Wort zum Ostersonntag: Abt Columban Luser
Der Sonntag – das „kleine Ostern“ jeder Woche
Wenn wir die Entwicklung anschauen, wie sich der Sonntag – der erste Tag der Woche – im Bewusstsein der jungen Kirche etabliert hat, stehen wir vor einem erstaunlichen Phänomen: Den Jüngern Jesu und den ersten, die Jesus als Messias anerkannten und zum Glauben an ihn gefunden haben, war der Sabbat als der Tag des Herrn absolut heilig. Wir wissen aus dem Alten und Neuen Testament, wie sorgsam der Sabbat gehütet wurde.
Da wagt es die junge Kirche, die vorwiegend aus dem Judentum kommt, den Sabbat hinter sich zu lassen und den Auferstehungstag – den ersten Tag der Woche – zum Tag des Herrn zu erklären, an dem man sich versammelt, um das Wort Gottes zu hören und das Brot zu brechen, wo der Auferstandene gefeiert wird.
„Ohne den Sonntag können wir nicht leben!“
Der Sonntag ist für uns Christen der Tag, an dem wir uns um den Auferstandenen versammeln, wo wir die Eucharistie feiern, wo wir uns gegenseitig im Glauben bestärken, wo
wir Orientierung aus dem Wort der Heiligen Schrift erfahren und immer wieder neu ausgerichtet werden auf Zukunft hin, auf das ewige Leben, das Gott selbst ist. Der Sonntag ist für uns Christen der Tag, an dem sich unser christlicher Glaube verdichtet. Der Sonntag gehört unverzichtbar zur Identität unserer christlichen Existenz.
Es verwundert uns daher nicht, wenn uns von frühchristlichen Märtyrern berichtet wird, die bei einem verbotenen Sonntagsgottesdienst erwischt wurden, dass sie beim Verhör zu Protokoll gegeben haben: „Sine dominico non possumus!“ – „Ohne den Sonntag können wir nicht leben!“ Das zentrale Ereignis an jedem Sonntag bleibt für uns Christen die Eucharistiefeier, wo wir den Auferstandenen in unserer Mitte glauben und uns IHM in der Eucharistie verbinden dürfen. In der Eucharistie schenkt sich uns der Auferstandene in seinem verklärten Leib. ER gibt uns kein Fleisch im biologischen Sinn zu essen, sondern ER gibt sich selbst: ER tritt in mein Leben ein; ER berührt mich – ganz tief innen drinnen, wo meine Sehnsucht nach Leben da ist.
Österliche Verwandlung
In jedem Empfang der Eucharistie geschieht österliche Verwandlung. Der Auferstandene durchdringt mit seiner Präsenz meine ganze Existenz – da geschieht Performation! Das ist ein wichtiger Moment: Denn in dieser eucharistischen Begegnung mit dem Auferstandenen stehe ich schon mit der neuen Welt in Kontakt – mit dem neuen Leben. Im Empfang der Eucharistie strecke ich mich aus nach einer neuen Dimension des Lebens, die Jesus in das Wort bringt: „Wer mich isst, wird durch mich leben!“ (Joh 6)
Meine ganze Existenz ist geschaffen und darauf angelegt, auf dieses neue Leben unterwegs zu sein, dass der auferstandene Christus für die ganze Schöpfung eröffnet und ermöglicht hat.
Keine Sonntagsmüdigkeit: Akkus aufladen!
Vor diesem Hintergrund können wir noch einmal besser die Aussage der frühchristlichen Märtyrer verstehen: „Sine dominico non possumus!“ Für diese Märtyrer ging es nicht um die Wahl zwischen Kirchengebot oder drohendem Todesurteil, sondern um die Wahl zwischen dem lebenstragenden Sinn oder einem sinnlosen Leben.
In moderner Sprache bringt diese Sehnsucht nach der Eucharistie eine junge Christin auf den Punkt: „Ich gehe am Sonntag in die Kirche und nehme an der Eucharistiefeier teil, weil ich darin meine Akkus für eine ganze Woche auflade! Mein Fokus richtet sich nach innen, meine Ohren und Sinne öffnen sich nach außen, ich lasse los, tanke auf, berühre Unendlichkeit, tauche ins Leben ein, Friede in mir.“ Entgegen aller sonst so oft anzutreffender Sonntagsmüdigkeit ist das ein ermutigendes und erfrischendes Zeugnis.
Der Sonntag – das „kleine Ostern“
Der Sonntag – das kleine Ostern jeder Woche – ist der Tag der Performation, der Tag, an dem uns der Auferstandene durch und durch durchdringen will und unser Leben völlig neu ausrichtet: auf die neue Welt – auf die Communio, auf das Leben mit dem drei-einen Gott!
Autor:Kirche bunt Redaktion aus Niederösterreich | Kirche bunt |
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