32. Sonntag: P. Benjamin Schweighofer
Bin ich bereit, alles loszulassen, um im Sinne des Evangeliums alles zu erwarten?
Wir dürfen dankbar sein, dass wir in einem Land leben dürfen, in dem es seit fast 80 Jahren keinen Krieg gibt. Der Wohlstand, der seit den Nachkriegsjahren angewachsen ist, hat nicht immer nur Gutes gebracht. Das Spannungsfeld zwischen denen, die viel haben, und denen, die oft nur das Notwendigste haben, ist immer mehr auseinander gegangen.
In der Lesung aus dem ersten Buch der Könige haben wir die berührende Begegnung des Propheten Elija mit der Witwe aus Sarépta gehört. Fast im gleichen Augenblick, als Elija sie um Wasser und ein Stück Brot bittet und sie in ihrer äußersten Not ihm sagt, dass sie fast nichts mehr hat, empfängt sie auch die wunderbare Verheißung: Wenn sie das letzte, was sie noch hat, gibt, dann wird der Mehltopf nicht leer werden und der Ölkrug nicht versiegen. „Sie ging und tat, was Elija gesagt hatte“ – mit einem großen Vertrauen auf dieses Wort hin, das ihr neue Hoffnung auf Über-Leben gibt.
Gott – Anwalt der armen Witwen
Ebenso wird im Evangelium von einer Witwe berichtet, die alles gab. Die Witwe aus Sarépta und diese Witwe im Evangelium sind wirklich arm. Witwen standen mit den Waisen und Fremdlingen am Rand der Gesellschaft. Deshalb macht Gott sich zu ihrem Anwalt. Damals gab es keine Witwenpension, keine Pensions- oder Lebensversicherung und keine Sozialhilfe. So waren sie oft am Existenzminimum und mussten irgendwie schauen, wie sie überleben konnten.
Die Goldstücke der Reichen im Tempel hatten die Jünger ja gesehen, aber die zwei kleinen Münzen der Frau, sagt Jesus, das war noch mehr. Natürlich zählt Jesus wie wir, aber er zählt auch wieder nicht so wie wir; denn er zählt nicht nur, was er sieht. Er zählt etwas mit, was man leicht übersieht, nämlich die innere Einstellung, die Gesinnung des Herzens. Und wenn man die dazuzählt, wird aus wenig enorm viel, wird Kleines ganz groß und Geringes unendlich kostbar: Nicht an der Börse hoch dotiert – aber bei Gott.
Und das hat etwas Beruhigendes. Beruhigend ist für mich vor allem, dass ich aus dieser Sichtweise verwalte und nicht besitze. Hier wird auch deutlich, dass ich in erster Linie ein Empfangender bin und in zweiter Linie erst Gebender.
Vor Gott entscheidet nicht die Größe der Gabe, sondern mit welcher inneren Haltung ich es gebe, nicht Ab-gabe sondern Hin-gabe; nicht krampfhaftes Festhalten, bis es von selbst durch die Finger rutscht, sondern vertrauensvolle Überantwortung des Herzens, sich an Gott verschenken.„Behaltet nichts von euch für euch selber zurück, damit euch ganz aufnehme, der sich euch ganz hingibt.“
Jesus staunt über die innere Haltung dieser Witwe, darum liegt auch der Fokus Jesu bei ihr. Er entdeckt in ihr noch etwas, wenn er in die Tiefe blickt. Die arme Witwe hat alles gegeben, wie er, Jesus, selbst alles gegeben hat, aus Liebe. Jesus hat sein Leben um unserer Erlösung willen am Kreuz für die Vielen hingegeben und wenn wir die Worte des Markusevangeliums weiterlesen, dann folgen gleich nach dieser kurzen Tempelszene die Endzeitrede und seine Leidensgeschichte bis hin zur Auferstehung.
Der heilige Franziskus sagt im Zusammenhang mit der Eucharistie: „Behaltet nichts von euch für euch selber zurück, damit euch ganz aufnehme, der sich euch ganz hingibt.“
Bin ich bereit, alles loszulassen, um im Sinne des Evangeliums alles zu erwarten? Was erwarte ich von Gott? Traue ich Gott zu, dass er in meinem Leben das Unmöglichste möglich macht? Bin ich bereit, alles loszulassen, um im Sinne des Evangeliums alles zu erwarten? Was erwarte ich wirklich von Gott? Traue ich Gott zu, dass er in meinem Leben das Unmöglichste möglich macht?
Gebet des Nikolaus von der Flüe:
Mein Herr und mein Gott, nimm alles von mir, was mich hindert zu dir!
Mein Herr und mein Gott, gib alles mir,
was mich fördert zu dir!
Nimm mich mir und gib mich ganz
zu eigen dir!
Autor:Kirche bunt Redaktion aus Niederösterreich | Kirche bunt |
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