foto: Diözese Innsbruck
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Bleibende Spuren hat Bischof Alois Kothgasser auch im Tiroler Sonntag hinterlassen: An einem gemütlichen Wirtshaus-Abend erfand er das Engele und das Bengele. Ein Beitrag von Chefredakteur Gilbert Rosenkranz.

Mit Alois Kothgasser ist ein tiefgläubiger Bischof gestorben, der sein Herz am rechten Fleck hatte. Nach Ende seiner Amtszeit als Erzbischof von Salzburg kehrte Alois Kothgasser dorthin zurück, wo er als Bischof begonnen hatte – nach Tirol. Bei den Don-Bosco-Schwestern in Baumkirchen fand er ein geistliches Zuhause, in dem er sich rundum wohl fühlte. Dazu kam, dass die Chemie stimmte zwischen dem gebürtigen Steirer und den Tiroler:innen.

Kleine Zeichen

Alois Kothgasser hatte einen Zug zu einfachen Leuten. Bei ihnen hat er sich zu Hause gefühlt – wohl geprägt durch seine Erfahrungen in der frühen Kindheit. Prägend war diese Zeit auch für seinen Glauben: „In der Sorge füreinander wie für uns Kinder, aber vor allem durch ihr tägliches Glaubenszeugnis, das nicht übertrieben oder außergewöhnlich, sondern gesund in seiner bodenständigen Frömmigkeit war, gaben meine Eltern mir ein lebenslanges Beispiel“, sagte er einmal. Dieser Zug zu den Leuten wurde spürbar, indem er auch als Bischof sog. Aushilfen in den Pfarren übernahm. Ein Sonntag da, ein Sonntag dort. Auch Kurz-Urlaube verbrachte Kothgasser gerne in Pfarrhäusern – etwa in Matrei am Brenner bei Dekan Karl Singer. Was die Pfarren und ihre Seelsorger:innen als Zeichen der Wertschätzung erlebten. Und weshalb sie den neuen Bischof schon bald als einen der Ihren erlebten. Wertschätzung ist ein Schlüsselwort für die Amtszeit von Bischof Alois Kothgasser – im Kleinen wie im Großen. Auch die diözesanen Hausmeister erlebten das. Großzügig waren sie ihm bei der Übersiedlung unzähliger Kisten von Innsbruck nach Salzburg zur Hand gegangen. Etliche Wochen später – Kothgasser war bereits als neuer Erzbischof in Amt und Würden – lud er die Handwerker nach Maria Plain ein. Nach einem Besuch der Wallfahrtskirche gab es ein zünftiges Mittagessen im dortigen Wirtshaus.

Geistlich

Als 1998 die sterblichen Überreste des ehemals in Zams lebenden Bischofs Joseph Skvirekas nach Litauen überführt wurden, war ich Teil der kleinen Reisegesellschaft. Stark in Erinnerung ist mir, wie oft Bischof Alois Kothgasser das Gebet suchte – im Auto gleichermaßen wie in Kapellen oder im Freien. Ein Gebet ging sich immer aus. Und auch eine Kniebeuge. Etwa als wir Kardinal Vincentas Sladkevicius besuchten, der während der kommunistischen Diktatur schwere Verfolgung litt. Am Ende des Besuchs ging er vor dem betagten Mann auf die Knie und bat um seinen Segen. Geistlich zu leben war für Bischof Alois keine Beschäftigung neben anderen. Und schon gar kein „Geschäft“. Gottesdienste feierte er mit großer Innigkeit. Dabei hatte er ein feines Gespür für den Augenblick. Das zeigte sich etwa bei einer Visitation. Als Salesianer Don Boscos wusste sich Kothgasser besonders den Kindern und Jugendlichen verpflichtet. So forderte er am Ende einer Messe alle Kinder auf, zum Altar zu kommen. Die Überraschung war groß, als er sie bat, gemeinsam mit ihm die Gemeinde zu segnen.

Besuch bei Otto Neururer

Der Anfang für Bischof Alois in Innsbruck war nicht leicht. Die Fußstapfen seines Vorgängers waren groß – so groß, dass er bei Besuchen immer wieder als Bischof Stecher vorgestellt wurde. Kothgasser nahm das mit Humor. Er sprach mit größter Wertschätzung von seinem Vorgänger. Ob das nicht auch mit einer auf den ersten Blick hin nicht sichtbaren geistlichen Nähe zu tun hat? Bischof Reinhold erzählte oft, dass er zum Seligen Otto Neururer wallfahren gehe, um für einen guten Nachfolger zu beten. Als Kothgasser zu einem ersten Kennenlernen in das Bischofshaus am Domplatz kam, starteten die beiden nach einem kurzen Austausch sofort zu einem Besuch der Wallfahrtskirche Götzens.

Weitreichend

Auch wenn Alois Kothgasser nur fünf Jahre Bischof von Innsbruck war, hat er in der Diözese doch deutliche und nachhaltige Spuren hinterlassen. Was mit anderen Eigenschaften Kothgassers zu tun hat, seiner Ausdauer und seiner Konsequenz. Beispielhaft genannt sei die Neugründung eines Karmelitinnen-Klosters in Innsbruck-Mühlau oder der Erhalt des Bischöflichen Gymnasiums Paulinum und des Hauses der Begegnung. Menschen zu verbinden, war das tiefste Anliegen von Alois Kothgasser. Es wirkte bei ihm nie „aufgesetzt“. Stark litt er unter innerkirchlichen Spannungen. Diese versuchte er unter Einbindung möglichst vieler auszugleichen. So ließ er für die Bestellung eines neuen Generalvikars alle Priester befragen. Diese ungebührliche, weil synodale Vorgangsweise brachte ihm einen Rüffel des Nuntius ein. Begegnung stiften und dafür Räume schaffen, war Bischof Kothgassers großes Anliegen. Das galt auch für die Ökumene. Und dafür warf er auch seine ganze Autorität in die Waagschale. So erinnerte er zur Jahrtausendwende an die Vertreibung der Protestanten im 17. Jahrhundert aus dem Defereggental. Bei gottesdienstlichen Feiern und mit Hilfe eines neuen Denkmals wollte er seinen Wahlspruch als Bischof einlösen: „Die Wahrheit in Liebe tun.“ Das Gedenken an diese Gräueltaten wollte er nutzen für neue ökumenische Begegnungen. Dafür nahm er starken Widerstand in Kauf. Denn warum sollte man uralte Geschichten wieder aufwärmen? Das Echo auf die Bitte um Vergebung war im gesamten deutschsprachigen Raum stark. So kamen Nachfahren der vertriebenen Protestanten wieder nach Osttirol.

Autor:

TIROLER Sonntag Redaktion aus Tirol | TIROLER Sonntag

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